Hätten Sie das gewusst?

Die Krähen-Mauer: Warum die Vögel im Osten anders aussehen als im Westen

Die Ost-Krähen und die West-Krähen paaren sich nicht gerne miteinander: Warum Deutschland an der Vogelfront geteilt bleibt.

Author - Sharone Treskow
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Eine Nebelkrähe auf einer Mauer in Berlin. Die Krähenart gibt es in Deutschland nur östlich der Elbe.
Eine Nebelkrähe auf einer Mauer in Berlin. Die Krähenart gibt es in Deutschland nur östlich der Elbe.IMAGO/Achille Abboud

Am 9. November feiern wir den Fall der Berliner Mauer von 1989. Doch eine andere Mauer zieht sich nach wie vor durch Ost und West – wenn auch nicht sichtbar in Form eines Bauwerks, sondern anhand der Farbe der Krähen!

Die Krähen-Mauer: Warum Deutschland an der Vogelfront geteilt bleibt

Die Rabenkrähe trifft man in Deutschland nur westlich der Elbe an.
Die Rabenkrähe trifft man in Deutschland nur westlich der Elbe an.IMAGO/imageBROKER/Ronald Wittek

Während man im Rheinland fast ausschließlich schwarze Krähen sieht, prägen in Berlin die grauen Krähen das Stadtbild. Doch woran liegt das eigentlich? Für die Antwort muss man weit zurückgehen: Während der letzten Eiszeit wurden Krähenpopulationen durch mächtige Gletscher voneinander getrennt.

Eine Gruppe überlebte auf der Iberischen Halbinsel, die andere im Gebiet des heutigen Nahen Ostens. In dieser östlichen Population entwickelte sich im Laufe der Zeit eine genetische Mutation, die das Gefieder der Vögel grau färbte.

Als sich das Eis schließlich zurückzog, breiteten sich beide Krähenformen wieder nach Norden aus – und trafen in Mitteleuropa aufeinander. Seitdem verläuft quer durch Deutschland eine auffällige Trennlinie, man kann von einer unsichtbaren Krähen-Mauer sprechen: Westlich der Elbe ist vor allem die tiefschwarze Rabenkrähe zu finden, östlich davon dominiert die grau-schwarze Nebelkrähe.

So verläuft die Elbe durch Deutschland. Westlich der Elbe ist vor allem die tiefschwarze Rabenkrähe zu finden, östlich davon dominiert die grau-schwarze Nebelkrähe
So verläuft die Elbe durch Deutschland. Westlich der Elbe ist vor allem die tiefschwarze Rabenkrähe zu finden, östlich davon dominiert die grau-schwarze Nebelkrähecreativecommons/ bpb

Die Ost-Krähen und die West-Krähen mögen einander nicht

Kurios: Es gibt nur wenig Vereinigungen der Ost- und West-Krähen. Dort, wo sich die Verbreitungsgebiete der Rabenkrähen (Corvus corone) und Nebelkrähen (Corvus cornix) überschneiden – in einem schmalen Streifen entlang der Elbe – kommt es zu Mischpaarungen. Die Nachkommen sind sogenannte Hybride und zeigen ein buntes Spektrum an Gefiederzeichnungen: mal fast schwarz, mal mit grauen Flecken.

Interessanterweise sind diese Hybride zwar gesund und fruchtbar, finden aber seltener Partner. Denn die meisten Krähen bevorzugen lieber Artgenossen, die ihnen selbst farblich ähneln: Ost zu Ost und West zu West. Deshalb bleibt die Krähen-Mauer, die sich durch Deutschland zieht, wohl auch noch lange bestehen.