„Weil der Alte nicht loslassen kann“

Aus der Zeit gefallen: So sehr schadet Uli Hoeneß dem FC Bayern!

Der ehemalige Präsident der Münchner wirkt völlig von der Rolle und gefährdet damit sein Erbe beim Rekordmeister.

Author - Sebastian Schmitt
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Uli Hoeneß (72) hat den FC Bayern zu dem gemacht, was er heute ist. Doch mittlerweile bringt der Ehrenpräsidenten regelmäßig Unruhe in den Verein. 
Uli Hoeneß (72) hat den FC Bayern zu dem gemacht, was er heute ist. Doch mittlerweile bringt der Ehrenpräsidenten regelmäßig Unruhe in den Verein. Kirchner-Media/imago

Keine Frage, ohne Uli Hoeneß wäre der FC Bayern, nicht der FC Bayern und vor allem nicht dort, wo er heute steht. Doch die Dominanz des Rekordmeisters bröckelt nicht erst, seit Bayer Leverkusen in der vergangenen Saison den Bann von elf (!) Münchner Meisterschaften in Folge durchbrach. Vielmehr ist an der Säbener Straße seitdem, Hoeneß Ende 2019 die offizielle Macht beim FC Bayern abgegeben hat, vieles ins Wanken geraten. Der Grund dafür ist nicht das Fehlen des 72-Jährigen, sondern vielmehr seine ständige Einmischung in alle wichtigen Themen.

Spieler, Manager, Präsident – die Verdienste von Hoeneß für den FC Bayern und den deutschen Fußball sind immens. Doch seit geraumer Zeit erweist der bajuwarische Zampano den Münchner Machern, also seinen Nachfolgern und damit auch dem ganzen Verein, immer wieder einen Bärendienst.

Trainerstuhl beim FC Bayern ein Schleudersitz

Keiner seiner Nachfolger konnte sich von Hoeneß emanzipieren. Sowohl Christian Nerlinger als auch Hasan Salihamidžić mussten sich immer wieder von Hoeneß zurechtweisen lassen. Zuletzt enteierte Hoeneß den aktuellen Sportvorstand Max Eberl, davor musste Oliver Kahn dran glauben.

Uli Hoeneß (72) schaut nicht nur als Ehrenpräsident beim FC Bayern vorbei. Der Vereinspatron zieht vielmehr hinter den Kulissen weiter die Strippen. 
Uli Hoeneß (72) schaut nicht nur als Ehrenpräsident beim FC Bayern vorbei. Der Vereinspatron zieht vielmehr hinter den Kulissen weiter die Strippen. Lackovic/imago

Doch nicht nur Manager haben unter Hoeneß einen schweren Stand. Vor allem Trainer müssen leiden, sodass der FC Bayern in den vergangenen Jahren mehr Übungsleiter verbrauchte, als manche Vereine überhaupt in ihrer gesamten Geschichte hatten. Fakt ist: Der Trainerstuhl beim FC Bayern gleicht seit dem Abschied von Pep Guardiola 2016 einem Schleudersitz. Ganz egal, ob Carlo Ancelotti, Niko Kovač, Hansi Flick, Julian Nagelsmann oder zuletzt Thomas Tuchel – sie alle bekamen von Hoeneß ihr Fett weg.

Uli Hoeneß erinnert an einen sturen alten weißen Mann

„Viele Betriebe gehen kaputt, weil der Alte nicht loslassen kann und alles besser weiß“, sagte Hoeneß, als er sein Präsidentenamt an Herbert Hainer (70) übergab. So sei er aber nicht. „Ich greife nur ein, wenn ich sehe, dass etwas falsch läuft.“ Diesen Instinkt scheint Hoeneß, der nur noch Ehrenpräsident und einfaches Mitglied des Aufsichtsrats, also des Kontrollgremiums des Klubs, ist, allerdings in den vergangenen Jahren gehörig verloren zu haben.

Früher verteidigte er sein Lebenswerk, wenn nötig mit dem Messer zwischen den Zähnen. Dabei teilte Hoeneß mit seiner berühmten „Abteilung Attacke“ gegen jeden Kritiker des FC Bayern aus. Heute knöpft er sich dagegen immer häufiger auch Angestellte oder ehemals Angestellte vor. Seine ständigen Sprüche sorgen für viel Aufsehen und machen den FC Bayern seit geraumer Zeit wieder zum „FC Hollywood“. Dabei erinnert Hoeneß an einen sturen alten weißen Mann, der in unseren modernen Zeiten nicht mehr Schritt halten kann. Als ständiger Besserwisser erweckt der Weltmeister von 1974 den Eindruck, als könnte niemand im Verein vor ihm sicher sein – und somit auch nicht in Ruhe arbeiten

Mehr Demut würde Uli Hoeneß und dem FC Bayern guttun

Nach seiner Gefängnisstrafe wegen massiver Steuerhinterziehung trat Hoeneß eine Zeit lang mit mehr Demut auf. Mittlerweile meldet sich Hoeneß wieder zu Wort, selbst wenn ihn keiner danach gefragt hat. Dabei reißt er gefühlt wie eine außer Kontrolle geratene Abrissbirne alles ein, was ihm dabei nicht schnell genug aus dem Weg geht. Mesut Özil, Juan Bernat, Marc-André ter Stegen oder jüngst Jonathan Tah können ein Lied davon singen. Immer wieder tritt Hoeneß gegen Ex-Spieler nach oder ramponiert ganz ungeniert auch den Ruf aktueller Bayern-Spieler, sodass viele in der Branche mittlerweile staunen, was da beim FC Bayern seit geraumer Zeit los ist.

Klar ist: Hoeneß hat beim FC Bayern als Vereinspatron weiterhin das Sagen. Ein bisschen mehr Zurückhaltung, vor allem im operativen Geschäft, würde ihm und dem ganzen Verein jedoch guttun. Nur so können sich die derzeit Verantwortlichen im Klub von den Vorgängern emanzipieren. Doch der Glaube daran, dass das Uli Hoeneß gelingt, ist schwer vorstellbar. ■