Es ist eine Frage, die sich viele Menschen stellen, die gern Sozial-Dokus im TV schauen: Was unternimmt eigentlich das Jobcenter dagegen, wenn Teilnehmer solcher Sendungen die Sozialleistungen in Deutschland offenbar schamlos ausnutzen? Immer wieder werden in Shows wie „Hartz und herzlich“ und „Armes Deutschland“ Protagonisten vorgestellt, die offen damit umgehen, dass sie eigentlich nicht arbeiten wollen – und dann genauso offen darüber sprechen, dass sie sich zusätzlich zum Bürgergeld Kohle mit Schwarzarbeit verdienen. Was unternehmen die Behörden dagegen?
Sozial-Betrug bei „Hartz und herzlich“ und „Armes Deutschland“: Was tut das Jobcenter?
Eines der prominenten Beispiele ist Bürgergeldempfänger Chris (33) aus Duisburg, der schon seit längerer Zeit regelmäßig in der Sozial-Doku „Armes Deutschland“ zu sehen ist. Dort sorgte er zuletzt mit der Idee für Furore, er wolle sich Geld als Pornodarsteller verdienen. In einer Episode der Show gestand er auch, dass er zuletzt als Lagerarbeitet schuftete, sich dort mit dem Chef gut verstand. Zu Lohn und Aufstockung durch das Jobcenter gab es deshalb regelmäßig Mehrarbeit. „Aber das wurde dann schwarz bezahlt“, sagte Chris bei „Armes Deutschland“. Und auch seinen Porno-Job wollte er dem Jobcenter eigentlich nicht melden. Es sei sowieso unwahrscheinlich, dass die Mitarbeiter vom Amt seine Filme sehen. „Die müssten dafür bezahlen.“
Solche Fälle gibt es immer wieder: Die Teilnehmer von Shows wie „Armes Deutschland“ und „Hartz und herzlich“ geben ohne Scheu zu, dass sie die Sozialleistungen ausnutzen und sogar den Staat betrügen. Nur: Was unternehmen eigentlich die Behörden dagegen? Das Online-Magazin „Kukksi“ ist jetzt genau dieser Frage nachgegangen – und hat sich bei der Agentur für Arbeit erkundigt. Die überraschende Antwort: Die Mehrheit der Mitarbeiter im Jobcenter schaut solche Sendungen gar nicht. Die Formate werden also gar nicht verfolgt.

Die Behörden gehen außerdem davon aus, dass es sich bei „Hartz und herzlich“ und „Armes Deutschland“ um sogenannte Scripted-Reality-Formate handelt – dass das, was hier gezeigt wird, also nicht komplett echt ist. „Daher hängt es im Einzelfall davon ab, wie JC in diesen Fällen nachweisbare Pflichtverstöße ahnden“, so die Sprecherin weiter. Nur: Ist das wirklich so?
Wie echt sind Shows wie „Hartz und herzlich“ und „Armes Deutschland“ wirklich?
Die Einschätzung dürfte für viele Fans zumindest seltsam sein. Denn: Konstanze Beyer, Chefredakteurin von RTLZwei, betonte in einem Interview, dass beispielsweise an „Hartz und herzlich“ alles echt sei. „Es ist absolut authentisch. Wir zeigen, was ist. Nichts wird gescriptet oder inszeniert“, sagte sie. Das Format beeinflusse die Menschen und umgekehrt. Man achte aber sehr darauf, „dass ,Hartz und herzlich‘ so wahr bleibt, wie es das Publikum zu Recht erwartet“.
Haben Sozialbetrüger bei „Hartz und herzlich“ und „Armes Deutschland“ freie Bahn?
Wie echt die Ansagen sind, die Bürgergeld-Empfänger wie Chris bei „Armes Deutschland“ machen, wissen wohl nur die Teilnehmer der Sozial-Dokus selbst. Aber: Bedeutet die Einschätzung der Agentur für Arbeit also, dass Sozialbetrüger im TV freie Bahn haben? Nicht unbedingt. „Wir gehen aber davon aus, dass die JC – wenn ihnen selbst oder durch Dritte solche Sachverhalte bekannt werden – nachgehen und nachweisbare Pflichtverstöße mit Leistungsminderungen sodann geahndet werden“, sagte eine Sprecherin. „Denn die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch im SGB II hat für die BA eine hohe Priorität.“ Die Arbeitsagentur wolle auch der Verantwortung nachkommen, den Sozialstaat zu stärken und die Solidargemeinschaft zu schützen.