Er hat eine große Karriere auf dem Tennisplatz hinter sich – und ist tief gefallen: Im Jahr 2002 verurteilte das Landgericht München Deutschlands Wimbledon-Legende Boris Becker (57) wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe, 20 Jahre später schickte ihn ein Londoner Gericht wegen Insolvenzdelikten zweieinhalb Jahre in den Knast. Siebeneinhalb Monate verbüßte „Bobbele“ in britischer Haft. Und hat jetzt ein Buch darüber geschrieben! „Inside“ schildert, wie es ihm im Gefängnis erging. In einem Interview gab Boris Becker Einblicke.
Das Buch „Inside: Gewinnen - Verlieren - Neu beginnen“ erscheint am 11. September, soll Einblicke in die Zeit geben, die Boris Becker in Haft verbrachte. In einem Interview mit dem „Spiegel“ packte er aus, schilderte seinen Gemütszustand, als er die ersten Nächte im Gefängnis verbrachte. „Ich kam direkt nach der Urteilsverkündung mit einem Gefangenentransport zunächst nach HMP Wandsworth. Ich hatte Angst“, sagt Becker.
Boris Becker frisch im Gefängnis: „Das waren die schlimmsten drei Tage meines Lebens“
Am schlimmsten seien am Anfang die Geräusche gewesen. „Du weißt nicht, was passiert, du weißt nicht, was los ist. Ich kam freitagabends in meine erste Zelle. Du hörst Schreie, die ganze Nacht“, sagt er. Es habe geklungen, als würde sich in einer der Zellen nebenan jemand das Leben nehmen. „Es gibt einen Notknopf in der Zelle, den habe ich anfangs ein-, zweimal gedrückt. Es kam ein Häftling, der anderen helfen darf, so eine Art Bindeglied zwischen Anstalt und Insassen, man nennt sie Listeners. Er hat gesagt, gewöhne dich dran, irgendwann schläfst du ein.“
Boris Beckers Pech: Weil er am Wochenende ins Gefängnis kam, durfte er nur am Samstag und Sonntag jeweils für eine Stunde aus der Zelle raus, um sein Mittagessen zu holen. Montag sei ein Feiertag gewesen, sagt die Tennis-Legende. „Ich kam also erst nach drei Tagen aus der winzigen Zelle raus und konnte mich mal mit den anderen unterhalten. Das waren die schlimmsten drei Tage meines Lebens.“ Er versuchte, ruhig zu bleiben. „Ich habe geatmet. Tief durch die Nase, verlangsamt, um in die Ruhe zu kommen. Ich bin nicht wahnsinnig geworden, hab nicht angefangen zu schreien.“

Kaum Essen im Gefängnis: „Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben wirklich Hunger.“
Geschlafen habe er mit zwei Jacken, zwei T-Shirts, Socken und einem Handtuch um den Hals, weil er so fror. Die Zelle sei zweimal drei Meter groß und sehr niedrig gewesen. „Die Decke konnte ich fast greifen“, sagt er. Dafür hatte er einen Fernseher, auf dem es aber leider nur zehn Filme gab. „Viermal Rambo, viermal Rocky. Aber bevor du an die Wand starrst, guckst du dir halt „Rambo“ zum elften Mal an.“ Auch das Essen hört sich nach einer echten Zumutung an. Brei, Bohnen und Würste habe es gegeben – und zwar fast roh. „Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben wirklich Hunger.“
Boris Becker packt aus: die Zeit im Gefängnis hat ihm geholfen
Trotzdem habe ihm die Zeit in Haft auch geholfen. „Im Gefängnis bleibt die Zeit stehen. Das war enorm wichtig für mich. Ich hatte alles verloren, sogar meine Freiheit. Dadurch hatte ich genügend Zeit, mir zu überlegen, warum das passiert ist. Der Verantwortliche bin ich selber“, sagt er dem „Spiegel“. Er sei nach seiner sportlichen Karriere zu bequem geworden und in eine Komfortzone gerutscht. „Ich habe mir die Abende schöngetrunken. Ich bin auf Partys rumgestanden, auf denen ich gar nicht hätte rumstehen wollen. Circa um das Jahr 2012 herum habe ich schon realisiert, dass das so nicht weitergehen kann. Aber ich konnte den Zug nicht mehr anhalten.“