Sein Name steht für Erfolg. Tim Raue (51) ist heute einer der bekanntesten Köche des Landes, doch sein Weg an die Spitze der Sterneküche war alles andere als geradlinig. Im Restaurant „Sphere“, hoch oben auf 207 Metern im Berliner Fernsehturm, begrüßt er seine Gäste mit festem Handschlag und freundlichem Lächeln. Seit Sommer empfängt er hier Touristen, Berliner und Feinschmecker.
Das „Sphere“ ist schon kurz nach seiner Eröffnung Kult. Gerade wurde es vom Schlemmer Atlas zur „Neueröffnung des Jahres 2025“ gekürt.
Neben dem spektakulären Blick über die Hauptstadt gibt es nun ein neues Souvenir: Das Künstler-Duo COARSE, bestehend aus Mark Landwehr und Sven Waschk, hat auf Wunsch des Sternekochs drei bunte Bären geschaffen, die Besucher als Erinnerung für zuhause kaufen können.

Beim Anblick der farbenfrohen Figuren erinnert sich Raue an seine Kindheit in der Hauptstadt zurück. „Ich bin im grauen Beton Kreuzbergs groß geworden und habe auf die Sonnenstrahlen des Lebens gehofft“, erzählt er im Gespräch mit dem Berliner KURIER.
Seine Jugend war geprägt von der Straße. Raue war Mitglied der Gang „Boys 36“, einer berüchtigten Kreuzberger Straßengang der 1980er- und 1990er-Jahre, die rund um das Kottbusser Tor aktiv war. Die Gruppe war bekannt für ihre Nähe zur Hip-Hop-Szene, für harte Revierkämpfe gegen Nazis und für Graffiti. „Die Farbwelt hat mich schon früh begeistert“, erzählt Raue.
„Ich war damals schon ein großer Fan des Sprayers Nejo. Als Graffiti dann Kunst wurde und ich mein eigenes Geld verdient habe, habe ich mir lieber solche Werke gekauft und an die Wand gehängt als einen Pablo-Picasso-Druck.“
Zum Sprühen selbst fehlte dem Koch das Talent, wie er offen zugibt. „In der Küche konnte ich mir alles erarbeiten. Aber beim Sprayen war schnell klar: Das wird nichts.“
Dass Tim Raue heute als Sternekoch gefeiert wird, ist auch eine Geschichte von harter Arbeit und Neuanfang. Während viele seiner damaligen Weggefährten im Milieu hängenblieben, entschied er sich für die Küche – und arbeitete sich mit eiserner Disziplin ganz nach oben.

Mit Sorge blickt der gebürtige Berliner heute auf seine Heimatstadt, die sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat. „Berlin wurde extrem gentrifiziert. Es sind ganz viele Zugezogene aus ihren Dörfern hierhergekommen. Sie wurden zuhause wegen ihres Lebensstils, ihrer Religion oder ihrer Sexualität verschmäht. Und diese Zugezogenen glauben jetzt, dass sie in Berlin an einem freien Ort sind. Doch hier schränken sie uns jetzt mit ihrer Provinzialität ein.“
Tim Raue hat das selbst schon erlebt. Er erzählt von seinen Nachbarn, die wegen vermeintlicher Ruhestörung um 22 Uhr die Polizei riefen. „Die sind mir richtig auf den Sack gegangen“, sagt er unverblümt.

Der Koch, der mit türkischen und arabischen Freunden groß wurde, fordert ein Miteinander – ohne Einschränkungen. „Wir haben alle ein Recht, nebeneinander zu leben. Niemand soll einschränken müssen, weil andere mit Gewalt drohen und keine Konsequenzen fürchten.“

Ein anderer, der „Bite of Berlin“, hält eine Currywurst in der Hand und steht für den kulinarischen Kult der Hauptstadt.
Das dritte Tier mit dem Namen „Quiet Icon“ glänzt golden und soll die nachdenkliche Seite Berlins ausstrahlen.



