Nach der Bundestagswahl

Ohne AfD: Mit wem kann Kanzler Friedrich Merz Deutschland regieren?

Friedrich Merz steht als künftiger Kanzler fest. Doch mit wem regiert er? Mit welchen Parteien kann er das überhaupt? Eins ist klar: Mit der AfD geht er kein Bündnis ein.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Friedrich Merz (CDU) hat es in den Händen, mit wem er künftig als Kanzler regieren wird.
Friedrich Merz (CDU) hat es in den Händen, mit wem er künftig als Kanzler regieren wird.Michael Kappeler/dpa

Die Deutschen haben gewählt. Eine halbe Stunde, nach dem die Wahllokale geschlossen haben, präsentiert sich am Sonntag gegen 18.30 Uhr ein strahlender Friedrich Merz (CDU). Er triumphiert, badet im Applaus. „Die Union hat die Bundestagswahl gewonnen“, sagt der Mann im Berliner Konrad-Adenauer-Haus, der künftig der Bundeskanzler sein wird. Nur: Mit wem wird oder kann er das Land regieren? Klar ist: FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben es laut dem vorläufigen Endergebnis nicht in den Bundestag geschafft.

„Ich weiß um die Verantwortung. Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird“, sagt Merz kurz nach der Wahl. Und: Deutschland kann sich keine „langatmige Regierungsbildung“ leisten. „Die Welt da draußen wartet nicht auf uns.“

Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) reichen sich beim Kanzler-Duell die Hände. Eine Große Koalition ist möglich – allerdings wird Merz offenbar nicht mit Scholz zusammenarbeiten.
Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) reichen sich beim Kanzler-Duell die Hände. Eine Große Koalition ist möglich – allerdings wird Merz offenbar nicht mit Scholz zusammenarbeiten.Michael Kappeler/dpa

Das Wahlergebnis zeigt derzeit, dass es für Merz nicht einfach sein wird, eine Regierung zu bilden. Viele Spielräume bleiben ihm nicht. Denn mit dem Scheitern von FDP und BSW an der Fünf-Prozent-Hürde (bei der Wagenknecht-Partei war es sehr knapp) bleiben der Union nur zwei Optionen, um über die notwendige Mehrheit von über 316 Sitze im Parlament zu kommen.

Eine Möglichkeit wäre das Bündnis mit der AfD. Mit etwa 357 Sitzen hätten Union und AfD eine sichere Mehrheit im Bundestag, um zu regieren. Auch wenn Merz vor der Wahl mit den Stimmen der teilweise rechtsextremen AfD seinen Migrationsantrag im Bundestag durchpeitschte – mit den Rechten im Parlament will er nicht regieren. Das machte er und die Union bereits nach der Wahl klar.

Die andere Variante und damit die einzige denkbare Regierung ist die Große Koalition mit der SPD. Das Bündnis hätte 327 Sitze. In diesem Fall hätte eine Koalition zwischen CDU/CSU und Grünen keine Chance. 309 Sitze hätte Merz mit der Habeck-Partei – das reicht für keine Mehrheit.

Alice Weidel, Tino Chrupalla und Björn Höcke von der AfD: Zweitstärkste Kraft im neuen Bundestag, doch Merz lehnt es ab, mit ihnen zu regieren.
Alice Weidel, Tino Chrupalla und Björn Höcke von der AfD: Zweitstärkste Kraft im neuen Bundestag, doch Merz lehnt es ab, mit ihnen zu regieren.Ralph Hirschberger/AFP

Allerdings wird die Große Koalition kein Zuckerschlecken für einen künftigen Kanzler Friedrich Merz. Zu angeschlagen ist die SPD aus der Ampel-Zeit. Das zeigte sich auch bei der Wahl.

Die Sozialdemokraten legten das bisher schlechteste Wahlergebnis in ihrer bundesdeutschen Geschichte hin. Sie rutschten sogar auf Platz drei im Parteien-Gesamtergebnis. Die AfD schaffte es mit der Verdopplung ihrer Wählerschaft, nun die zweitstärkste Kraft im neuen Parlament zu sein.

Daran hätte sich auch nichts geändert, wenn es FDP und/oder BSW in den Bundestag geschafft hätten. In diesem Fall hätte Merz mehr Möglichkeiten bei der Regierungsbildung gehabt. Und: Ein Zusammengehen mit der AfD wäre  in diesem Fall schon rechnerisch so gut wie unmöglich gewesen. Diese Mehrheit im Parlament wäre hauchdünn.

Nach der Wahl: Wie die Merz-Regierung aussieht, hing eine Weile von Sahra Wagenknecht ab

Regierbar wäre aber ein Bündnis zwischen CDU/CSU, SPD und FDP. Diese Deutschland-Koalition hätte die Union gerne gehabt. Als aber klar wurde, dass die Liberalen nicht in den Bundestag kommen, dafür es die Wagenknecht-Partei schaffen könnte, waren die Grünen plötzlich mit im Regierungsspiel.

Die Partei von Sahra Wagenknecht verpasste knapp den Einzug in den Bundestag.
Die Partei von Sahra Wagenknecht verpasste knapp den Einzug in den Bundestag.Jens Büttner/dpa

Denn mit dem BSW-Einzug in den Bundestag und der damit verbundenen anderen Sitzaufteilung hätte Merz nur eine Kenia-Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grüne eingehen können.  Auch wenn Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck seine Probleme mit Merz hat – zu Gesprächen wäre die Partei aber bereit gewesen. „Wir sind immer bereit, Verantwortung zu tragen“, so Habeck.

Er machte aber auch klar, dass die CSU eine Zusammenarbeit mit den Grünen immer wieder abgelehnt habe. „Ich glaube nicht, dass Merz sich dagegen durchsetzen kann.“

FDP-Christian Lindner: Auch mit seiner Partei ist eine Regierung möglich, wenn es die Liberalen in den Bundestag schaffen. Lindner geht davon nicht aus, kündigte bereits seinen Rücktritt an, wenn die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollte.
FDP-Christian Lindner: Auch mit seiner Partei ist eine Regierung möglich, wenn es die Liberalen in den Bundestag schaffen. Lindner geht davon nicht aus, kündigte bereits seinen Rücktritt an, wenn die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollte.Bernd von Jutrczenka/dpa

In der Tat: CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt erklärte, dass man eine Zusammenarbeit mit den Grünen nicht bräuchte. Mit den Grünen sei kein Politikwechsel möglich. „Wir brauchen etwas anderes.“ Der Politikstil der „Bevormundung und Verbote“ sei abgewählt worden.

Dobrindt wirbt daher für eine Koalition der Union mit der SPD: „Die SPD hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie in der Lage ist, auf schwierigste Bedingungen im Land zu reagieren.“

Robert Habeck hat keine Bedenken: Die Grünen seien bereit, auch mit der Union eine Regierung zu bilden.
Robert Habeck hat keine Bedenken: Die Grünen seien bereit, auch mit der Union eine Regierung zu bilden.Stefanie Loos/AFP

Merz ist davon überzeugt, der schon bei seinem Auftritt als Wahlsieger klarmachte, wohin mit ihm die Reise gehen wird: Eine schärfere Migrationspolitik gehört zu den Schwerpunkten in seiner Regierung. Auch eine erhöhte innere Sicherheitspolitik und eine bessere Wirtschaftspolitik gehörten dazu.

Mit der SPD sei das machbar, glaubt Merz, glauben viele in der Union. Auch die Wähler dieser Partei wollten politische Veränderungen, vor allem in der Migrationspolitik. Doch was sagen die Sozialdemokraten, deren Kanzler Olaf Scholz eine deutliche Niederlage erlitt und nun von der Regierungsbühne abtritt?

Noch-Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärt: Es liege nun an Friedrich Merz, den Regierungsauftrag umzusetzen. „Wir waren immer gesprächsbereit, wir sind es. Es geht um Verantwortung, aber es ist nicht an uns, jetzt irgendwelche Schritte nach vorne zu machen“, sagt Pistorius.

Wer die Koalitionsgespräche mit CDU/CSU seitens der SPD führen wird, ist derzeit noch unklar. Es wird personelle, organisatorische und inhaltliche Veränderungen geben, so Pistorius. Dies habe SPD-Chef Lars Klingbeil deutlich gesagt. ■