Brandenburg hat gewählt – und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Der knappe Wahlsieg seiner SPD vor der AfD sorgt für Erleichterung, aber die Regierungsbildung wird alles andere als einfach. Gleichzeitig dürfte das Wahlergebnis in Brandenburg auch für die Ampel-Koalition im Bund eine Zerreißprobe bedeuten.
Mit 30,9 Prozent der Stimmen sicherten sich Woidkes Sozialdemokraten knapp den ersten Platz, dicht gefolgt von der AfD, die mit 29,2 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis in Brandenburg erzielte. Doch während sich Woidke über den Erfolg freuen darf, steht er nun vor der schweren Aufgabe, eine stabile Regierung zu formen. Seine bisherigen Koalitionspartner, die CDU und die Grünen, haben stark eingebüßt und können alleine nicht mehr für eine Mehrheit sorgen. Die CDU landete mit nur 12,1 Prozent auf dem vierten Platz und die Grünen verpassten den Einzug in den Landtag komplett.
Besonders brisant: Die AfD sicherte sich 30 von 88 Sitzen und kann nun als sogenannte „Sperrminorität“ wichtige Entscheidungen blockieren, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern. Dazu zählen unter anderem Verfassungsänderungen oder die Wahl von Verfassungsrichtern. Obwohl keine andere Partei mit der AfD koalieren möchte, hat sie durch diese strategische Position erheblichen Einfluss gewonnen.
AfD im Aufwind – Brandenburg vor politischer Blockade?
Die AfD sieht sich als Partei der Zukunft, besonders aufgrund ihres Erfolgs bei jungen Wählern. Laut einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen stimmten 30 Prozent der unter 30-Jährigen für die rechtspopulistische Partei. Hans-Christoph Berndt, der Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg, betont stolz, dass seine Partei bei den jungen Wählern besonders gut abschneidet. Für die SPD hingegen waren vor allem die älteren Generationen ein starker Rückhalt. Unter den Wählern über 60 Jahren erreichte sie ihren größten Erfolg.
Politologe Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin warnt jedoch davor, die AfD zu sehr als „Partei der Zukunft“ darzustellen. Zwar müsse man den hohen Anteil junger Wähler ernst nehmen, aber die Offenheit dieser Altersgruppe zeige auch, dass sie in ihrer politischen Orientierung noch stark schwanken könnte. Heike Radvan, Rechtsextremismusforscherin an der Universität Cottbus-Senftenberg, betont hingegen die Notwendigkeit verstärkter politischer Bildung, um Jugendlichen ein besseres Verständnis für die deutsche Geschichte und den Kampf gegen Falschinformationen zu vermitteln.

Brisante Koalitionsoptionen: SPD und BSW – geht das?
Für Dietmar Woidke wird es nun schwierig, eine tragfähige Koalition zu schmieden. Seine SPD könnte gemeinsam mit der CDU und dem erst kürzlich gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Regierung bilden. Letzteres schnitt bei den Wahlen überraschend gut ab und erreichte mit 13,5 Prozent den dritten Platz.
Amira Mohamed Ali, Co-Chefin des BSW, zeigte sich in einem Interview mit Phoenix offen für Gespräche. Doch ein zentrales Thema ihrer Partei könnte die Verhandlungen mit der SPD erschweren: die Friedenspolitik. „Wir bringen da eine Offenheit mit, aber uns ist wichtig, dass die Inhalte stimmen und dass es echte Verbesserungen für die Menschen in Brandenburg gibt“, so Mohamed Ali.
Politische Beobachter wie Thorsten Faas schätzen ein solches Bündnis als schwierig ein. „Es ist nicht gesichert, dass das eine reibungslos funktionierende Koalition wird“, erklärte der Politologe. Schließlich hat es bisher noch keine Regierungskonstellation mit dem BSW gegeben. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob sich Woidke auf solch ein Abenteuer einlässt oder andere Optionen sucht.

Scholz jubelt, doch für die Ampel sieht es düster aus
Während Dietmar Woidke im Wahlkampf auf die Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz verzichtet hatte, meldete sich dieser nach dem Wahlsieg seines Parteikollegen trotzdem zu Wort. „Ist doch super, dass wir gewonnen haben“, sagte Scholz von seiner Dienstreise bei den Vereinten Nationen in New York aus. Woidke selbst stärkte Scholz den Rücken und erklärte in der ARD, dass der Kanzler weiterhin als Kanzlerkandidat gesetzt sei.
Doch trotz der Euphorie in Brandenburg steht die Ampelkoalition im Bund vor schwierigen Zeiten. Während die SPD auf einen Erfolg in Brandenburg blicken kann, haben die Grünen und die FDP im Land desolat abgeschnitten. Für die Grünen war es ein bitteres Debakel – sie flogen aus dem Landtag. Parteichefin Ricarda Lang zeigte sich ratlos: „Es gibt einen negativen Trend, und da werden wir uns gemeinsam rauskämpfen müssen.“
Die FDP, die in Brandenburg mit nur 0,8 Prozent der Stimmen ein Fiasko erlebte, nutzte das schlechte Ergebnis, um erneut die Ampel auf Bundesebene in Frage zu stellen. Vize-Parteichef Wolfgang Kubicki äußerte sich kämpferisch: „Die Menschen sind mit der Ampel fertig.“ Sollte es in den kommenden Wochen keine Einigung über zentrale Wirtschaftsfragen geben, sieht Kubicki keinen Sinn mehr in der Fortsetzung der Koalition.
In Brandenburg ist der Wahlsieg für Woidke zwar ein Erfolg, doch die Herausforderungen sind immens. Ob es ihm gelingt, eine stabile Regierung zu bilden und gleichzeitig die politischen Spannungen im Bund zu überstehen, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Klar ist: Die politische Landschaft in Brandenburg und im Bund bleibt in Bewegung. ■