Ist die Ampel-Regierung am Ende? Es ist eine Frage, die nicht nur die Politik beschäftigt, sondern auch immer mehr Bürgerinnen und Bürger. In den ständig schwelenden Konflikt der drei Parteien grätscht nun Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit einem eigenen Wirtschaftsplan: Berichtet wird von einem 18 Seiten langen Dokument, das Lindner an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundewirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geschickt haben soll. Der Inhalt! Sprengstoff! Zerstört dieser Wirtschafts-Plan nun die Ampel endgültig?
Diese Forderungen stehen im brisanten Papier von Christian Lindner (FDP)
Die „Bild“ berichtet aktuell über das Dokument, das laut dem Blatt eine echte Polit-Bombe sein soll. Der Grund: Es beinhaltet einen eigenen Wirtschafts-Plan, der Lindners Kollegen von SPD und Grünen überhaupt nicht schmecken dürfte. Überschrieben ist das Dokument mit „Wirtschaftswende Deutschland“. „Deutschland braucht eine Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik“, hieß es darin. Diese solle grundsätzlicher Art sei. In dem Papier wird eine „Wirtschaftswende“ gefordert mit einer „teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“, um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.
Lindner will unter anderem „ein Moratorium zum Stopp aller neuen Regulierungen und keine neue Bürokratie“. Konkret geht es um das Tariftreuegesetz, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigtendatengesetz und die arbeitgeberfinanzierte Familienstartzeit. Weiter heißt es, als Sofortmaßnahme sollte der Solidaritätszuschlag, der überwiegend von Unternehmen, Selbstständigen, Freiberuflern sowie Hochqualifizierten gezahlt werde, entfallen. Er sollte in einem ersten Schritt im Jahr 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf 3 Prozent abgesenkt werden. In einem zweiten Schritt könnte er im Jahr 2027 dann vollständig entfallen. Der Soli wurde für 90 Prozent der Steuerzahler bereits abgeschafft.

Auch der Klimaschutz wird zum Thema. „Es hilft dem Klimaschutz nicht, wenn Deutschland als vermeintlicher globaler Vorreiter möglichst schnell und folglich mit vermeidbaren wirtschaftlichen Schäden und politischen Verwerfungen versucht, seine Volkswirtschaft klimaneutral aufzustellen“, heißt es. Deutschland solle auf europäischer Ebene insbesondere die Abschaffung der Regulierungen zur Energieeffizienz, Gebäudeenergieeffizienz und der Flottengrenzwerte für Autokonzerne durchsetzen. Außerdem heißt es, das neue Heizgesetz müsse „um fünf Jahre verschoben werden“.
Lindner: „Deutschland braucht eine Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik“
„Deutschland braucht eine Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik, die quantitativ bedeutsam und grundsätzlicher Art ist. Damit können das Vertrauen von Unternehmen und privaten Haushalten gestärkt werden“, heißt es in dem Papier von Christian Lindner. Und zum Thema Bürokratie in Deutschland stellen die Macher des Dokuments fest, dass ein „immer weiter wucherndes Regulierungs- und Bürokratiedickicht die traditionell hohe Innovationskraft Deutschlands und den Unternehmergeist“ erstickt.
Von den Koalitionspartnern kommt natürlich Kritik. „Wir brauchen jetzt keine Papiere, sondern gemeinsames Handeln, um der Industrie schnell zu helfen und Sicherheit zu geben“, sagte der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann, dem „Tagesspiegel“. „Vor allem brauchen wir keine Opposition in der Regierung.“ Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz riet Lindner, „nicht einen öffentlichen, unabgestimmten Überbietungswettbewerb an großteils nicht finanzierten Wohltaten“ zu beginnen.
Der CDU-Politiker Mathias Middelberg wertete das Papier als „Ultimatum“ Lindners an die Ampel-Partner. Lindner setze „sich damit aber auch selbst unter Druck“, sagte Middelberg. Wenn es dem Minister nicht gelinge, bis zum Abschluss der Haushaltsverhandlungen Ende des Monats die Kernforderungen seines Konzepts durchzusetzen, müsse er „zwingend die Ampel-Koalition beenden“, sagte Middelberg CDU-Politikerin Julia Klöckner bezeichnete den Zustand der Bundesregierung nach dem Bekanntwerden des Papiers als "„absurd und unwürdig“. Es werde „immer unübersichtlicher - jeder bringt sein Positionspapier raus, jeder hat seine eigenen Wirtschaftsrunden, aber nichts passt zusammen“, sagte Klöckner. ■