Riesenklatsche für CDU-Chef Friedrich Merz: Für das geplante „Zustrombegrenzungsgesetz“ bekam er am Freitag keine Mehrheit im Bundestag. Nur 338 Abgeordnete stimmten für Ja. 350 stimmten für Nein. Fünf Abgeordnete enthielten sich. Der Entscheidung über das verschärfte Asylgesetz ging eine stundenlange harte Debatte voraus. Mit Schuldzuweisungen, biblischen Warnungen und stundenlangen Krisengesprächen zwischendurch.
Die Union wollte ihr umstrittenes Gesetz zur Migrationspolitik absolut nicht zurückziehen. Das „Zustrombegrenzungsgesetz“ werde am Freitag wie geplant zur Abstimmung gestellt, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) noch am Mittag in einer längeren Unterbrechung der Plenarsitzung. Nach drei Stunden ging die Debatte schließlich im Bundestag weiter.
Im Streit um die Migrationspolitik und den richtigen Umgang mit der AfD sehen Grüne und SPD den Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) weiter auf einem Irrweg. Der hielt im Plenum dagegen und sagte, seine Fraktion nehme „die Sorgen und Nöte der Menschen“ nach mehreren Gewalttaten von Zuwanderungen ernst und wolle deshalb jetzt handeln.
Merz sei nicht zu Beratungen auf Augenhöhe bereit gewesen, kritisierte der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, zuvor. „Immerzu wollen Sie mit dem Kopf durch die Wand“, rief er dem Oppositionsführer im Bundestag zu.
FDP hatte morgens Verschiebung der Entscheidung vorgeschlagen
Die FDP hatte morgens eine Verschiebung auf den letzten Sitzungstermin vor der Bundestagswahl im Februar vorgeschlagen. Damit sollte Zeit für Verhandlungen geschaffen werden, um eine Mehrheit ohne Unterstützung der AfD zu erreichen.

Die SPD hatte daraufhin mitgeteilt, sie würde den FDP-Plänen für eine geplante Rücküberweisung der Vorlage in den Innenausschuss zustimmen. Nach der darauf von der Union beantragten Sitzungsunterbrechung gab es intensive Gespräche von Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) mit den Vorsitzenden der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP. Parallel kamen die jeweiligen Fraktionen zu Sondersitzungen zusammen.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stellte nach Angaben aus seiner Fraktion Merz Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen über das Gesetz. Demnach verlangte er, dass die Union dieses am Freitag zurückzieht und Merz sich dafür entschuldigt, dass er am Mittwoch bereits die Verabschiedung eines Antrags zur Migrationspolitik mithilfe der AfD in Kauf genommen hat.
Merz sieht sich seitdem massiv unter Druck. Am Donnerstag hatte auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) sein Vorgehen als „falsch“ bezeichnet. Am Donnerstagabend hatten tausende Menschen vor der CDU-Zentrale in Berlin gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD protestiert. Die Union war nach Merz' Migrationsvorstoß in mehreren Umfragen leicht abgesackt.
Sexismus-Entgleisung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte Merz in der Debatte am Freitag über den Gesetzentwurf auf, nicht erneut mit der AfD zu stimmen. Es gehe nun darum, wie die „Schande vom Mittwoch“ wieder korrigiert werden könne, sagte sie.

Nach einem Lügenvorwurf von Thorsten Frei (CDU) schoss die Außenministerin hart zurück. Sie warf Frei Männergehabe vor – eine unwürdige Sexismus-Entgleisung. Baerbock sagte wörtlich: „Dass Männer, wenn sie nicht mehr weiterwissen, mit dem Wort Lüge um sich werfen, das bin ich ja schon gewohnt.“ Man sei aber nicht im Kindergarten.
Die AfD bekräftigte am Freitag ihre Absicht, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Bei den im Gesetz erhobenen Forderungen handle es sich seit langem um Positionen der AfD, sagte deren Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann im Plenum. „Die Union hat sie nur kopiert.“ Dass Merz noch in letzter Minute mit SPD und Grünen über einen Kompromiss verhandelt habe, nannte Baumann „erbärmlich“.
Abweichler bei der Asyl-Entscheidung im Bundestag auch in der AfD?
Neben der AfD wollten auch die FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) dem Gesetzentwurf zustimmen. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki warf SPD und Grünen vor, seit dem Votum am Mittwoch „ein Schmierentheater“ zu veranstalten. Dafür würden vor allem die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl am 23. Februar „einen bitteren Preis“ zahlen.
Auch wenn die Abstimmung am Freitag im Bundestag für Friedrich Merz und viele Menschen in Deutschland nicht wie gewünscht verlief – das Thema bleibt natürlich. Die AfD kündigte bereits an, eine echte Wende in der Migrationspolitik könne es nur mit ihr geben. AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel sprach von einer Demontage des CDU-Vorsitzenden: „Letztendlich hat Friedrich Merz sich selbst zu Fall gebracht.“ Und weiter: „Das, was wir hier sehen, sind Brandmauertote. Und es wird mehr davon geben.“
Für Merz, dem man jetzt Führungsschwäche vorwerfen wird, dürfte vor allem spannend sein herauszufinden, wer aus seiner Partei bei der namentlichen Abstimmung über das Asylgesetz ausgeschert ist. Möglicherweise gab es auch Abweichler in der FDP und der AfD.
Friedrich Merz sagte am Freitagabend, es habe in der Union zwölf Kolleginnen und Kollegen gegeben, die seinem Antrag nicht gefolgt seien. Bei der FDP waren es zwei Abweichler und 16, die gar nicht anwesend waren. Die Asylwende an diesem Tag sei am Ende aber an den Grünen und Sozialdemokraten gescheitert. ■