Sie war noch ein Baby

Die letzte Überlebende der Titanic: Die traurige Geschichte von Millvina Dean

Sie war ein Baby, als die Titanic einen Eisberg rammte und im Atlantik versank. Die Nacht sollte ihr ganzes Leben prägen.

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Millvina Dean war die letzte Überlebende der Titanic, starb 2009 in einem Pflegeheim.
Millvina Dean war die letzte Überlebende der Titanic, starb 2009 in einem Pflegeheim.Allstar/imago, Avalon.red/imago

Es ist eines der berühmtesten Schiffsunglücke aller Zeiten – und fasziniert auch mehr als 100 Jahre danach die Menschen: Im April 1912 kollidierte die Titanic mitten auf dem Atlantischen Ozean mit einem Eisberg und versank in den Fluten. Etliche Menschen kamen bei dem Schiffsunglück ums Leben, nur verhältnismäßig wenige konnten gerettet werden, weil die Anzahl der Rettungsboote zu klein war für die vielen Passagiere, die auf dem Luxusdampfer nach Amerika reisten. Millvina Dean gehörte zu ihnen – die Britin war die letzte Überlebende der Titanic, starb 2009. Doch ihre Geschichte ist unglaublich traurig.

Millvina Dean war die letzte Überlebende des Untergangs der Titanic

Gibt es heute noch Zeitzeugen, die das Schiffsunglück erlebten? Die traurige Antwort lautet naturgemäß: leider nein. Denn es ist inzwischen 112 Jahre her, dass die Titanic im Atlantik versank. Millvina Dean aus Großbritannien war die letzte Überlebende des Unglücks, starb im Jahr 2009. Als die Titanic nach Amerika fuhr und auf dem Ozean mit einem Eisberg kollidierte, war sie noch ein Baby, wurde unter dramatischen Umständen von dem sinkenden Schiff gerettet und in Sicherheit gebracht. Ihr blieben nur Erinnerungsstücke an die Nacht, die ihr Leben prägen sollte. Doch auch die musste sie als alte Frau aufgeben – aus finanziellen Gründen.

Millvina Dean wurde im Februar 1912 in London geboren, war zum Zeitpunkt ihrer Reise auf der Titanic also gerade zwei Monate alt. Sie war damit die jüngste Passagierin, die auf dem Schiff nach Amerika reiste. Grund dafür: Ihre Eltern Bertram Frank Dean und Georgette Eva Light Dean wollten nach Wichita in Kansas auswandern, um – wie viele andere Passagiere der Titanic – im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein neues Leben zu beginnen. Doch dann kam der Eisberg. Die Titanic rammte das Monstrum, sank auf den Grund des Atlantiks.

Die Titanic rammte 1912 einen Eisberg und versank im Atlantischen Ozean. Auch Millvina Dean war damals an Bord - als Baby.
Die Titanic rammte 1912 einen Eisberg und versank im Atlantischen Ozean. Auch Millvina Dean war damals an Bord - als Baby.AP

Der Vater der Familie kam ums Leben. Millvina Dean, ihre Mutter und ihr Bruder wurden bei dem Unglück gerettet. Überliefert ist, dass Millvina Dean in einem Sack in ein Rettungsboot hinabgelassen wurde. Bei der anschließenden Reise sei sie von den anderen Passagieren, die aus der ersten und zweiten Klasse stammten, umhätschelt worden, heißt es. Weder an ihren Vater, noch an den Untergang des Schiffes hatte sie Erinnerungen.

Ihr Vater rettete der Familie das Leben, als die Titanic im Atlantik versank

Alles, was geschah, kennt sie nur aus Überlieferungen. Ihr Vater soll in jener verhängnisvollen Nacht ein Krachen gehört haben, berichtete sie in einem Interview mit der BBC. „Er sah nach, kam zurück und sagte, das Schiff sei offenbar mit einem Eisberg zusammengestoßen. Er sagte meiner Mutter, sie solle die Kinder sofort aus dem Bett und an Deck bringen.“ Sie glaubte immer, dass sein schnelles Handeln ihr Leben rettete. „Wir waren in der dritten Klasse und ziemlich viele Kinder der dritten Klasse wurden nicht gerettet.“

Millvina Dean war noch ein Baby, als ihre Familie mit ihr an Bord der Titanic nach Amerika reiste.
Millvina Dean war noch ein Baby, als ihre Familie mit ihr an Bord der Titanic nach Amerika reiste.Archiv

Den berühmten Film von James Cameron, der einen großen Teil der Faszination der Menschen am Untergang der Titanic auslöste, sah Millvina Dean übrigens nie. Sie hatte Angst, er könnte zu aufwühlend für sie sein. „Obwohl ich meinen Vater nicht kannte, war ich am Ende ziemlich emotional“, sagte sie. „Ich fragte mich, was mit ihm passiert war – würde er über Bord springen? Ich ließ meiner Fantasie freien Lauf und überlegte, was er tun würde.“ Von der Nacht der Tragödie behielt Dean verschiedene Erinnerungsstücke, die für sie aufbewahrt, ihr später überlassen wurden.

Die Rettungsboote der Titanic reichten nicht für viel vielen Passagiere an Bord.
Die Rettungsboote der Titanic reichten nicht für viel vielen Passagiere an Bord.Gemini/imago

Ihre Relikte von der Titanic musste Millvina Dean im Alter verkaufen

Tragisch aber: Als alte Dame musste sie diese verkaufen – aus Armut. Zwar war sie als Zeitzeugin aktiv, berichtete vom Untergang der Titanic – doch als sie sich 2006 die Hüfte brach und in ein Pflegeheim ziehen musste, reichte ihr Geld für die Unterbringung nicht. So wurden unter anderem ein Koffer mit Kleidung, verschiedene Drucke und ein Entschädigungsbrief versteigert, die ihr etwa 30.000 Pfund einbrachten. Das Geld reichte nur für wenige Jahre. Mit dem „Millvina Fund“ gab es 2009 eine Spendenkampagne, die weiteres Geld für ihre Unterbringung bringen sollte. Angeblich beteiligten sich auch die Schauspielerin Kate Winslet, ihr Kollege Leonardo DiCaprio und Regisseur James Cameron. Millvina Dean starb am 31. Mai 2009 im Alter von 97 Jahren.

Dass sie ihre Erinnerungsstücke aufgeben musste, um das Pflegeheim zu zahlen, muss traurig gewesen sein. Aber: „Ich habe eine Philosophie: Wenn man etwas tun muss, dann muss man es tun. Man darf nicht zurückblicken und darüber untröstlich sein“, sagte Millvina Dean der BBC. Auch der Tatsache, dass der Untergang der Titanic ihr Leben prägte, stand sie stets gelassen gegenüber. „Ich bin der Typ Mensch, der alles so nimmt, wie es kommt“, sagt sie. „Für mich ist es einfach etwas, das in der Vergangenheit passiert ist.“ Natürlich habe das Unglück ihr Leben geprägt. „Die Titanic hat mir großartige Möglichkeiten in meinem Leben eröffnet. Ich habe in den besten Hotels übernachtet und so viele unglaublich nette Leute kennengelernt. Viele Erfahrungen, die ich genossen habe, hätte ich sonst nicht gemacht.“ Dass ihr Leben trotzdem in Armut endete, ist traurig. ■