Ringcenter, Tempelhof, Spandau

Die große Streichliste: Diese Filialen rasiert Galeria Karstadt Kaufhof in Berlin

Der Warenhauskonzern schließt 16 seiner 92 Filialen zum 31. August, auch die in Potsdam. 1400 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs.

Teilen
Das Ringcenter in der Frankfurter Allee könnte seinen wichtigsten Mieter verlieren: Galeria Kaufhof soll hier schließen.
Das Ringcenter in der Frankfurter Allee könnte seinen wichtigsten Mieter verlieren: Galeria Kaufhof soll hier schließen.Schöning/imago

Der Warenhauskonzern schließt deutschlandweit 16 seiner 92 Filialen. Auch drei Häuser in Berlin sind betroffen: die Kaufhof-Filiale im Ringcenter (Frankfurter Allee), Karstadt in Tempelhof (Tempelhofer Damm) und Karstadt in Spandau (Carl-Schurz-Straße 20). Besonders bitter für das Ringcenter, die Kunden in Lichtenberg und Friedrichshain. Das riesige Einkaufscenter verliert einen der wichtigsten Mieter, Leerstand droht.

Die Standorte, die zum 31. August geschlossen werden, gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Samstagmorgen bekannt. Besonders stark von Schließungen betroffen ist die Region Berlin/Potsdam: Neben den drei Häusern in der Hauptstadt (Ringcenter, Spandau, Tempelhof) schließt auch die Filiale in Potsdam. Das Haus ist seit einiger Zeit der einzige Standort des Handelskonzerns in Brandenburg. Die Filiale in Cottbus hatte im vergangenen Sommer zugemacht.

Jeweils drei Häuser stehen auch in Nordrhein-Westfalen (Essen, Köln-Breite Straße, Wesel) und Bayern (Augsburg, Regensburg-Neupfarrplatz, Würzburg) auf der Streichliste. Außerdem sollen diese Warenhäuser dicht machen: Chemnitz, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg und Trier-Fleischstraße).

Die Innenstädte veröden weiter

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierte die angekündigten Filial-Schließungen. „Das ist keine gute Nachricht, weder für die Beschäftigten noch für die Kundinnen und Kunden und die betroffenen Kommunen“, erklärt Verdi. Die Gewerkschaft rief Beetz zu mehr Investitionen in das Traditionsunternehmen auf. „Jeder Standort, der geschlossen wird, führt zu einer weiteren Verödung unserer Innenstädte“, kritisiert Verdi-Vorstandsmitglied Silke Zimmer. „Das, was die Beschäftigten auszuhalten haben, geht weit über das Maß des Erträglichen hinaus.“ Zimmer äußerte den Verdacht, dass weniger die Umsatzerwartungen ausschlaggebend für die Standortentscheidungen gewesen seien als überteuerte Mieten für viele der betroffenen Filialen.

Bei der Entscheidung über die Zukunft der Filialen war für Insolvenzverwalter Denkhaus neben dem Umsatz und der Kaufkraft der jeweiligen Region vor allem die Höhe der Miete ausschlaggebend. „Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt“, sagte Denkhaus. Einzelne Filialen auf der Schließungsliste können sich womöglich noch Hoffnung auf einen Fortbestand machen. Im vorherigen, im Mai 2023 aufgehobenen Insolvenzverfahren waren einige Warenhäuser wieder von der Liste heruntergeflogen. Weil es kurzfristig neue Vereinbarungen mit den Mietern gab, wurden nicht 52 der ehemals 129 Standorte geschlossen, sondern nur 37.

Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11.400 demnach ihren Job behalten. 1400 werden gehen müssen. Nach Angaben von Galeria wurden mit dem Gesamtbetriebsrat am Freitag Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen. „Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen“, sagte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche. Der Sitz des Unternehmens soll von Essen in die Filiale Düsseldorf Shadowstraße umziehen.

Der Warenhauskonzern hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe des bisherigen Eigentümers Rene Benko. Deren Schieflage hatte unmittelbare Auswirkungen: Im Zuge der letzten Insolvenz von Benko zugesagte Finanzmittel für die Sanierung der Warenhauskette waren nicht mehr geflossen.

Van den Bossche und Denkhaus gaben im Januar die Suche nach einem neuen Eigentümer und den Erhalt von Galeria als Ziele aus. Das Unternehmen verhandelte daraufhin nach eigenen Angaben mit mehreren potenziellen Investoren. Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen will.

Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um über den Insolvenzplan für den Eigentümerwechsdel abzustimmen. Rechtskräftig ist der Plan erst, wenn die Gläubigerversammlung ihn annimmt und dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen an die neuen Eigner übergeben.

Die Häuser von Karstadt und Kaufhof werden mit ihren umfassenden Sortimenten einerseits als wichtige Magneten des Einzelhandels in Innenstädten gesehen. Andererseits erfüllen sie diese Rollen in vielen Fällen nicht mehr – sonst wären sie nicht in der schwierigen Lage, in der sie sich befinden.

Handelsexperte erwartet ein Schrecken ohne Ende

Skeptisch hinsichtlich der Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof äußert sich der Handelsexperte und Wirtschaftswissenschaftler Gerrit Heinemann. Die Tatsache, dass nur 16 Häuser geschlossen werden, deutet auf Zugeständnisse der Eigentümer hin und lässt vermuten, dass auch die dritte Insolvenz binnen vier Jahren ein Schrecken ohne Ende wird", sagte Heinemann am Sonnabend der Rheinischen Post. Das Unternehmen habe inzwischen eine „unterkritische Betriebsgröße“ erreicht und sei „nur noch ein Scheinriese“.

Auch Experte Johannes Berentzen von der Handelsberatungsfirma BBE zeigt sich skeptisch. Mit der Schließung der 16 Häuser wären die großen Herausforderungen der verbleibenden Häuser und des Galeria-Geschäftsmodells nicht gelöst, sagt er. Es gehe um mehr Unternehmertum vor Ort, Investitionen in die Fläche, in Personal und in die Verknüpfung von Online- und Offlinewelt. Zusätzlich müssen Strukturen und Prozesse in den Zentralfunktionen angepasst werden. „Ich bin sehr skeptisch, dass Zeit und Geld ausreichen für diese Mammutaufgabe“, sagte der BBE-Geschäftsführer. ■