Der grüne Pfeil, Ampelmännchen und der Sandmann: Mit ihnen marschierte am Dienstag fröhlich die DDR in den Bundestag ein. Schuld war Gregor Gysi.
Er ist die Ikone der Linkspartei. Gysi, der im Januar 77 Jahre alt wurde. Und mit 30 Jahren Parlamentszugehörigkeit ist der Politiker nach der Neuwahl der dienstälteste Abgeordnete im neuen Bundestag und durfte als Alterspräsident auch die Eröffnungsrede halten. Und in dieser ging es nicht nur um mehr Demokratie, Freiheit, Kampf gegen rechts und der großen Weltpolitik.
Gregor Gysi brachte am Rednerpult den neugewählten Fraktionen im Bundestag auch die DDR in Erinnerung. Vor allem ging es in der Rede um die Menschen, die dort aufwuchsen und deren Leistung man immer noch nicht genug würdigen würde – und das im 35. Jahr der deutschen Wiedervereinigung.
Gregor Gysi: Nur Sandmann, Ampelmännchen und grünen Pfeil von der DDR übernommen
Der Alterspräsident rief das Parlament dazu auf, endlich die deutsche Einheit zu vollenden. Gysi kritisierte: „Übernommen hat man aus der DDR nur das Sandmännchen, das Ampelmännchen und den grünen Abbiegepfeil – damit sagt man aber den Ostdeutschen, dass sie außer diesen drei Punkten nichts geleistet hätten.“
Doch dies sei ganz und gar nicht der Fall gewesen. Im vereinten Deutschland habe man schnell viele Errungenschaften der DDR vergessen lassen. Als Beispiel hob Gysi hervor, dass im Osten die Gleichstellung der Geschlechter „deutlich weiter“ gewesen sei als in der damaligen Bundesrepublik Deutschland. Zudem habe es „extrem kostengünstige und gut ausgestattete Kindereinrichtungen“ gegeben.
Gysi glaubt, dass so manches bei den Menschen im Osten Deutschlands heute anders wäre, hätte man ihre Lebensleistung und das, was in der DDR an Positivem geschaffen wurde, im wiedervereinten Deutschland übernommen. Doch stattdessen hat man die „DDR auf Stasi und Mauertote reduziert“.
Wäre einiges anders gelaufen, „hätte die ostdeutsche Bevölkerung nicht ein solches Gefühl der Demütigung entwickelt“, so Gysi. Dies zeige auch, wie in Ost und West „unterschiedlich gedacht und gewählt“ wird.
Eine „Gleichstellung von Ost und West" müsse her, sagte Gysi. Es müsse Schluss sein mit unterschiedlichen Tarifverträgen und Renten in Ost- und Westdeutschland. Auch müssten Ostdeutsche in der nächsten Bundesregierung und in den obersten Gerichten angemessen vertreten sein und berücksichtigt werden.
Bei der Herstellung der Einheit sei „zumindest ein schwerer Fehler begangen“ worden, sagte Gysi in seiner Rede. Die damalige Bundesregierung habe sich für das Leben in der DDR nicht interessiert. Die Berücksichtigung hätte „zu deutlich mehr innerer Einheit geführt“. Gysi forderte als Alterspräsident einen zukünftigen Kanzler auf, „diesen Fehler“ einzuräumen und sich zu entschuldigen. ■