Alle Räder stehen still – so oder so ähnlich könnte es am Montag kommen, wenn die Landwirte in Deutschland mit ihren Protestaktionen loslegen. Zu befürchten ist, dass der Verkehr auf den Straßen und Autobahnen massiv behindert wird.
Viele Pendler werden sich ab Montagmorgen wegen der Demos und Blockaden der wütenden Bauern auf starke Verkehrsbehinderungen gefasst machen müssen.
Geplant sind unter anderem Konvois mit Traktoren und Kundgebungen, um gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Vertreter der Bundesregierung machten bereits deutlich, dass es nach der teilweisen Rücknahme ihrer Sparpläne kein weiteres Entgegenkommen geben könne.
Die ersten Landwirte sind mit ihren Traktoren in Berlin angekommen. #Bauernproteste pic.twitter.com/jTErSiDkom
— Markus Haintz (@Haintz_Media) January 7, 2024
Erste Traktoren am Brandenburger Tor – Brandenburg hebt Sonntags-Fahrverbot für Lkw auf
Die ersten Landwirte mit Traktoren haben sich am Sonntagabend auf der Straße des 17. Juni versammelt. Videos zeigten hupende Traktoren am Großen Stern. 48 Trecker parken in der Nähe des Brandenburger Tors, wie die Polizei mitteilte. Gegen 23 Uhr ist hier eine Mahnwache angemeldet, Veranstalter sind die „Freien Bauern“.
Bilder auf der Plattform X zeigten am Sonntagnachmittag unter anderem eine lebensgroße Puppe mit rot-grün-gelbem Schal vor dem Kopf, die an einem Galgen von einem der Trecker hängt. Sie soll später entfernt worden sein.
#Bauern parken jetzt an der Seite auf Weg zum Brandenburger Tor, offiziell angemeldet ist Versammlung erst ab Mitternacht. Paar Protestschilder: "Lieber Tod als Sklave", baumelndes Ampelmännchen, "Bauer macht den ersten Zug, am Ende fällt der König", "No Farmer no future" #Berlin pic.twitter.com/i1RVHJyuRv
— Annika Leister (@AnnLei1) January 7, 2024
Die Bauern protestieren gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. Der Bauernverband plant eine Protestwoche, die am 15. Januar in einer Demonstration in Berlin gipfeln soll. Für Montag ist eine Demonstration mit Traktoren am Brandenburger Tor geplant.
Auch in Brandenburg waren am Sonntagabend nach Angaben der Polizei Traktoren zu sehen, negative Auswirkungen auf den Verkehr hatten diese zunächst nicht.
Doch das Verkehrsministerium in Brandenburg befürchtet Engpässe bei Warenlieferungen aufgrund der geplanten Proteste und Blockaden. Das sonst übliche Fahrverbot für Lastwagen am Sonntag wurde aufgehoben, wie das Ministerium auf seiner Internetseite erklärte. „Effiziente Lieferketten sind die Grundlage, um die Bevölkerung und die Wirtschaft ausreichend beliefern zu können“, heißt es dort. Angesichts der angekündigten Blockaden habe das Land Brandenburg eine Ausnahmegenehmigung zur Aussetzung des Sonn- und Feiertagsfahrverbotes für den 7. Januar erteilt.
Unterricht im Landkreis Friesland fällt aus
Im Landkreis Friesland fällt am Montag, dem ersten Schultag nach den Weihnachtsferien, der Unterricht aus. Auf der Webseite des Landkreises ist von „erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen“ die Rede, von dem auch der Schülertransport betroffen sei. Der Präsenzunterricht an allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen falle daher aus. Eine Notbetreuung von Schülern in den Schulen soll stattfinden, berichtet der Spiegel.
Bauernprotest deutschlandweit – Höhepunkt in Berlin
Der Bauernverband plant eine Protestwoche, die am 15. Januar mit einer Demonstration in Berlin gipfeln soll. Bereits für Montag sind zahlreiche Aktionen von Flensburg bis an den Bodensee angekündigt. Protestfahrten sind etwa in den Großräumen Hamburg, Bremen, Potsdam, Magdeburg, Halle sowie im Rhein-Main-Gebiet und im Saarland geplant. Kundgebungen sind unter anderem in München, Erfurt und in Ravensburg im südlichen Baden-Württemberg vorgesehen. In Berlin soll es bereits an diesem Montag eine Demonstration mit Traktoren am Brandenburger Tor geben. In NRW sind größere Versammlungen in Köln, Bonn, östlich von Dortmund und in Münster geplant.
Als ein Schwerpunkt der Proteste zeichnen sich Autobahnauffahrten ab. In mehreren Bundesländern kündigten Organisatoren an, diese blockieren zu wollen. Autofahrer müssen sich also auf Staus einstellen. Mehrere Kultusministerien der Länder kündigten an, dass Schüler entschuldigt werden, sollten sie es wegen der Aktionen nicht zum Unterricht schaffen.
Gericht: Auch Autobahnauffahrten dürfen von Bauern blockiert werden
Die Landwirte dürfen am Montag nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg auch Autobahnauffahrten blockieren. Die Polizei konnte sich mit Auflagen, die Einschränkungen angemeldeter Blockadeaktionen vorsahen, nicht durchsetzen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Potsdam bestätigte am Sonntag einen Bericht der B.Z und der Bild.
Polizeisprecher Mario Heinemann sagte, die Auflagen beinhalteten, dass nicht alle Autobahnauffahrten und nicht für den gesamten beantragten Zeitraum blockiert werden dürften. An einigen Orten seien Blockaden von morgens bis zum Abend angemeldet. Das Verwaltungsgericht Berlin habe die Auflagen aber für unzulässig erklärt. Eine Beschwerde der Polizei dagegen habe das OVG zurückgewiesen.
Am Montag rechnet das Polizeipräsidium mit Verkehrsbehinderungen durch die Proteste an weit mehr als 100 Orten in Brandenburg. Bauern wollen viele Auffahrten mit Traktoren blockieren. Die Abfahrten müssten aber frei gehalten werden, sagte der Polizeisprecher. Er erwarte friedliche Proteste.
... und dann droht auch ein Warnstreik bei der Bahn
Theoretisch könnten auch Fahrgäste der Bahn Anfang der Woche von Behinderungen betroffen sein. Möglich sind Streiks der Lokführergewerkschaft GDL, weil dann eine selbst auferlegte Weihnachtsruhe im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn endet. Allerdings hat der Deutsche Beamtenbund – in dem die GDL organisiert ist – erklärt, dass es zumindest am Montag und Dienstag keine Arbeitsniederlegungen gibt.
Teilweise Rücknahme der Sparpläne nicht ausreichend
Der Protest der Bauern entzündete sich an Sparplänen der Bundesregierung, die ihre Subventionskürzungen jetzt aber teilweise wieder zurückgenommen hat. So soll die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer für die Agrarindustrie weiter gelten. Die Vergünstigung von Agrardiesel soll nur schrittweise abgeschafft werden. Dem Bauernverband gehen diese Änderungen nicht weit genug.
Zugleich rief der Verband die eigenen Anhänger zur Mäßigung auf: „Demo-Symbolik wie Galgen, schwarze Fahnen oder andere Symbole extremistischer Gruppen lehnen wir entschieden ab!“ Man distanziere sich scharf von Personen, die Umsturzfantasien propagierten oder Gewalt verherrlichten, hieß es in dem auf X (früher Twitter) veröffentlichten Appell.
Habeck konnte nicht von Fähre
Hintergrund des Appells war offenbar eine eskalierte Aktion am Donnerstagabend an der Nordseeküste, als Wirtschaftsminister Robert Habeck von Demonstranten gehindert wurde, auf einer Privatreise eine Fähre zu verlassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.