Bücherbox angezündet

Holocaust-Leugner fackelte aus Hass Gedenkstätten ab

Um insgesamt 13 mutmaßliche Taten zwischen Januar und August 2023 geht es jetzt im Prozess. Es wird geprüft, ob der 63-Jährige in die Psychiatrie kommt.

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Olaf J. (63) fackelte die Gedenk-Bücherbox am Holocaust-Mahnmal „Gleis 17“ in Berlin-Grunewald ab. Er muss sich nun vor Gericht verantworten. 
Olaf J. (63) fackelte die Gedenk-Bücherbox am Holocaust-Mahnmal „Gleis 17“ in Berlin-Grunewald ab. Er muss sich nun vor Gericht verantworten. Paul Zinken/dpa

Hass, Hetze und Brandanschläge: Olaf J. (63) fackelte die Gedenk-Bücherbox am Holocaust-Mahnmal „Gleis 17“ in Berlin-Grunewald ab, verbreitete miese Pamphlete. Jetzt prüfen die Richter: Gehört er in die Psychiatrie?

Der Frührentner vor dem Berliner Landgericht. Sandfarbenes Jackett, die grauen Haare kurz, Notizen in der Hand. Um insgesamt 13 mutmaßliche Taten zwischen Januar und August 2023 geht es. Volksverhetzung, versuchte schwere Brandstiftung und Sachbeschädigung wirft der Staatsanwalt dem Mann aus Treptow vor.

Er nannte sich „Kassandros Berolinensis“, hält sich für eine Art „Seher“. Erst machte er sich an Wahlplakaten zu schaffen – Die Linke, FDP, CDU, SPD betroffen. Mit einer Teleskopsäge war er laut Ermittlungen unterwegs, um Plakate von Lichtmasten zu trennen. Mehrere Haltestellen habe er beschmiert – mit homophober Hetze.

Der Holocaust-Leugner machte auch Muslime verächtlich

Auch Menschen muslimischen Glaubens habe er verächtlich gemacht. Der Richter: „Ab August dann eine Steigerung mit Brandanschlägen. Warum haben Sie Feuer eingesetzt?“ Olaf J.: „Ist eindringlicher. Mir war klar: Nach der Kokelei kommt die Polizei.“

Drei Brandanschläge in zwei Tagen werden ihm vorgeworfen. Der 12. August vorigen Jahres. Wieder war J. nachts unterwegs. Er zum Richter: „Nachts ist die Luft besser.“ Kurz vor 2 Uhr legte er in Tiergarten eine mit Lampenöl befüllte und angezündete Flasche auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Weil der Brandsatz herunterfiel, erlosch die Flamme schnell.

Die Polizei fand ein Plakat mit Bibelversen und Hetze („abscheuliches Viehzeug“) am Denkmal. J. zum Richter: „War nicht viel Lampenöl in der Flasche, wollte nichts abfackeln, war eine symbolische Aktion.“ Drei Stunden später war er an der Bücherbox in Grunewald. In der umfunktionierten Telefonzelle lag wegen der Nähe zum Deportations-Mahnmal „Gleis 17“ vor allem Literatur über die Judenverfolgung in der Nazizeit zur Lektüre aus.

Die Bücher sollten brennen, so der Holocaust-Leugner

Holocaust-Leugner J. gestand: „Die Bücher sollten brennen. Nahm erst drei Reihen raus, die sich mit dem Thema Holocaust befassten, goss Lampenöl drüber.“ Die Bücherbox wurde völlig zerstört. J. hinterließ ein antisemitisches und den Holocaust leugnendes Schreiben.

Zwei Tage später ein dritter Anschlag. Diesmal gegen einen Verein lesbischer Frauen in Neukölln. Olaf J.: „Bei dem Arbeitseinsatz habe ich die Scheibe mit einem Kuhfuß eingeschlagen, bezog dann meinen Beobachtungsposten, wartete ab.“ Als alles ruhig blieb, habe er die Feuer-Flaschen in den Raum geworfen.

Die Staatsanwaltschaft geht in dem Fall davon aus: „Er nahm wenigstens billigend in Kauf, dass sich das Feuer auch auf die Wohneinheiten ausbreiten würde.“ Für J. ist das ein Punkt, den er bestreitet: „Wollte das Büro nicht abfackeln, war nur ein bisschen Lampenöl auf Fliesen.“ Und: „Als langjähriger Schweißer weiß ich, was wie brennt.“

Die Staatsanwaltschaft ist für ihn eine „kriminelle Institution“. Am 15. August klickten die Handschellen. Erst saß er in U-Haft, dann wurde er im sogenannten Maßregelvollzug untergebracht. Der Staatsanwalt überzeugt: „Er leidet unter einer wahnhaften Störung.“ In diesem Zustand habe er die Taten begangen.

Ziel des Anklägers: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Richter wollen zunächst 17 Zeugen hören. Fünf weitere Prozesstage sind geplant. Fortsetzung: Dienstag. ■