Zu diesen durchaus möglichen Schlagzeilen ist es nicht gekommen: „Ralf Rangnick stellt Hertha BSC vom Kopf auf die Füße“ oder „Oliver Kahn pflanzt das Bayern-Gen bei Hertha ein“. Man stelle sich vor, Ralf Rangnick (Spitzname: „Professor“) oder Oliver Kahn (Spitzname: „Titan“) hätten den wichtigen Posten des neuen Geschäftsführers von Hertha BSC erhalten …
Den Zuschlag aber bekam Dr. Peter Görlich, Sportwissenschaftler und Master of Business. Am 1. September wird der 58-Jährige sein Amt in Berlin antreten und zusammen mit Geschäftsführer und Finanzchef Ralf Huschen die Geschäftsführung bilden. Görlich kann viele Meriten aufweisen, war von 2015 bis 2021 als CEO beim Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim erfolgreich und entwickelte die TSG als Gesamtkonstrukt positiv weiter. Vor seiner Zeit als CEO leitete er das Nachwuchsleistungszentrum der TSG, das einen sehr guten Ruf besitzt.
Herha BSC bekommt mit Peter Görlich einen Strategen
Mit Görlich, einem erfahrenen Strategen, auch mit Rangnick und Kahn sowie einer Reihe anderer Kandidaten hatte das Präsidium intensive Gespräche geführt und deren Ambitionen, Zukunftspläne, Verfügbarkeit und auch ihre Affinität zu Hertha ausgelotet.

Rangnick, derzeit Nationaltrainer von Österreich und Kahn, der sich zuletzt als Investor beim hochverschuldeten französischen Traditionsklub Girondins Bordeaux beworben, aber später von einem Engagement abgesehen hatte, waren zweifellos die schillerndsten Persönlichkeiten, mit denen sich Hertha beschäftigt hatte. Allerdings: Hertha fahndete nicht nach einem Sportdirektor oder etwa einem „Super-Manager“.
Hertha BSC: Ralf Rangnick und Oliver Kahn sind keine Teamplayer
Es bleibt nun lediglich eine rhetorische Frage: Was hätte ein Rangnick in Berlin getan? Vielleicht hätte er das intensive Pressing-und Umschaltspiel eingeführt, mit dem er einst RB Leipzig zur Spitzenmannschaft formte? Wahrscheinlich aber wäre Rangnick zu einer Art „Alleinherrscher“ aufgestiegen im Hertha-Kosmos, in dem man noch mehr rein fußballerische Kompetenz durchaus gebrauchen kann. Das Gleiche gilt für Oliver Kahn, der vielleicht einen mutigen und aggressiven Weltklasse-Keeper verpflichtet hätte, einen Typen, den er einst verkörperte. Auch der Vizeweltmeister von 2002 eignet sich wohl eher als „Alleinunterhalter“ statt als Teamplayer.

Mit der Entscheidung pro Peter Görlich setzt Hertha bewusst auf einen vielseitigen „Mannschaftsspieler“ und nicht auf einen neuen starken Mann, von denen es viele unterschiedlicher Couleur in der turbulenten Geschichte des Klubs gab.
Mächtige Herthaner: Hoeneß, Gegenbauer, Preetz und Bobic
Als junger Reporter lernte ich solch dominante Persönlichkeiten kennen, etwa Wolfgang Holst, Urgestein der Bundesliga und ein Strippenzieher par excellence. Als Präsident der Hertha machte er bei Transfers drastische Ansagen an die Konkurrenz: „Wir zahlen immer 10.000 Mark mehr!“ Auch der Bauunternehmer und einstige Präsident Heinz Roloff kannte seinen Stellenwert. Als er einmal bei einem Spiel in der Osloer Straße ein paar Schritte zu weit auf dem Rasen stand, verwarnte ihn der Schiedsrichter. Roloff blaffte zurück: „Bei dem Geld, dass ich in den Klub gesteckt habe, kann ich stehen, wo ich will!“
Dominant agierte einst auch Hertha-Aufsichtsratschef Robert Schwan, der ehemalige Manager von Franz Beckenbauer. Das Credo des gewitzten Netzwerkers lautete: „Ich kenne nur zwei vernünftige Menschen - Robert Schwan am Vormittag und Robert Schwan am Nachmittag!“
Auch Peter Görlich wird bei Hertha BSC nur am Erfolg gemessen
Auch Dieter Hoeneß als Vorsitzender der Geschäftsführung, der langjährige Präsident Werner Gegenbauer, Dauer-Manager Michael Preetz und dem ehemaligen Sportchef Fredi Bobic waren mächtige Meinungsmacher, die den Kurs des Klubs bestimmten.