Hertha BSC hat in Krisenzeiten ein riesiges Glück. Die Fans stehen zu ihrem Team. Über eine Millionen Zuschauer kamen (exakt 1.014381) im Jahr 2024 ins Olympiastadion. Nur 1999 als die Blau-Weißen in die Champions League stürmten, waren es 169.494 mehr. Doch das 1:2 gegen Aufsteiger Preußen Münster brachte jetzt alles zum Kippen. Die Ultras in der Ostkurve drohen jetzt mit Stimmungsboykott. Es sind harte Ansagen für die Spieler!
Abpfiff des Desasters im Olympiastadion am Freitagabend. Die Profis, die gerade das fünfte von acht Heimspielen in der Hinrunde verloren hatten (blau-weißer Gruselrekord in der Zweiten-Liga) gingen mit gesenkten Köpfen in die Ostkurve – wie immer! Doch es gab keinen aufmunternden Applaus mehr, sondern Schweigen der Fans.
Dann griff sich Capo „Kreisel“ der Vorsänger der Ultras, das Mikrofon und hielt eine mahnende Ansprache. „Dieselbe Nummer heute, und keiner versteht, warum. Ihr habt den besseren Kader als Preußen Münster. Die waren vor zwei Jahren in der 4. Liga. Wir versuchen hier immer alle die Gemeinschaft zu pflegen, aber ihr seid ein Teil davon und ihr könnt nicht jederzeit hier schwer rausgehen und einfach nicht funktionieren. Wie sollen wir das noch akzeptieren?“, fragt er im ruhigen Ton die Profis.
Ultra-Capo: „Wie sollen wir das noch akzeptieren?“

Die hören sich es schweigend an, denn sie wissen, was sie verbockt haben. Nicht nur gegen Münster, auch schon zuvor in den anderen Partien in der Betonschüssel. Capo Kreisel, war ein guter Freund des im Januar verstorbenen jungen Präsidenten Kay Bernstein (43). Selbstredend geht er den Weg der Vereinsbosse mit. Die Ultras haben eine geheime Hausmacht bei Hertha. Doch das kollektive Versagen auf dem Rasen ist jetzt auch für die Hardcore-Fans genug.
Ultra-Ansage an die Hertha-Profis im Video
Kreisel weiter: „Es ist jetzt das letzte Heimspiel des Jahres gewesen. Wir fahren jetzt nach Hannover. Mal gucken, wer noch mitkommt. Wir hatten die Vorstellung, da einen Rekord zu brechen, was die Auswärtsfans angeht. Mal gucken, ob das noch funktioniert.“ Ja, selbst die Treuesten der Treuen diskutieren jetzt, ob sie überhaupt noch das Team bei der Hammerpartie in Hannover unterstützen sollen.
Die Stimmung der Fans ist gekippt, es gab nach der Münster-Blamage lautstarke Pfiffe auch von den anderen Rängen – gegen die Mannschaft und gegen Trainer Cristian Fiel. Kreisel ging die Profis hart an: „Zum ersten Mal sind wir nicht für die schlechte Stimmung verantwortlich, sondern das seid ihr. Und ihr habt es jetzt alleine in der Hand. Es gab keinen Sieg. Ihr geht jetzt nach Hause und überlegt, wie ihr es besser machen könnt. Wir haben die Schnauze voll. Tschüss!“
Capo „Kreisel“: Vor 15 Monaten redete er noch anders
Vor 15 Monaten klang der Capo noch ganz anders. Nach dem 4:6 in Magdeburg Anfang September 2023 munterte er die Spieler im Innenraum des Magdeburger Stadions nach der Niederlage auf: „Guckt uns an. Hier sind 3000 Leute, neulich in Hamburg 7000. Wir haben alle Bock auf euch. Ihr seid die Mannschaft. Reißt euch zusammen. Wir mögen diese Mannschaft. Denkt dran: Wir sind da. Vertraut euch, glaubt an euch, immer weiter.“
Jetzt stellt sich die Frage, wie lange die Ultras noch für diese Mannschaft da sind. Verschuldet haben es die Spieler selbst. ■