Dass als „Hochsicherheitsspiel“ eingestufte Duell zwischen Hertha BSC und Dynamo Dresden ist schon wieder Geschichte und die Blau-Weißen gewannen - um im Bilde zu bleiben – mit enormer Sicherheit in der Defensive und Effizienz souverän mit 2:0. Eigentlich sind die beiden Fanlager nicht verfeindet, empfinden sich eher als Rivalen, die Feuer und Flamme für ihre vor allem einst erfolgreichen Vereine sind. Für die gewaltige Fanszene der Dresdner sind die Anhänger des 1. FC Magdeburg oder von Hansa Rostock „rote Tücher“.
Deftige verbale Sticheleien gab es natürlich dennoch vor dem sogenannten „Ost-Derby“ (rein geografisch gesehen), in dem ein etablierter Westverein auf einen prominenten Ost-Verein trifft. „Hertha, du alte Hure: Rück mehr Karten raus, sonst fallen wir mit der Tür ins Haus!“ Diesen üblen Spruch hatten Dynamo-Fans auf dem Hertha-Gelände an eine Wand geschmiert. Herthas Ostkurve reagierte vor knapp 71.000 Zuschauern während des Spiels mit wunderbarer Ironie und entrollte ein riesiges Banner: „Ob Karten, Levi’s , Westfernsehen oder doch die DDR zurück: Irgendwas wollt ihr immer!“ So wurde auf das sogenannte „Tal der Ahnungslosen“ angespielt, weil vor dem Fall der Mauer im Raum Dresden im Elbtal wegen der geografischen Lage der Empfang von Westsendern schwer möglich war.
Elf Dresden-Profis flüchten nach Westberlin
Die „Dynamos“, die das Olympiastadion stets überfluten, wollen der Hauptstadt beweisen, dass Dresden im Fußball eine genauso große Bedeutung besitzt wie Berlin. Das hat durchaus seine Berechtigung, denn der berühmte Dresdner SC holte 1943 und 1944 die Deutsche Meisterschaft. Die SG Dynamo wiederum gewann achtmal den Meistertitel in der DDR-Oberliga. Es gibt einige sogar geschichtsträchtige Ereignisse, die Hertha mit dem Dresdner Fußball stark verbindet. Sie liegen meist weit zurück und dabei mischte die Politik kräftig mit.

Alles begann bereits 1950. Die SG Dresden-Friedrichstadt – Nachfolger des Dresdner SC - galt in der DDR als bürgerlich und wurde deshalb argwöhnisch beobachtet. Als die spielstarke Mannschaft beim Kampf um den ersten Meistertitel der neu gegründeten Oberliga heftig benachteiligt wurde, flüchteten elf Spieler nach Westberlin, angeführt vom gebürtigen Dresdner Helmut Schön, dem späteren Bundestrainer und Weltmeistercoach von 1974. Sie schlossen sich der Hertha an und es begann eine Sächsisch-Berliner Symbiose. Doch die hielt nur eine Saison. Neid kam auf, weil die Sachsen im Team in der Übermacht waren.
Fan-Annäherung zwischen Hertha und Dresden?
Fast 30 Jahre später schrieben Hertha und Dynamo sport-politische Geschichte. In zwei sogenannten „Kalenderspielen“ trafen beide Teams zum ersten Mal überhaupt aufeinander. Nach dem Mauerbau 1961 gab es kaum noch sportliche Kontakte zwischen Ost und West. Hertha hatte sich später in den 1970er-Jahren um eine deutsch-deutsch Begegnung bemüht. Lange ohne Erfolg. Erst am 26. April 1978 war es soweit, nachdem schwierige Protokollfragen geklärt waren. Der DDR-Meister Dynamo Dresden empfing die Hertha. Der Begriff „Freundschaftsspiel“ war von den DDR-Offiziellen verboten worden. „Internationaler Fußballvergleich“ stand auf den Tickets. 40.000 Zuschauer waren im Dynamo-Stadion dabei, darunter 380 Hertha-Fans, die mit einem Sonderzug angereist waren. Hertha spielte u.a. mit Norbert Nigbur im Tor, mit Michael Sziedat, Erich Beer und Karl-Heinz Granitza. Für Dynamo liefen etwa die DDR-Nationalspieler „Dixie“ Dörner, Reinhard Häfner und Hartmut Schade auf. Nach 24:2 Eckbällen (!) siegte Dresden durch ein Tor von Frank Richter 1:0. Nach dem Spiel drängten sich die Zuschauer am Berliner Mannschaftsbus, wo Erich Beer und Co. kleine „Berliner Bären“ aus Stoff als Souvenirs verteilten. Das Rückspiel am 8. Mai 1979 – erneut siegte Dynamo mit 1:0 durch einen Treffer von Dieter Riedel – lockte nur 8.582 Zuschauer ins Olympiastadion.




