Die Spannung steigt bei Hertha BSC. Freitag (18.30 Uhr) ist für die blau-weißen Profis ein Heimsieg gegen Eintracht Braunschweig Pflicht, um noch irgendwie an Aufstieg denken zu können. Hinter den Kulissen gab es Mittwochabend schon einen Heimsieg für Interims-Boss Fabian Drescher (41). Er gewann den Präsidenten-Contest gegen vier andere Kandidaten. Am 17. November will er sich nach dem Tod von Kay Bernstein (43) zum neuen Präsidenten wählen lassen.
Der Klub hatte ins Cineplex in Neukölln geladen, damit sich alle 27 Kandidaten für das neue Präsidium vorstellen können und die Mitglieder im Vorfeld sich ein genaues Bild machen können. Drescher führt seit dem schockierendem Tod Bernsteins als kommissarischer Boss den Verein. Er trat dabei in kein Fettnäpfchen und bekam schon bei der Mitgliederversammlung im Mai Applaus, weil er mit seiner sachlichen und zurückhaltenden Art den Hertha-Dampfer trotz turbulenter Zeiten auf Kurs hält.
Der ruhige Rechtsanwalt gestand da offen, dass er persönlich, wegen des Todes seines Freundes Bernstein zu kämpfen hatte. Drescher ist nicht die schillernde Gallionsfigur wie Bernstein und dazu steht er auch: „Jeder Mensch ist anders, ich habe meinen eigenen Stil.“
Drescher geht aufs Ganze: Boss oder raus!
Mittwoch präsentiert er sich dann kämpferisch bei seiner Vorstellungsrede: Zusammenhalt und weiter Sparkurs. Drescher: „Ich stehe für Ruhe, Kontinuität und Stabilität.” Damit traf er die blau-weiße Gefühlslage der Mitglieder. Die Fans wollen keine weiteren Chaosjahre. Drescher ging persönlich aufs Ganze: Er zog seine parallele Kandidatur als einfaches Präsidiumsmitglied zurück. Boss oder raus! Cleverer Schachzug.
Und die anderen vier Kandidaten? Gleich zu Beginn der Veranstaltung hatte Aufsichtsratsboss Dr. Torsten-Jörn Klein (60) einen höflichen Rüffel verteilt. Er wies daraufhin, dass sich einige nicht an eine Abmachung gehalten haben und den Wahlkampf nicht intern gehalten haben, sondern Zeitungsinterviews gegeben haben. Dieses trifft auf Autohaus-Besitzer Uwe Dinnebier (61), Ex-Hertha-Profi Wolfgang Sidka (70) und Schuhverkäufer Stepan Timoshin (23) zu. Außer Drescher hatte sich nur Außenseiter Olaf Brandt (56), ein Imbissbesitzer daran gehalten.
Ein Hertha-Mitglied knallhart: „Vier haben sich selbst disqualifiziert“

Sidka wirkte bei seiner Rede verunsichert, Dinnebier etwas patzig und Timoshin zu forsch. Der Sneaker-Millionär, der an Lungenkrebs erkrankt ist, kündigte vollmundig an, dass er genug Leute zusammen hat, die 40 Millionen bezahlen würden, wenn nächstes Jahr die Hertha-Anleihe (Nordic Bond) zurückgezahlt werden muss. Klingt verlockend, aber es gab schon so viele leere Versprechungen. Es gab sogar Gelächter im Saal…
Ein Hertha-Mitglied sagte nach der Veranstaltung zum KURIER: „Nach meiner Meinung hat Drescher überzeugt, alle anderen vier Kandidaten haben sich selbst disqualifiziert.“ Ein hartes Urteil!
Es bleibt dabei. Drescher ist Favorit, die Stimmung könnte nur noch in den nächsten vier Wochen kippen, wenn es eine sportliche Talfahrt geben sollte. Vier Spiele stehen bis zur Präsidentenwahl an – Freitag gegen Braunschweig, dann in Karlsruhe, am 2. November gegen Köln, eine Woche später in Darmstadt. Die Mannschaft von Trainer Cristian Fiel muss trotz vieler Verletzungssorgen Anschluss an die Topteams der Zweiten Liga halten. Siege sind die entscheidende Argumente für das jetzige Präsidium. ■