Die Palette von Berufen und Tätigkeiten der ehemaligen Hertha-Präsidenten ist äußerst vielfältig: Schleifmittel-Fabrikant, Brauerei-Direktor, Großgastronom, Chef der Deutschlandhalle, Bauunternehmer, Rechtsanwalt, Mercedes-Manager, Medienmanager, Unternehmer in der Gebäudereinigungs- und Facilitymanagement-Branche, Event-Manager und ehemaliger Ultra in der Ostkurve…
Wolfgang Sidka will Präsident von Hertha BSC werden
Ein früher erfolgreicher Fußball-Profi, noch dazu einst im Blau-Weißen Trikot, war in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht darunter. Doch um historisch exakt zu bleiben: zwei Episoden gab es dennoch in grauen Vorzeiten, die ich nicht unterschlagen will. Vom August 1946 bis Januar 1947 amtierte mit Fredy Stahr ein ehemaliger Hertha-Spieler aus der Meisterelf von 1931 als Kurzzeit-Präsident. Und von Februar bis Juni 1965 wurde Vereins-Idol Hanne Sobek, Kapitän der Meistermannschaften von 1930 und 1931, als Notvorstand eingesetzt, als Hertha wegen Zahlung überhöhter Gehälter und Handgelder zum Zwangsabstieg verurteilt worden war.
Nun hat mit Wolfgang Sidka (70) zum ersten Mal ein einst populärer und erfolgreicher Hertha-Profi und späterer Nationaltrainer (Bahrain, Irak) mit illustrer Vita seinen Hut in den Ring geworfen und seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten angemeldet. Er muss sich am 17. November im CityCube mit vier weiteren Bewerbern auseinandersetzen. Das sind der kommissarische Präsident Fabian Drescher (41/Rechtsanwalt), Auto-Großhändler Uwe Dinnebier (61), Gastronom Olaf Brandt (56) und Jung-Unternehmer Stepan Timoschin (23).
Wolfgang Sidka hat nicht nur bei Hertha BSC alles erlebt
Warum sollte ausgerechnet ein Ex-Profi mit langer Hertha-Vergangenheit (184 Bundesligaspiele zwischen 1971 und 1980) als Präsident die beste Lösung sein?

Ich habe Wolfgang Sidka diese Frage gestellt. Seine Antwort in Kurzfassung: „Weil ich im Fußball so ziemlich alles erlebt habe!“ Das trifft den Kern. Sidka spielte auf der Sechser-und Achterposition, wurde 1975 Vizemeister mit den Berlinern unter Trainer Georg Kessler, stieg 1980 mit Hertha dramatisch ab (wegen eines um zwei Treffer schlechteren Torverhältnisses gegenüber Bayer Uerdingen), spielte für 1860 München und lange für Werder Bremen, war u.a. Chefcoach beim SV Werder und lernte andere Kulturen im Nahen Osten als Nationaltrainer kennen.
Wolfgang Sidka will nur die Besten bei Hertha BSC
Die Idee für seine Kandidatur kam ihm nach seiner erfolgreichen Zeit als Präsident beim VfB Oldenburg (2021 bis 2023). Er habe sehr lange überlegt, sagt Sidka, sei aber immer wieder von Vereins-Mitgliedern und auch ehemaligen Mitspielern ermuntert worden, Verantwortung zu übernehmen. Bei früheren Hertha-Präsidenten wie Heinz Warneke und Wolfgang Holst habe ihm immer „die Leidenschaft für den Verein“ imponiert, die auch er verspürt. Sollte er gewählt werden, werde er als Teamplayer auftreten – „so wie einst als Profi.“ Sein ehemaliger Mitspieler Detlev Szymanek (70) bestätigte mir das: „Ja, das trifft zu. Wolfgang war ein fast kompletter Spieler und immer mannschaftsdienlich.“
Sidkas Devise: „Bei Hertha sollen auf jedem Gebiet die Besten agieren, ob als Spieler, Trainer oder Funktionär.“ Er wolle mit seiner Expertise auch ein zusätzlicher Ansprechpartner für die sportlich Verantwortlichen sein.
Wolfgang Sidka will mit Hertha BSC in die Bundesliga
Nun gab es in der Bundesliga bereits einige prominente Beispiele, wo herausragende Profis und Persönlichkeiten später als Präsident agierten. So Franz Beckenbauer fast 15 Jahre (!) beim FC Bayern, später auch Uli Hoeneß. Probleme bekam Wolfgang Overath als Präsident des 1. FC Köln (2004-2011), der sieben Trainer verschliss und nach wechselnden sportlichen Erfolgen und vielen Widerständen seinen Rücktritt erklärte. Auch Ikone Uwe Seeler wurde als Präsident des Hamburger SV (1995-1998) nicht glücklich und zog sich nach Vorstandsquerelen zurück. Zu neuem Glanz verhalfen beide Idole ihren Vereinen nicht.



