Heute sind Kreuzfahrten ein echter Reise-Trend – doch auch zu DDR-Zeiten hatten einige Urlauber das Glück, schon in See stechen zu dürfen. Und zwar mit dem beliebten Urlauberschiff „MS Völkerfreundschaft“. Von der Hansestadt Rostock aus ging es auf große Reise – und an Bord erwartete die Passagiere viel Seeluft, Unterhaltung und – natürlich – gutes Essen. Noch heute schlummern Speisekarten vom Traumschiff der DDR in den Archiven. Wir blicken hinein und verraten, was auf der „MS Völkerfreundschaft“ auf den Tisch kam!
Auf zum Meer: Die „MS Völkerfreundschaft“ war DAS Urlauber-Schiff der DDR
Doch zunächst ein wenig maritime Geschichte: Das DDR-Urlauberschiff „MS Völkerfreundschaft“ begab sich ab 1960 auf große Reise, war damals eines von zwei Kreuzfahrtschiffen der DDR. Es stach gemeinsam mit dem Kreuzfahrtschiff „Fritz Heckert“ in See, im Gegensatz zur „MS Völkerfreundschaft“ ein Neubau. Später gehörte auch die „MS Arkona“ zur Flotte.

Die „MS Völkerfreundschaft“ blickte zum Zeitpunkt der Jungfernfahrt als Urlauberschiff allerdings schon auf eine bewegte Geschichte zurück: Vor der Übernahme durch die DDR war das Schiff unter dem Namen „Stockholm“ unter schwedischer Flagge unterwegs, kollidierte in einer Nebelbank mit der „Andrea Doria“. Die Folge: 51 Menschen starben bei dem Unglück, als das italienische Schiff sank. Das Schiff landete danach zuerst in New York, später kaufte die DDR es für 20 Millionen Kronen. Die Reederei schickte das Schiff dann am 24. Februar 1960 erstmals auf See.
Die Fahrgäste erwartete viel Luxus: Es gab mehrere Schwimmbäder (außen und innen), einen Friseur, ein Veranda-Café mit einer großen Tanzfläche und einen Kinosaal, in den 180 Gäste passten. Hier wurden die neusten Filme der DEFA gezeigt. Außerdem gab es jede Menge Sport-Angebote, unter anderem ein Volleyballfeld auf dem Oberdeck. Und natürlich die entsprechende kulinarische Versorgung! Aber: Was kam auf der „MS Völkerfreundschaft“ auf den Tisch? Daran dürften sich nur noch die wenigsten erinnern. Zum Glück sind aber Speisekarten des DDR-Kreuzfahrtschiffes erhalten, schlummern unter anderem im Depot des Berliner DDR Museum.
Im Depot des DDR Museum Berlin lagern noch heute Speisekarten von der MS Völkerfreundschaft
Das Museum betreibt eine Ausstellung in der Karl-Liebknecht-Straße (Infos zu Museum und Veranstaltungen gibt es im Netz unter www.ddr-museum.de) – und zusätzlich ein riesiges Depot, in dem mehr als 300.000 einzelne Objekte aus Honeckers Zeiten schlummern. Darunter auch massenhaft Dokumente – wie Speisekarten! Ein Beispiel gefällig? Im Fundus befindet sich eine Getränkekarte, auf der auch kleine Häppchen verzeichnet sind, die man auf dem Kreuzfahrtschiff der DDR verzehren konnte. Und: Die Urlauber ließen es sich gut gehen! Eine Schildkrötensuppe gab es für 1,80 Mark, eine Käseplatte mit Butter und Brot für 1,90 Mark und eine Portion „Strammer Max“ für 1,55 Mark. Teurer war das überbackene Ragout fin mit Toastbrot, ein echter Klassiker der DDR-Küche: Das Fleischgericht ist in der Speisekarte mit 2,95 Mark ausgepreist.

Doch es geht noch edler! Sechs überbackene Weinbergschnecken kostete auf der „MS Völkerfreundschaft“ 3,10 Mark, ein schwedisches Bauernfrühstück „Pytt i Panna“ 2,75 Mark und ein Schaschlik mit Brot 2,55 Mark. Ein Filetsteak mit Spargel auf Toast gab es für 5,60 – und das teuerste Gericht auf der Karte für „Kleine Spezialitäten“ war der Lachskaviar: 140 Gramm auf Eis mit Zwiebeln, Zitrone und Toast schlugen mit 8,50 Mark zu Buche. In der zugehörigen Getränke- und Eiskarte gab es außerdem eine Eisschokolade für 1,60 Mark, die Eisbecher „Cocktail“, „Carmen“ und „Havanna“ für 2,65 Mark, 2,70 Mark und 3,10 Mark und eine Portion Schlagsahne für 1,20 Mark.
Im Netz sind mehrere Speisekarten von der „MS Völkerfreundschaft“ aus der DDR zu finden
Doch diese Karte ist nicht die einzige, die erhalten ist – auch Tageskarten wurden gesichert! Auf diesen wurde jeden Tag festgehalten, was es zu den unterschiedlichen Tageszeiten auf der „MS Völkerfreundschaft“ gab. Beispiel gefällig? Am Mittwoch, dem 25. September 1974, wurden zum Frühstück Rühreier mit Cocktailwürstchen und Milchsuppe mit Cornflakes serviert. Zum Mittagessen gab es dann unter anderem gedünstete Heilbuttröllchen mit Champignonsoße, Butterreis und Salat oder Kasselerbraten „Bordelaise“ mit Zuckerschoten und Salzkartoffeln. Außerdem standen gefüllte Paprikaschoten auf dem Programm – und Stachelbeerkompott zum Nachtisch.
Solche Tageskarten findet man auch an anderen Stellen im Netz. Auf der Facebook-Seite „DDR Urlauberschiffe“ wird ebenfalls ein Exemplar präsentiert. Demnach gab es am 16. Juni 1982 zum Mittagessen Krautroulade mit Salzkartoffeln und Salat, Schweinskotelett mit Zuckerschoten und Röstkartoffeln und Paprikahähnchen mit Butterreis und Salat. Wer auf ärztlichen Rat Schonkost einnehmen musste, fand auf dem Menü gedünstete Hühnerbrust in Weißweinsoße und mit Risotto und für alle Naschkatzen wartete Pflaumenkompott.
Für den nächsten Tag konnte man da übrigens bereits gekochten Dorsch, Kasselerkotelett und Hühnerfrikassee vorbestellen. Die Passagiere auf der MS Völkerfreundschaft ließen sich also verwöhnen – nach diesem Menü aber nicht mehr lange: Im Jahr 1985 verkaufte die DDR die Völkerfreundschaft an die Reederei Neptunus Rex Enterprise, dort wurde es auf den Namen Volker getauft, landete erst in Norwegen und später in Southhampton. Das Schiff reiste später noch als Kreuzfahrtschiff über die Weltmeere. Anfang 2023 wurde durch verschiedene Medien darüber berichtet, dass das Schiff verkauft worden sei und verschrottet werden solle. ■