Woran denken Sie, wenn Sie sich an die Mode in der DDR erinnern? Sicherlich kommen vielen vor allem die eher ungewöhnlichen Stoffe in den Sinn. Denn nicht nur Bananen und Kaffee waren zu Honeckers Zeiten Mangelware – auch Baumwolle war schwer zu bekommen. Doch die DDR war erfinderisch, entwickelte nicht nur Dederon, den Stoff, aus dem die Kittelschürzen waren – sondern auch Malimo, „Präsent 20“ und Vliesett. Das ZDF widmet sich in einer Doku jetzt den DDR-Erfindungen. Erinnern Sie sich noch an die Stoffe – und das Gefühl auf der Haut?
Dederon aus der DDR: Der Stoff, aus dem die Schürzen sind
Zu den wohl berühmtesten Erfindungen gehört wohl noch immer Dederon – ein Stoff, der sich in Form der knallbunten Kittelschürzen in vielen Haushalten in der DDR fand und auch heute noch findet. Und die DDR steckte beim Dederon schon im Namen! Die Chemiefaser sollte der Gegenpol des Ostens zum bekannten Perlon sein – wo man im Westen die berühmten Nylonstrümpfe trug, streifte man sich im Osten die Dederon-Kittelschürze über. Aber nicht nur dort fand der Stoff Verwendung: Dederon bildete auch die Grundlage für Einkaufsbeutel in der DDR.
Doch die Chemiefaser war längst nicht die einzige Erfindung, die die Mode der DDR beeinflussen sollte. In der Doku „DDR genial“ nimmt sich das ZDF am Dienstag (20.15 Uhr) auch andere Stoffe vor, die auf den Markt kamen, teilweise großen, teilweise nur mäßigen Erfolg hatten. Kennen Sie beispielsweise noch „Präsent 20“ und Vliesett – und können Sie sich noch an Malimo erinnern?
Kennen Sie noch Malimo? Der DDR-Stoff stammt aus Limbach-Oberfrohna
Letzteres war der Markenname eines Textilstoffes, der in Limbach-Oberfrohna das Licht der Welt erblickte. Der Erfinder war ein Mann namens Heinrich Mauersberger, dem die zündende Idee im eigenen Wohnzimmer kam. „Eines schönen Tages habe ich beobachtet, wie meine Frau an einer zerschlissenen Tischdecke den noch vorhandenen Kettfaden mit einer Nähmaschine übernäht und verfestigt hat“, sagte er 1977 in einem Interview. „Da fiel mit einigem Getöse der Groschen.“

Mauersbergers Idee: „Man muss die Produktivität der Nähmaschine auf die Stoffherstellung übertragen.“ Er wollte eine Nähmaschine nutzen, um einen stabilen Stoff zu weben – denn das sollte um ein Vielfaches schneller gehen als mit allen Webmaschinen auf dem Markt. Am 3. Februar 1949 bekam Mauersberger dafür das Patent zugesprochen, außerdem 5000 Mark und das Honorar für einen Mitarbeiter, der er selbst war. Er baute die erste Malimo-Maschine, in der die Fäden mit etlichen Nadeln übersteppt werden, damit ein stabiles Gewebe entsteht.

Malimo wurde zum Hit in der DDR, aber floppte in der Mode
Mauersberger arbeitete dafür Tage und Nächte durch, schlief sogar bei seiner Maschine, berichtete er. Nur am 1. Mai unterbrach er die Arbeit, um an den Demos teilzunehmen. „Das war eine sehr harte Zeit – und entscheidend für die Durchsetzung dieser Idee“, verriet er. Die Mühe wurde belohnt: Malimo feierte seinen Siegeszug, wurde zum Alleskönner unter den Stoffen in der DDR. Vor allem für Gebrauchstextilien wie Geschirrtücher eignete sich der Stoff. In der Mode fand er aber weniger Anklang, war für viele modische Schnitte nur bedingt zu gebrauchen. Dafür wurden Malimo-Maschinen in etliche Länder verkauft – und auch heute kommt die Technologie noch zum Einsatz, unter anderem in der Raumfahrt.

Ein anderer Stoff, der zum Mode-Hit werden sollte, aber scheiterte, war „Präsent 20“. Das Textil wurde zum 20. Jahrestag der DDR vorgestellt, war bekannt als knitterfrei und pflegeleicht. Allerdings hatte die Kleidung der Reihe „Präsent 20“ auch entscheidende Nachteile: Weil sie zu 100 Prozent aus Polyester bestand, lud sie sich elektrostatisch auf. Wer die Kleidung trug, bekam also regelmäßig Schläge. Außerdem schwitze man darin sehr schnell. Zu den Geheimnissen von „Präsent 20“ gehörte außerdem, dass die Strickmaschinen für die Herstellung gar nicht aus der DDR kamen, sondern aus der BRD importiert wurden. Die Verbraucher mochten den Stoff trotz Bemühungen der DDR-Führung überhaupt nicht.
Und auch Vliesett wurde zum Flop: Es handelte sich um einen Vliesstoff, der mit Bindemitteln verfestigt wurde, sich anfühlte wie Papier – bunte Kleider, die daraus hergestellt wurden, wurden auch als „Papierkleider“ bezeichnet. Das Material wurde sogar damit beworben, dass man es mit Klebeband reparieren konnte. Dafür machte es in der Waschmaschine eine schlechte Figur: Kleidung aus Vliesett war nach fünfmaligem Waschen dahin. Der Stoff verschwand deshalb recht zügig wieder vom Markt.