Im Gespräch

Katarina Witt über DDR: „Man hat mich zu meinem Glück gezwungen“

Der Ex-Eiskunstlaufstar sprach im Interview darüber, wie die DDR eine Beziehung für sie beendete. Dennoch ist sie dem SED-Staat dankbar. 

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Katarina Witt sprach in einem Interview unter anderem über ihre DDR-Vergangenheit.
Katarina Witt sprach in einem Interview unter anderem über ihre DDR-Vergangenheit.Stefan Schmidbauer/Imago

Katarina Witt war einer der Superstars der DDR. Die zweimalige Olympiasiegerin hatte viele Freiheiten, durfte zu Sportwettbewerben in den Westen fahren, wurde mit Ehrungen überhäuft. Doch die Privilegien hatten auch ihren Preis. Unter anderem zerstörte das SED-Regime eine Beziehung von Katarina Witt. Doch die frühere Eiskunstläuferin schaut dennoch milde auf die DDR-Zeit zurück.

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Bezahlschranke) sprach Witt diese Woche über ihre DDR-Vergangenheit, wie es für sie nach der Wende weiterging und für welche Politikerin sie Sympathien hat.

Katarina Witt spricht über DDR-Vergangenheit – Weltmeisterschaft statt Liebeskummer

Auch über ihre Trainerin Jutta Müller, die im vergangenen November gestorben war, sprach Witt. Wie in einem Spielfilm zu sehen ist, der gerade im ZDF lief, habe Müller eine von Witts Beziehungen zerstört. „Als ich verliebt war, sprang ich wohl lieber mal ins Bett, statt einen Dreifachsprung.“ Die Beziehung habe Witt Müllers Assistenztrainerin anvertraut. Die Folge: Ihr Freund wurde zum Wehrdienst ans andere Ende der DDR geschickt. Das bedeutete das Aus für ihre Beziehung.

Doch statt in Liebeskummer zu versinken, weckte es Witts Ehrgeiz. „Diese Wut hat wiederum extreme Kräfte bei mir freigesetzt, weil ich dachte, euch zeig ich’s.“ Witt wurde erneut Weltmeisterin und resümiert heute: „Man hat mich zu meinem Glück gezwungen.“ 

Katarina Witt mit ihrer Trainerin Jutta Müller im Jahr 1993.
Katarina Witt mit ihrer Trainerin Jutta Müller im Jahr 1993.Camera 4/Imago

Jutta Müller auf eigene Kosten für Olympia engagiert

Am im DDR-Sport weitverbreiteten Staatsdoping habe sie hingegen nicht teilgenommen. „In der Zeit, in der ich gelaufen bin, gab es vor allem Anabolika und Wachstumshormone, die nur Sinn ergaben bei einem vergleichsweise einfachen Bewegungsablauf wie Rennen oder Stoßen“, sagte sie. Eiskunstlaufen hingegen erfordere Grazie.

Nach der Wende engagierte Witt Jutta Müller dennoch – und sogar auf eigene Kosten. Sie wollte sich für die Olympischen Spiele in Lillehammer 1994 vorbereiten, an denen sie erstmals mit einer gesamtdeutschen Mannschaft teilnahm.

Auch über einen Eislauf-Kollegen, der sie damals bespitzelte, sprach Katarina Witt. Man habe sich ausgesprochen. Sie habe heute ein normales Verhältnis zu ihm. „Er hat mich nicht diffamiert, sondern einfach ein paar Sachen aufgeschrieben, damit er sein Studium machen konnte“, so Witt über den früheren DDR-Eiskunstlaufstar. Sie habe das verstanden. 

Witt enttäuscht wegen Ausschluss von Putin-Sportlern

Befremden tue sie hingegen, dass selbst Olympia die Menschen heute nicht mehr vereine. „Die Jugend der ganzen Welt kommt zusammen und feiert friedliche Spiele“, so Witt. „Deswegen finde ich es schade, dass es nun nicht einmal mehr der Sport schafft, über Kriegsgrenzen hinweg ­wenigstens den sportlichen Dialog fortzusetzen.“

Auf den zweifachen russischen Olympiasieger Jewgenij Pljuschtschenko angesprochen, der inzwischen Propaganda für den russischen Krieg gegen die Ukraine macht, will Witt dennoch den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. „Ich habe Angst, dass wir gar nicht mehr miteinander reden und dass überall nur noch Brandmauern statt Brücken gebaut werden.“ Sie wisse aus eigener Erfahrung, dass solch ein Verhalten zu Trotzreaktionen führen könne.

Sahra Wagenknecht bei Demo in Berlin. Katarina Witt hält sie für eine „kluge Frau“.
Sahra Wagenknecht bei Demo in Berlin. Katarina Witt hält sie für eine „kluge Frau“.Metodi Popow/Imago

Nicht mutig genug für Demos gegen DDR-Regime, Zuneigung für Wagenknecht

Doch Trotz gegen die DDR entwickelte Witt hingegen selbst 1989 nicht. Zu den Demos gegen die SED-Diktatur zu gehen, sei sie nicht mutig genug gewesen. „Ich hab das gesehen und gedacht, das ist richtig, vielleicht gibt es dadurch ja eine Veränderung“, so Witt. „Aber ich hatte natürlich ­kei­nen Grund, so wütend zu sein wie die De­monstranten, denn ich durfte ja meine Träume leben.“ Auch habe sie um die Fertigstellung ihres Filmes„ Carmen on Ice“ gebangt, für den sie bei der DDR-Führung gekämpft habe. 

Mit dem Leben in Gesamtdeutschland fremdelt Witt hingegen. „Heute haben wir die Situation, dass mancherorts weder Bus noch Bahn fährt, Sparkassen ihre Filialen in kleinen Orten schließen und für ältere Menschen alles noch beschwerlicher wird“, so Witt. Alles sei komplizierter und undurchsichtiger geworden. Besonders habe man das in der Pandemie gesehen. Sie habe daher damals Kritik an der Coronapolitik geäußert – wie auch Sahra Wagenknecht. Die hält Katarina Witt für eine „kluge Frau“. Sie habe in vielen Dingen recht gehabt. ■