„Teil meiner Lebensgeschichte“

ZDF-Film zeigt: So kämpfte sich Eis-Star Kati Witt auch ohne DDR zu Olympia

Bei den Spielen in Lillehammer 1994 will Katarina Witt es noch einmal wissen. Trainerin Jutta Müller begleitet sie. Der TV-Film „Kati – eine Kür, die bleibt“ zeigt den harten Kampf zweier DDR-Sportlegenden. 

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Kati Witt bei ihrer Kür bei den Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer: Den schweren Kampf dorthin zeigt nun ein ZDF-Spielfilm.
Kati Witt bei ihrer Kür bei den Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer: Den schweren Kampf dorthin zeigt nun ein ZDF-Spielfilm.NTB/imago

Sie ist 29, will es noch einmal wissen: DDR-Eisstar Katarina Witt, die bei den Olympischen Winterspielen 1984 und 1988 die Goldmedaille im Eiskunstlauf holte. Noch einmal antreten, ein Comeback wagen: Jetzt ist der Spielfilm des ZDF über die Ausnahmeathletin fertig, der zeigt, wie sich Kati Witt auch ohne DDR zurückkämpfte, um nun für das wiedervereinte Deutschland bei den Olympischen Spielen 1994 anzutreten. Es wird der härteste Kampf ihres Lebens – nicht nur sportlich. Was damals passierte, „ist ein Teil meiner Lebensgeschichte“, sagt heute der Eis-Star (58).

Das Leben von Kati Witt bietet genug Stoff für Filme. Schon Hollywood versuchte sich daran vor über zehn Jahren, fünf Studios kämpften um die Rechte. Doch am Ende geschah nichts.

Nun hat es das ZDF geschafft. „Kati – eine Kür, die bleibt“ heißt der Film, den das Zweite ab Ende September in die Mediathek stellt und ihm am 3. Oktober (20.15 Uhr) im normalen TV-Programm zeigt. Der Sendetermin, ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit, wurde aus einem guten Grund gewählt: Denn in dem Film geht es nicht nur um das sportliche Comeback der erfolgreichsten Eiskunstläuferin der Welt, den sie mit ihrer Trainerin Jutta Müller wagt.

ZDF-Film über Kati Witt: Comeback einer DDR-Sportlegende im vereinten Deutschland

„Erzählt wird die Geschichte zweier starker Frauen aus unterschiedlichen Generationen, die mit dem Ende der DDR ihre Identität verloren haben und gezwungen sind, sich neu zu positionieren“, bewirbt das ZDF den Film. Witt und ihre Trainerin Jutta Müller sollen damit quasi stellvertretend für die vielen Ostdeutschen stehen, die mit dem Verschwinden der DDR und dem Einleben in ein vereintes Deutschland ihre großen Probleme hatten und manche noch immer haben.

So beginnt der Film auch gleich mit der Schattenseite der Deutschen Einheit. Es ist 1993, das Jahr vor den Olympischen Spielen, als Kati Witt (im Film gespielt von Lavinia Nowak, „Soko München“) in Chemnitz ihre Eltern besucht. Sie erfährt, dass auch ihr Vater seine Arbeit verloren hat – wie so viele Ostdeutsche damals, deren volkseigene Betriebe durch die Treuhand einfach platt gemacht wurden.

Und der DDR-Eis-Star, der nun in den USA in Revuen auftritt und dort als das „schönste Gesicht des Sozialismus“ gefeiert wird, wird wegen seiner Privilegien im SED-Staat auch angefeindet. „Was wissen Sie denn schon von uns?“, attackiert sie eine Kiosk-Frau (Anna Thalbach).

Der große Moment bei den Spielen 1994, so sieht er im ZDF-Film „Kati – eine Kür, die bleibt“ aus : Trainerin Jutta Müller (Dagmar Manzel, r.) wünscht Kati Witt (Lavinia Nowak) alles Gute für die bevorstehende Kür.
Der große Moment bei den Spielen 1994, so sieht er im ZDF-Film „Kati – eine Kür, die bleibt“ aus : Trainerin Jutta Müller (Dagmar Manzel, r.) wünscht Kati Witt (Lavinia Nowak) alles Gute für die bevorstehende Kür.Stanislav Honzík/ZDF
Nach der Olympia-Kür in Lillehammer: Kati Witt schaut gespannt auf das Ergebnis der Preisrichter, neben ihr Jutta Müller.
Nach der Olympia-Kür in Lillehammer: Kati Witt schaut gespannt auf das Ergebnis der Preisrichter, neben ihr Jutta Müller.Norbert Schmidt/imago
Im ZDF-Film wird auch die private Seite des DDR-Eis-Stars gezeigt: Kati Witt (Lavinia Nowak) am Mittagstisch bei ihren Eltern, die von Jörg Steinberg und Angela Hobrig gespielt werden.
Im ZDF-Film wird auch die private Seite des DDR-Eis-Stars gezeigt: Kati Witt (Lavinia Nowak) am Mittagstisch bei ihren Eltern, die von Jörg Steinberg und Angela Hobrig gespielt werden.Stanislav Honzík/ZDF

Statt in die USA zurückzukehren, bleibt Witt in ihrer Heimatstadt. Ihr Plan: Sie will es allen noch einmal zeigen, was wirklich in ihr steckt. Sie geht zu ihrer Trainerin Jutta Müller, mittlerweile Rentnerin, und sagt ihr, sie will zu den Olympischen Winterspielen 1994 im norwegischen Lillehammer noch einmal ihr Können zu zeigen.

Müller hält das für eine Schnapsidee. Und Witt herrscht sie an: „Haben Sie Schiss, von Ihrem Sockel zu fliegen?“ Die Trainerin erklärt nüchtern: „Unsere Zeit ist vorbei.“

Das Treffen der Frauen wird zu einem emotionalen Kampf. Auf der einen Seite die Eisprinzessin, die weltweit gefeiert wird. Auf der anderen Seite die DDR-Eiskunstlauf-Erfolgstrainerin, die im neuen Deutschland von den Sportfunktionären keine Anerkennung erfährt. Und dennoch zeigen beide Frauen Mut, um ein Wagnis einzugehen.

„Tatort“-Star Dagmar Manzel spielt im Kati-Witt-Film die strenge Trainerin Jutta Müller

Hervorragend wird Müller (starb 2023) von der Berliner Schauspielerin Dagmar Manzel („Tatort“) gespielt. Selbst die echte Kati Witt ist von der Darstellung begeistert, als sie bei den Dreharbeiten am Set vorbeischaut. „Es spricht für Frau Manzels schauspielerische Verwandlungskunst, dass ich, als ich ihr als ,Jutta Müller‘ begegnete, einen Schreck bekam und dachte, meine Trainerin steht leibhaftig vor mir.“ Menzel habe ihrer Trainerin „ein besonders schönes Denkmal“ gesetzt.

Schließlich ist es Jutta Müller zu verdanken, die mit eisernen Willen dafür sorgt, dass Witt bei den Spielen 1994 antreten kann. Aufs oberste Treppchen schafft es die Eisprinzessin nicht. Die Ukrainerin Oksana Baiul holt die Goldmedaille, Witt erkämpft sich den siebenten Platz.

Im Kati-Witt-Film spielt Dagmar Manzel die legendäre DDR-Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller. 
Im Kati-Witt-Film spielt Dagmar Manzel die legendäre DDR-Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller. Stanislav Honzík/ZDF
Das war in echt: Kati Witt und ihre Trainerin Jutta Müller bei den Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen 1994
Das war in echt: Kati Witt und ihre Trainerin Jutta Müller bei den Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen 1994Camera 4/imago
Verblüffende Ähnlichkeit: Lavinia Nowak) als Kati Witt im ZDF Film.
Verblüffende Ähnlichkeit: Lavinia Nowak) als Kati Witt im ZDF Film.Stanislav Honzík/ZDF

Schauspielerin Lavinia Nowak (29) hat in dem Film nicht nur eine verblüffende Ähnlichkeit mit Kati Witt, sie musste für ihre Rolle fast genauso hart trainieren wie der Eis-Star, nur in kürzer Zeit.  „Das letzte Mal auf dem Eis war ich mit 14. Ich konnte geradeaus fahren“, sagt sie. „Gebremst habe ich, indem ich an die Bande knallte. Für den Film hatte ich zwei Monate Vorbereitungszeit fürs Eiskunstlaufen und ging viermal die Woche zum Training.“

Dennoch machte das Training Spaß: „Trainiert hat mich Inge Strell-Herr, die selbst Olympionikin war“, sagt Nowak. „Trotz ihres stolzen Alters (die Österreicherin ist 77, der Autor) unterrichtet sie täglich, von morgens bis abends mit Leidenschaft. Dank ihr kann ich nun sehr gut rückwärtsfahren, Pirouetten drehen und sogar einen Sprung.“ Die schwierigen Szenen der Olympia-Kür übernahmen zwei Doubles beim Dreh in der Eislaufhalle in Prag. Auch der Rest der Produktion entstand in der tschechischen Hauptstadt. Der Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF) fördert sie mit 300.000 Euro.

Kati Witt und ihr Olympia-Comeback: „Mir ging es nicht darum, Gold gewinnen zu wollen“

Und was sagt die echte Kati Witt zu dem Film, der von der Berliner „Odeon Fiction“ („Spreewaldkrimi“, „Ein Fall für Zwei“) für das ZDF produziert wurde? „Plötzlich am Set eines Filmes zu stehen, bei dem ein Teil deiner eigenen Lebensgeschichte erzählt wird, war zugegebenermaßen etwas eigenartig, aber auch eine große Ehre“, sagt sie.

Katarina Witt heute, hier bei der Aufzeichnung einer Talk-Show
Katarina Witt heute, hier bei der Aufzeichnung einer Talk-ShowGeorg Wendt/dpa

Für Witt war es wichtig, dass sich die Geschichte inhaltlich auf ihr Comeback für die Olympischen Spiele 1994 konzentriert und auch thematisiert, „was sich alles in Vorbereitung dessen abspielt, bevor du die Weltbühne des Sports betrittst“. „Der Film zeigt, dass es für mich nicht darum ging, Gold gewinnen zu wollen, sondern neben der immensen sportlichen Herausforderung auch um die Suche, in meinem neuen Land, dem nun wiedervereinten Deutschland, ein Stückchen Heimat wiederzufinden.“