Teufelskrusta und Spreewaldkrusta

DDR-Kult: Kennen Sie die Krusta-Stube? DAS gab es in der Ost-Pizzeria

Auch in der DDR gab es Pizza: Köche dachten sich 1976 Krusta aus, eine spezielle Variante des italienischen Klassikers. Erinnern Sie sich noch?

Author - Florian Thalmann
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Erinnern Sie sich noch an Krusta? Die leckere Pizza der DDR wurde in den Restaurants namens Krusta-Stube serviert. Etliche Krusta-Varianten standen auf der Speisekarte.
Erinnern Sie sich noch an Krusta? Die leckere Pizza der DDR wurde in den Restaurants namens Krusta-Stube serviert. Etliche Krusta-Varianten standen auf der Speisekarte.NBL Bildarchiv/imago, Zoonar/imago (Montage: BK)

Über die DDR gibt es viele Klischees: Der Alltag hinter der Mauer war angeblich langweilig und grau, viele Dinge, die im Westen Standard waren, gab es hier nicht. Tatsächlich steht dem aber vor allem eine Eigenschaft vieler Menschen aus dem Osten entgegen: Sie waren erfinderisch! Für Dinge, die eigentlich nicht ins Konzept des Staates passten, wurden kurzerhand Ersatzprodukte geschaffen. Grilletta war etwa die DDR-Version des Burgers. Und auch für die Pizza gab es eine DDR-Variante: Krusta! In der Krusta-Stube wurde der Snack aus Teig und Belag verkauft. Erinnern Sie sich noch an die Kult-Restaurants? Wir verraten, welche Ost-Pizza es in jeder Krusta-Stube gab!

Krusta in der Krusta-Stube: So entstand die Pizza der DDR

Von Pizza konnten die DDR-Bürger nur träumen? Wer das dachte, der liegt falsch! Der im Ofen gebackene Teig mit leckerem Belag gab es hier sogar in einer ganz anderen Variante: Krusta. Ein Kollektiv junger Köche dachte sich die besondere DDR-Pizza aus, bei der „Messe der Meister von Morgen“ im November 1976 in Leipzig wurde das Produkt erstmals vorgestellt und gut angenommen. Krusta unterschied sich dabei aber wesentlich vom Original aus Italien: Der Teig wurde hier auf einem rechteckigen Blech gebacken und in rechteckige Stücke geschnitten.

Den Teig versetzte man außerdem mit Gewürzen wie Paprika und Kümmel. Damit sollte das Produkt für die Menschen in der DDR noch etwas attraktiver gemacht werden, sagte Prof. Joseph Mazerath von der Technischen Universität Dresden in einem Interview mit dem MDR. „Man hat die Leute da abgeholt, wo sie standen, und den Teig eben ein bisschen exotisch gemacht, indem man Gewürze hinzugefügt hat, die nach ,Mediterranem‘ schmeckten“, sagte der Forscher, der sich mit der Geschichte der DDR-Pizza auseinandergesetzt hat. „Auch die Böden waren in der DDR etwas dicker, als man das in Neapel für angemessen hält.“

Krusta wurde nicht auf runden Blechen gebacken, wie es bei der italienischen Pizza üblich ist. Stattdessen war sie eckig, wurde in rechteckige Stücke geschnitten.
Krusta wurde nicht auf runden Blechen gebacken, wie es bei der italienischen Pizza üblich ist. Stattdessen war sie eckig, wurde in rechteckige Stücke geschnitten.Zoonar/imago

Schnell trat die DDR-Pizza Krusta ihren Siegeszug durch die DDR an. Den Anfang nahm alles mit dem ersten Pizza-Restaurant: Die erste Krusta-Stube befand sich in der Stargarder Straße in Prenzlauer Berg, öffnete im Mai 1976. 400 Portionen wurden hier laut Berichte jeden Tag verkauft. Der Teigboden kam vom Backwarenkombinat Berlin, war etwas dunkler als der echte Pizzateig in Italien – auch, weil im Teig auch Roggenmehl zum Einsatz kam. Belegt wurde der Teig mit verschiedenen Kombinationen aus Obst, Gemüse, Fleisch und Wurst. Serviert wurde die Krusta in Stücken, die 12 mal 12 Zentimeter groß waren – die Kunden konnten sich ihren Teller aus verschiedenen Krusta-Stücken selbst zusammenstellen.

Kennen Sie noch Geflügelkrusta und Spreewaldkrusta? Einblick in die Speisekarte der Krusta-Stube

Etliche Varianten standen später auf der Karte – dazu gehörten die beliebte Geflügelkrusta, die mit Gemüse und Hühnerfleisch belegt war. Auf die Spreewaldkrusta kam eine Mischung aus Sauerkraut, Hackfleisch und saurer Sahne. Die Teufelskrusta war eine besonders beliebte Variante, die zum Ende der DDR sogar als Tiefkühlpizza auf den Markt kam, sich allerdings aufgrund der Wende nicht behaupten und durchsetzen konnte. Sie war belegt mit scharf gewürztem Fleisch und wurde mit Käse überbacken.

Wer Krusta kennt, kennt sicher auch Grilletta: Die kultigen Imbisse boten vor allem die DDR-Variante des Hamburgers an.
Wer Krusta kennt, kennt sicher auch Grilletta: Die kultigen Imbisse boten vor allem die DDR-Variante des Hamburgers an.Frank Sorge/imago

Schwarzmeerkrusta und Teufelskrusta: Diese Varianten gab es in der Krusta-Stube

Die Schwarzmeerkrusta hingegen enthielt Sprotten, Tomatenscheiben und Zwiebeln, die Krautkrusta Weißkohl, Wirsing, Rotkohl und Zwiebeln. Außerdem gab es die Zwiebel-, Eier- und Hackfleischkrusta, bei dieser Variante war der Name Programm. Dazu wurden verschiedene Getränke serviert. Dazu standen meist noch eine Gemüsesuppe, verschiedene Salate und Nachtisch auf der Karte. Die Preise für die DDR-Pizza lagen zwischen 2,95 Mark und 6,95 Mark – so viel zahlte man unter anderem für die Teufelskrusta, die Schwarzmeerkrusta und die Französische Champignonkrusta.

Der aus heutiger Sicht etwas merkwürdig anmutende Belag der Pizza kam vor allem aufgrund eines Problems zustande: der Mangelwirtschaft. Die Schnellgaststätten planten vor allem mit Zutaten, die es selbst zur damaligen Zeit im Überfluss gab. „Auf so eine Krusta kann man alles Mögliche drauflegen und eben auch Produkte verarbeiten, die sich sonst nicht so gut verkaufen“, sagt Forscher Matzerath. In den 80er-Jahren schaffte es dann übrigens auch eine echte Pizza auf den Markt der DDR – sie wurde in einer weiteren Imbisskette verkauft, dem „Pizza Buffet“.

Krusta und die Krusta-Stube verschwanden nach der Wende nach und nach

Wenn Menschen, die damals aufwuchsen, an die Pizza der DDR denken, denken sie aber vor allem an die ganz eigene Variante – die Krusta. Deren Erfolgsgeschichte endete aber, wie die vieler Produkte aus der DDR, mit dem Mauerfall. Auch die Krusta-Stuben verschwanden nach und nach aus den Städten. Eine blieb in der Hauptstadt Berlin noch bis 1994 erhalten – und auch in anderen Städten werden Imbisse mit ähnlichen Namen betrieben. Mit der echten Krusta aus der DDR hat das, was dort serviert wird, allerdings oft nur noch wenig zu tun.