Es ist DAS Weihnachts-Märchen schlechthin – und verzaubert noch Jahrzehnte nach der Premiere jedes Jahr Millionen Menschen: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Der Märchenfilm, der als Koproduktion von CSSR und DDR entstand, kam 1973 in die Kinos, hat auch heute nichts von seinem Charme verloren. Fans faszinieren vor allem die Geheimnisse von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Wussten Sie etwa, dass es im Bundesarchiv Unterlagen gibt, die zeigen, warum das DDR-Regime scharf auf Aschenputtel war – und warum die Prinzessin so gut zur politischen Linie der DDR passte?
Figur des Aschenbrödel kam beim Dramaturgen gut an
Auf mehreren vergilbten Blättern kann man noch heute die Bemerkungen nachlesen, die der leitende Dramaturg der DEFA zum Drehbuch machte. Daraus geht hervor, dass vor allem die Figur des Aschenbrödel auf Begeisterung stieß. „Der Hauptvorteil liegt in der Zeichnung der Heldin“, schrieb Kinderfilm-Dramaturg Klaus Richter de Vroe dazu.
Bei der Version der Gebrüder Grimm sei Aschenputtel ein „schüchternes Wesen, das am Grabe der Mutter weint“, immer brav und gut, demütig und bescheiden, geduckt und verlassen. Hilfe bekomme sie nur von den Tauben und dem „Mütterlein am Grabe“, heißt es weiter. „Diese etwas larmoyante Sentimentalität und die religiös-apologetische Tendenz sind in der Szenarienfassung nicht mehr zu spüren.“ Mit letzterem meinte er die Tatsache, dass das Aschenputtel brav und demütig ist, dann auf wundersame Weise dafür belohnt wird.

Anders in der Drehbuch-Fassung für „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, die nach dem Märchen „O Popelce“ der tschechischen Schriftstellerin Božena Němcová verfasst wurde. Aschenbrödel sei hier nicht unglücklich und verlassen, obwohl sie von Stiefmutter und Stiefschwester schlecht behandelt wird und sich in einer misslichen Lade befindet. Sie habe auch nicht nur Tiere als Freunde, sondern auch die Menschen auf dem Hof des Vaters. Und: „Sie ist lustig, sogar kess, klug und temperamentvoll.“ Das Grimmsche Aschenputtel hingegen wolle nur auf den Ball gehen.
Aschenbrödel nimmt ihr Glück im Film selbst in die Hand
Auch in Bezug auf den Prinzen nimmt Aschenputtel im Drehbuch selbst ihr Glück in die Hand: Sie sorge selbst dafür, dass er sie auch liebt, indem sie zeige, was in ihr steckt. Am Anfang spotte der Prinz noch über den „grauen Hänfling“, doch am Ende müsse er sie lieben – für den Dramaturgen „eine interessante Entwicklung des Verhältnisses zwischen den beiden“. Auch deshalb, weil die Geschichte so stark vom eigentlichen Märchen der Gebrüder Grimm abweicht, war der Dramaturg „sehr einverstanden“, schrieb er.

Allerdings gab es auch Bedenken. Schließlich sei das Grimmsche Märchen auch den Kindern in der DDR bestens bekannt. Er schreibt von Elementen, die sich einprägen würden – und deren Fehlen die Kinder enttäuschen würde. „Das poetische Motiv der Tauben, das sich durch das ganze Märchen zieht, die einprägsamen Formeln: Die guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.“ Man müsse deshalb mit den Partnern aus der Tschechoslowakei zu einer Lösung kommen, die diese Elemente einbezieht.




