Vor 40 Jahren war er über Nacht zum Star: Sänger Heinz Rudolf Kunze (68), der 1985 plötzlich mit „Dein ist mein ganzes Herz“ die Hitparaden stürmte. Nicht nur im Westen Deutschland ging der Rocker damit durch die Decke. Auch in der DDR wurde der Song zum Dauerbrenner im Radio und der Star aus dem Westen zum gern gesehenen Gast. Und Kunze kam gern in den SED-Staat. Denn in der DDR liegt seine Herkunft, verriet jetzt der Sänger im KURIER-Gespräch.
Heinz Rudolf Kunze und sein Mega-Hit „Dein ist mein ganzes Herz“: 40 Jahre nach dem Erfolg tourt der Sänger mit dem Kultsong und dem gleichnamigen Kultalbum wieder durchs Land. Dabei macht er auch einen Abstecher in den Osten, rockt am 9. August auf der Freilichtbühne der „Gärten der Welt“ in Berlin-Marzahn.

Der Osten Deutschlands ist für den Sänger und Rock-Poeten ein Stück vertraute Heimat. Er kam zu DDR-Zeiten nicht nur als Musiker aus dem Westen in den Osten. Heinz Rudolf Kunze, der im November 1956 in Westfalen auf die Welt kam, war schon viel eher in der DDR.
„In der DDR liegt meine Herkunft – meine gesamte Familie stammt aus der Lausitz, aus Guben“, sagt Heinz Rudolf Kunze dem KURIER und erklärt, dass er ja selber fast in der DDR aufgewachsen wäre.
„Ich bin nur durch einen geografischen Zufall im Westen in einem Flüchtlingslager auf die Welt gekommen und dann auch im Westen aufgewachsen“ sagt der Sänger. „Aber praktisch alle meine Verwandten, sowohl von Vaters als auch von Mutters Seite, sind im Osten geblieben. Insofern war mir der Osten vertraut. Ich habe viele Ferien als Kind, als Schüler und als Student in der DDR verbracht und mich dann natürlich sehr gefreut, als ich das Land auch beruflich betreten durfte.“

Und die Menschen, die im ehemaligen Osten Berlins aufwuchsen, erinnern sich in diesem Zusammenhang an ein ganz besonderes Bühnenerlebnis mit Heinz Rudolf Kunze. An die sogenannte „Friedenswoche der FDJ“, die mit Konzerten von Ost- und West-Stars im Juni 1988 vor Zehntausenden Rock-Fans auf der Radrennbahn in Weißensee stattfand.
Die dreitägigen Konzerte waren damals als Gegenveranstaltung zu den Rockkonzerten vor dem Reichstag in West-Berlin gedacht. Imj Wsten traten in Mauernähe Stars wie Pink Floyd und Michael Jackson auf.
Heinz Rudolf Kunze: Bei DDR-Auftritt wurde Eis-Star Kati Witt ausgepfiffen
Im Osten waren es unter anderem City, James Brown, Marillion, Fisher-Z, die Zöllner, Rockhaus, NO55, Bryan Adams. An dem Tag, als Heinz Rudolf Kunze seinen Auftritt hatte, moderierte unter anderem DDR-Eisstar Kati Witt die Veranstaltung und wurde vom Publikum gnadenlos ausgepfiffen.
Der KURIER-Reporter war damals als Jugendlicher in Weißensee dabei, erinnert sich noch daran, wie Kunze auf der Bühne wegen der Konzerte im Osten und im Westen Berlins sagte: „Weder wir noch Michael Jackson lassen sich vor einen politischen Karren spannen.“ Ob sich Kunze heute noch daran erinnert?
Der Sänger erinnert sich. „Ich werde dieses Konzert natürlich nie vergessen, weil es das zahlenmäßig größte Publikum war, dem ich je gegenüberstehen durfte“, sagt Kunze. „Es war ein Menschenmeer, das an Woodstock oder an das Festival auf der Isle of Wight (1970 traten dort vor 700.000 Menschen unter anderem die Doors, Jimi Hendrix und The Who auf, d, Red.) erinnerte. Das ist natürlich ein großartiges Erlebnis – vor allem, wenn man dann auch als Nummer zwei im Line-up direkt hinter Bryan Adams steht. Das ist eine Ehre.“

Und wie kam Kunze darauf, diesen „Michael-Jackson“-Satz zu sagen? „Ich habe damals versucht, für alle Kollegen zu sprechen, so gut ich das eben konnte. Wir wollten sagen, dass Musiker etwas dagegen haben, sich instrumentalisieren und vor einen Karren spannen zu lassen. Wir möchten als souveräne Künstler ernst genommen werden – egal in welchem Kontext.“