„Bleib hier! Liebes Tier! Das wollen wir!“, hat ein kleines Kind geschrieben. „Er soll weg, will aber nicht!“ steht auf einem Plakat, das an dem steinernen Bären vor der Zionskirche befestigt ist. Der Bär soll weg, weil es der Bezirk Berlin-Mitte so will. Doch nicht nur die Kinder lieben ihn. Ein Kiez, Nachbarn und Gemeindemitglieder kämpfen jetzt für einen Bären, der Gefahr läuft, sich in den Wirren bürokratischer Regeln zu verfangen.
In harten Zeiten geht es erst mal der Kunst an den Kragen. Und ausgerechnet der große Bär in Berlin-Mitte, der sowieso schon eine schwere Last zu tragen hat, muss um seine Existenz bangen. Die Sandsteinskulptur „Why I bear/Großer Lastenbär“ des Berliner Künstlers Stefan Rinck, 2021 während der Coronazeit aufgestellt, war ursprünglich Teil einer Ausstellung in der Zionskirche.
Der Lastenbär ist im Kiez ein Publikumsliebling
„Er sollte ein Zeichen setzen, wie sehr wir Kunst brauchen, um schwere Zeiten gemeinsam zu überstehen“, sagt Ausstellungsmacherin Constanze Kleiner. Wir stehen vor der Zionskirche, betrachten den lebensgroßen Bären. „Weißt du, Eltern lassen ihre Kinder auf ihm reiten, Brautpaare machen Fotos mit ihm zusammen. Besucher bleiben stehen. Er gehört einfach hier her – zur Kirche“, erklärt Kleiner.
„Der Bär wurde über die Jahre im Kiez zum Publikumsliebling“, sagt Kleiner. Doch jetzt soll der steinerne Bär schnöde verjagt werden. Kann Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) nicht anders entscheiden? Sie teilte nähmlich mit, dass Kunstwerke ohne vorheriges Wettbewerbsverfahren laut geltender Praxis nur noch zwei Jahre im öffentlichen Raum erlaubt sind.
Damit reagiert der Bezirk auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, das im Zusammenhang mit der Sondernutzungserlaubnis für das Trostfrauen-Mahnmal eine willkürliche Genehmigungspraxis kritisierte und eine verbindliche Regelung forderte.
Auch der Bär hat die Zwei-Jahres-Frist überschritten. Doch die bürokratischen Prozesse, die dem Bären jetzt drohen, „gehen an den Wünschen der Menschen vorbei“, sagt Constanze Kleiner. Bisher wurde das Kunstwerk noch geduldet. Doch für viele ist der Bär längst viel mehr als Kunst: Er symbolisiert Gemeinschaft, Verbundenheit, Widerstand. Schon fast 2000 Berliner haben auf der Lastenbär-Internetseite für einen Verbleib des geliebten Kiez-Bären unterschrieben.

Mit dem Beschluss aus dem Bezirksamt geht es nicht nur dem Bären ans Fell: Auch viele andere Kunstwerke in der Stadt sind vom Abriss bedroht. Constanze Kleiner warnt: „Man muss doch für jedes Kunstwerk eine individuelle Entscheidung treffen, jeden Fall genau anschauen und nach langfristigen Lösungen suchen.“ Sie sagt, eine Umsetzung des Beschlusses würde Berlins kulturelle und künstlerische Szene so viel ärmer machen.
„Der Lastenbär ist Teil von Berlin und wir sind viele, die ihn behalten wollen“
Bedroht ist zum Beispiel auch das Kunstwerk „Memoria Urbana“, ein Denkmal für die einstige Bethlehemskirche, das mit der neuen Regelung seine Daseinsberechtigung verliert. „Und was passiert mit der Panzersperre gegenüber der Paris Bar in Charlottenburg?“, fragt Kleiner.

Aus Sicht von Constanze Kleiner ist der Bär niemandem im Weg: Er steht brav auf der Auffahrt, hält sich an alle Regeln und „gehört zu seiner Kirche“. Kleiner versteht zwar die formale Lage, doch die Entscheidung, ihn zu entfernen, greife aus ihrer Sicht demokratisch daneben, gerade in einer Stadt, die von Kreativität und Kunst lebt.
„Der Lastenbär ist Teil von Berlin und wir sind viele, die ihn behalten wollen“, sagt sie. „Warum er wirklich weg soll, verstehen wir nicht.“ Was passiert mit dem Lastenbär, wenn er wirklich von seinem angestammten Platz verjagt wird? „Viele hätten ihn sicher gern in ihrem Vorgarten. Aber wir wünschen ihm einen öffentlichen Raum, er schenkt Trost. Und viele finden ihn einfach süß.“
Und was denken Sie? Wie stehen Sie zur neuen Regelung und dazu, dass Kunstwerke wie der Lastenbär nach zwei Jahren verschwinden sollen? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in die Kommentare oder an leser-bk@berlinerverlag.com – wir schätzen Ihre Meinung!