Prozessbeginn in Berlin

Tötete Palliativarzt Johannes M. aus Mordlust seine Schwiegermutter?

Der Prozess gegen Berliner Palliativarzt wegen 15-fachen Mordes beginnt am Montag. Jetzt kommt raus: Es soll noch weitere Opfer geben.

Author - Berliner KURIER
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Der junge Palliativazt tötete mutmaßlich aus purer Mordlust.
Der junge Palliativazt tötete mutmaßlich aus purer Mordlust.dpa

Gegen den Berliner Palliativmediziner Johannes M., der mindestens 15 Patienten getötet haben soll, überprüft die Staatsanwaltschaft Berlin nun auch die Todesumstände seiner Schwiegermutter. Ihr Tod gehört zu den 96 Verdachtsfällen, die noch überprüft werden, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage sagte. Zuvor hatten Stern und RTL berichtet.

Der 40-Jährige muss sich ab Montag wegen 15-fachen Mordes vor Gericht verantworten. Der Palliativarzt soll zwischen September 2021 und Juli 2024 zwölf Frauen und drei Männer getötet sowie anschließend in einigen der Wohnungen Feuer gelegt haben, um seine Taten zu verdecken. Für den Prozess wurden 35 Termine bis Januar 2026 angesetzt. Die Opfer der nun angeklagten Taten waren zwischen 25 und 94 Jahre alt und wurden alle von dem Kreuzberger Pflegedienst betreut, bei dem der Angeklagte arbeitete.

Innerhalb weniger Minuten tot

Zur Begehung der Taten soll der Mann seinen Patientinnen und Patienten ohne medizinische Indikation sowie ohne deren Wissen und Zustimmung jeweils ein Narkoseeinleitungsmittel und anschließend ein Muskelrelaxans verabreicht haben. Letzteres soll zu einer Lähmung der Atemmuskulatur und so innerhalb weniger Minuten zu Atemstillstand und Tod geführt haben.

Nach Informationen von Stern und RTL soll die Schwiegermutter des Arztes in Polen gelebt und an einer Krebserkrankung gelitten haben. Anfang 2024 soll M. mit seiner Ehefrau zu ihr gefahren sein, an jenem Wochenende sei die Schwiegermutter verstorben. Im Zuge der Ermittlungen hätten Kollegen bei der Polizei ausgesagt, der Arzt habe im Team seines Pflegedienstes erzählt, sie seien nach Polen gefahren und hätten die Schwiegermutter tot gespritzt.

Feuer um Taten zu vertuschen

In den anderen Fällen legte der Arzt  in mindestens fünf Wohnungen den Ermittlern zufolge Feuer, um die Morde zu vertuschen. So soll er im Juni 2022 eine 70-jährige Patientin getötet und anschließend ihre Wohnung in Tempelhof angezündet haben. Im Juni 2024 tötete er laut Anklage eine 87-Jährige in ihrer Wohnung in Neukölln und legte dort ebenfalls einen Brand. In diesem Fall konnten die Rettungskräfte die Frau zunächst noch reanimieren, kurze Zeit später starb sie aber im Krankenhaus.

Ende Juli starb eine 72-jährige Rentnerin in ihrer Wohnung in der Neuen Krugallee (Berlin-Plänterwald). Der 40-jährige Palliativmediziner Johannes M. soll auch hinter dieser Tat stecken.
Ende Juli starb eine 72-jährige Rentnerin in ihrer Wohnung in der Neuen Krugallee (Berlin-Plänterwald). Der 40-jährige Palliativmediziner Johannes M. soll auch hinter dieser Tat stecken.Berliner Feuerwehr

Rund einen Monat später versuchte er das Gleiche in der Wohnung einer 76-Jährigen in Neukölln, die er zuvor getötet haben soll. Weil das Feuer erlosch, missglückte die Brandstiftung. Nur eine Woche später steckte der Mediziner laut Staatsanwaltschaft die Wohnung einer 94-jährigen Neuköllnerin in Brand, weitere zehn Tage später die einer 72 Jahre alten Patientin im Stadtteil Plänterwald. Beide Frauen soll er ebenfalls zuvor getötet haben. Schließlich schöpfte der Pflegedienst Verdacht, und die Ermittlungen kamen ins Rollen. Seit August 2024 sitzt der Arzt in Untersuchungshaft.

Der ursprünglich gegen ihn erlassene Haftbefehl wurde um immer wieder neue Tatvorwürfe erweitert. Ursprünglich wurde gegen ihn wegen Totschlags und Brandstiftung ermittelt. Jetzt ist der Berliner wegen Morden angeklagt. Der Beschuldigte habe „kein über die Tötung der Personen hinausgehendes Motiv gehabt“, so die Staatsanwaltschaft. Das Fehlen eines Tatanlasses erfülle das Mordmerkmal der Mordlust.

Dissertation zum Thema Mord an alten Menschen

2012 verfasste Johannes M. seine Dissertation mit dem Titel „Tötungsdelikte in Frankfurt/Main: ein Überblick von 1945 bis 2008“. Das Thema: Mord und Totschlag. Ab Seite 57 geht es um „Tötungsdelikte an alten Menschen“.

Eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe im Morddezernat des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft untersuchte laut Anklagebehörde insgesamt 395 sogenannte Prüffälle. Mindestens zwölf mutmaßliche Opfer wurden im Zuge der Ermittlungen exhumiert.

Die Staatsanwaltschaft fordert neben einer Verurteilung die besondere Schwere der Schuld,  die anschließende Sicherungsverwahrung undsowie die Anordnung eines lebenslangen Berufsverbots an. (AFP)