Da staunte die DDR-Mutti!

Von wegen, wir hatten nix: SO spielte der Osten – sogar mit Geschirrspülern!

Eine neue Schau im Berliner DDR-Museum zeigt, womit die Kinder im Osten spielten. Darunter Spielzeug-Haushaltsgeräte, von denen man meint, dass es sie nie in der DDR gegeben hätte.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Heute können Kinder an echten Geschirrspülmaschinen ihren Einsatz zeigen. In der DDR war man schon zufrieden, wenn man so ein Gerät als Spielzeug hatte.
Heute können Kinder an echten Geschirrspülmaschinen ihren Einsatz zeigen. In der DDR war man schon zufrieden, wenn man so ein Gerät als Spielzeug hatte.Westend61/imago

Es gibt immer wieder Überraschendes im DDR-Museum in Berlin-Mitte zu entdecken. Dort zeigt gerade eine kleine Ausstellung, was es alles so an Spielzeug im einstigen Arbeiter-und-Bauern-Staat gab. Und da ist man vor allem als Ostdeutscher überrascht. Da steht doch in der Vitrine tatsächlich eine Mini-Geschirrspülmaschine. Da werden viele einstige DDR-Muttis staunen. So einen Automaten hatten sie damals noch nicht einmal in echt, werden jetzt so einige denken.

Von wegen, es gab oder wir hatten nichts: „Verspielte DDR – Spielzeugklassiker aus dem Osten“ heißt die Ausstellung, die endlich mit dem Mythos aufräumt, dass es in der DDR keine Geschirrspülmaschinen gab. Mit anderen Worten: DDR-Muttis (und auch DDR-Vatis) hätten also gar nicht Teller, Tassen, Gläser und Besteck nach Frühstück, Mittag oder Abendbrot per Hand mühevoll abwaschen müssen!

Der Beweis, dass es auch anscheinend anders ging, steht, wie gesagt, in einer Vitrine des Berliner DDR-Museums. Ein 25 Zentimeter breiter und 20 Zentimeter hoher Plastikkasten mit rotem Ober- und Unterteil, in dessen transparenten Mittelteil man sieht, wie junge Puppenmuttis (und auch „Väter“ von Teddys) spielend leicht das Plastikgeschirr ihrer Lieblinge reinigen konnten.

Da staunte Mutti: So sah der Geschirrspüler aus, mit dem die Kinder in der DDR spielten. Zu sehen ist er im Berliner DDR-Museum.
Da staunte Mutti: So sah der Geschirrspüler aus, mit dem die Kinder in der DDR spielten. Zu sehen ist er im Berliner DDR-Museum.Norbert Koch-Klaucke

Die Spielzeuggeschirrmaschine funktionierte tatsächlich. Wasser rein, Schalter an, dank Batterie-Stromversorgung rotierte es im Innern fein säuberlich. Wer hätte das gedacht!

Wer hätte das gedacht: Nicht nur im Westen – auch in der DDR gab es Geschirrspüler!

Nun, diese Spülmaschine wurde vom VEB Piko Sonneberg (bekannt durch die Modelleisenbahnen) in den 60er-Jahren hergestellt. Eltern mussten 26 DDR-Mark dafür bezahlen. Das war damals schon viel Geld. Das Brutto-Durchschnittseinkommen lag 1965 bei 633 DDR-Mark. Gut, dafür waren Lebensmittel, Energiekosten und Miete billig.

DDR-Museum-Geschäftsführer Gordon Freiherr von Godin (54): Auf seinem Laptop ist das Foto eines DDR-Geschirrspülers zu sehen.
DDR-Museum-Geschäftsführer Gordon Freiherr von Godin (54): Auf seinem Laptop ist das Foto eines DDR-Geschirrspülers zu sehen.Norbert Koch-Klaucke

Über das Spielzeugschmuckstück in der Vitrine ist jedenfalls Gordon Freiherr von Godin (54) erstaunt. Er ist der Geschäftsführer des DDR-Museums und im Osten Berlins geboren, auch wenn sein Name etwas anderes vermuten lässt. Der Mann sagt: „Eine Geschirrspülmaschine als Spielzeug in der DDR – ich kenne keinen, der so eine Maschine wirklich in seiner Küche zu stehen hatte.“

Da haben wir es wieder: So was gab es nicht in der DDR. Doch gab es! Weiß auch der DDR-Museums-Geschäftsführer. Es waren sogar zwei Modelle auf dem Markt, sagt er.

So sah der erste Geschirrspüler in der DDR aus.
So sah der erste Geschirrspüler in der DDR aus.HärtelPRESS/imago

Der erste Geschirrspüler des SED-Staates sah eher wie eine Trommel aus. Diese ließ sich seitlich öffnen. Auf zwei Drehgestell-Ebenen konnte man dann das Geschirr stellen. Über zwei Schläuche lief das Wasser in die Trommel hinein und wieder ab.

Dolles Ding! Höhe 51 Zentimeter, Durchmesser 55 Zentimeter – hergestellt in den 60er-Jahren im VEB Elektroinstallation Oberlind, Sonneberg. Sonneberg? Richtig – dieser VEB, der auch Staubsauger und alles Mögliche unter dem Kürzel EIO herstellte, baute auch die Modelleisenbahnen. Die Produktion ging dann an Piko (steht für „Pionier-Konstruktion“), die noch so manches anderes Spielzeug für Kinder in der DDR herstellte.

Zurück zum Geschirrspüler: Das Trommelmodell bekam einen Nachfolger – den GA4. Dieser Geschirrspülautomat sah wie die klassischen Geräte im Westen aus. Allerdings wurden im VEB Elektrogerätewerk Suhl diese Automaten nur 1972 und 1973 produziert. Materialengpässe oder was auch immer – plötzlich war Schluss.

Es gab ihn wirklich: Der DDR-Geschirrspüler GA4, der 1972 und 1973 produziert wurde (hier ein Bild aus einem DDR-Versandhauskatalog).
Es gab ihn wirklich: Der DDR-Geschirrspüler GA4, der 1972 und 1973 produziert wurde (hier ein Bild aus einem DDR-Versandhauskatalog).Facebook/DDR-Museum Pirna

Immerhin kamen insgesamt über 13.000 Geräte auf den Markt. Unter dem Markennamen AKA electric (wie auch der Mixer RG28) wurde der Geschirrspüler sogar im DDR-Versandhauskatalog für 1400 DDR-Mark angeboten. Eine Vielzahl dürfte aber auch unter dem Namen „Privileg“ im westdeutschen Quelle-Versandkatalog gestanden haben.

So war das also mit dem Geschirrspüler in der DDR, den es im Osten auch als Spielzeug gab. Und in der Vitrine im DDR-Museum ist noch mehr zu sehen, was einst Kinderherzen im Arbeiter-und-Bauern-Staat höher schlagen ließ.

Als Spielzeug in der DDR sehr begehrt und in der Museumsschau zu sehen: Die Waschmaschine von Piko (kostete 37,50 DDR-Mark) und eine Waage für den Kaufmannsladen (15,80 DDR-Mark).
Als Spielzeug in der DDR sehr begehrt und in der Museumsschau zu sehen: Die Waschmaschine von Piko (kostete 37,50 DDR-Mark) und eine Waage für den Kaufmannsladen (15,80 DDR-Mark).Norbert Koch-Klaucke

Da wären die Puppen und Sandmann-Figuren, die auch im thüringischen Sonneberg hergestellt wurden, genauso wie der Burattino, dem sowjetischen Pinocchio-Abklatsch. Weiter gibt es eine Piko-Waschmaschine, eine Nähmaschine, Baukästen und natürlich diverse Cowboy-, Indianer- und NVA-Figuren. „Um die 50 Spielzeug-Produkte sind in dieser Sonderausstellung zu sehen“, sagt der Museums-Geschäftsführer.

Der „Construc“-Baukasten fehlte in keinem DDR-Kinderzimmer. Er kostete 16,80 DDR-Mark.
Der „Construc“-Baukasten fehlte in keinem DDR-Kinderzimmer. Er kostete 16,80 DDR-Mark.Norbert Koch-Klaucke

Dazu gehört auch ein Fahrzeug, mit dem so mancher Junge (oder auch Mädchen) in der DDR gespielt hat oder hätte. Denn dieses Gefährt gehörte, so erinnert sich jedenfalls der Autor dieses Beitrages, zur Bückware in den Spielzeugläden zwischen Arkona und Zittau.

Die Rede ist von „Herkules“. So hieß der Sattelschlepper aus Blech und Plaste, der wie ein US-Truck aussah. Im VEB Mechanische Spielwaren Brandenburg wurde er Ende der 80er-Jahre hergestellt.

Der DDR-Truck „Herkules“:  Er wurde vor allem für den West-Markt produziert.
Der DDR-Truck „Herkules“: Er wurde vor allem für den West-Markt produziert.Norbert Koch-Klaucke

Der Truck, so kann man noch heute sehen, war ein dolles Ding. Die Vorderräder sind lenkbar, die Heckklappe, die Fahrerhaustüren und -klappen lassen sich öffnen. Auf dem Auflieger steht beidseitig in Rot „TL“ und „Paris – Lissabon“. Schon deshalb war er in der DDR eher nicht zu haben, aber dafür in den Versandhauskatalogen und Spielzeugabteilungen im Westen.

Sandmann, Burattino, Fuchs und Elster sowie andere Puppen aus der DDR sind in dem DDR-Museum Berlin zu sehen.
Sandmann, Burattino, Fuchs und Elster sowie andere Puppen aus der DDR sind in dem DDR-Museum Berlin zu sehen.Norbert Koch-Klaucke

Die Spielzeug-Schau: Besucher können sie gratis im Foyer des DDR-Museums bestaunen. Die Kostbarkeiten, die dort in der Vitrine zu sehen sind, stammen übrigens aus der Schatzkammer des Hauses, in dem über 360.000 Sachen von früher schlummern – dem DDR-Museums-Depot in Marzahn. Am 16. März 2025 wird dieses feierlich eröffnet.

„Verspielte DDR – Spielzeugklassiker aus dem Osten“ – Sonderschau bis 17. Oktober 2025 im DDR-Museum (Karl-Liebknecht-Str. 1, Berlin-Mitte), täglich von 9 bis 21 Ihr geöffnet, Eintritt frei. Der Museumsbesuch kostet 13,50 Euro (erm. 8 Euro) für Erwachsene. Kinder unter 6 Jahren kommen gratis rein.