Seit über drei Jahrzehnten ist die deutsche Teilung Geschichte. Dennoch begegnet man (und frau) immer noch vielen Klischees, die Frauen aus Ost- und Westdeutschland zugeschrieben werden. Die Westfrau wird oft entweder als „Heimchen am Herd“ oder als knallharte Karrierefrau beschrieben. Die Ostfrau in der DDR hingegen steht im Kohlebergbau „ihren Mann“. Sie wird als tough bezeichnet oder auch als Rabenmutter, weil sie ihre Kinder in die Krippe gibt. Die Westfrau gendert, während die Ostfrau damit nichts anzufangen weiß.
Eine neue Ausstellung der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur versucht, ein vielschichtigeres Bild zu zeigen. Anlass ist das 50. Jubiläum des Internationalen Jahres der Frau 1975.
So lebten Frauen in der DDR
Dass das Leben von Frauen in der DDR und in der Bundesrepublik unterschiedlich war, zeigt besonders eine Zahl: neun von zehn Frauen in DDR waren berufstätig - in der alten Bundesrepublik war es nur jede Zweite. Und das war längst nicht der einzige Unterschied.

Frauen im Osten hatten einfacheren Zugang zu Scheidungen, zu legalen Abtreibungen und zur „Kinderwunschpille“. Im Westen erklärte der Paragraf 218 Schwangerschaftsabbrüche für rechtswidrig, Scheidungen waren komplizierter und stürzten Frauen oft in wirtschaftliche Unsicherheit. Erst ab 1958 durften sie ein eigenes Konto eröffnen. Bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war. Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung waren also klar der Frau zugeordnet.
Ähnlichkeiten im Alltag in DDR und BRD
Damals war aus Sicht von Kuratorin Clara Marz für Frauen in Ost und West vieles verschieden, aber einiges eben auch nicht. „Nicht nur die Rocklänge glich sich in Ost und West an, auch die Lebensentwürfe der Frauen schienen damals recht ähnlich“, heißt es im Text zur Ausstellung. „Früh wurde geheiratet, oft kirchlich, bald darauf kam das erste Kind zur Welt, um das sich selbstverständlich die Frau zu kümmern hatte - ebenso wie um den Mann und den Haushalt.“

In den 1980er Jahren heirateten Frauen in der DDR demnach durchschnittlich mit 21 Jahren, in Westdeutschland mit 23. Den Vergleich gibt die Ausstellung auch an: 2023 lag das Heiratsalter bei fast 33 Jahren.
Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Vorgaben in den beiden Systemen prägten die Lebenswelten. So waren 1989 in der DDR nach Angaben aus der Ausstellung 92 Prozent aller Frauen berufstätig, in der alten Bundesrepublik dagegen nur knapp die Hälfte.
Schön, schlank, fröhlich
Die Erwartungen an Frauen unterschieden sich weniger. „Oberflächlich betrachtet war es auf beiden Seiten sehr ähnlich: Frauen mussten nur jung, schön, gepflegt, schlank, fröhlich und unkompliziert sein“, erklärt die Ausstellung. Und: „Ost und West hatten gemeinsam, dass Hausarbeit Frauensache war.“ Berufstätige Frauen im Osten hätten oft eine „zweite Schicht“ dran gehängt.
Auf 21 Plakaten werden die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen in der Bundesrepublik und der DDR der 1970er und 1980er Jahre dargestellt. Themen sind unter anderem der „Aufbruch in den 70ern“, „Sexualität und Selbstbestimmung“, „Heiraten als Lebensentwurf“, „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“, „Das bisschen Haushalt“, „Zwischen Moral und Pragmatismus“, „Frauenpower im Systemvergleich“ oder „Bücher, die bewegen“. Etwa 540 Mal sei die Ausstellung schon verschickt worden, in Ost und West, aber auch ins Ausland bis nach Australien, sagt Marz.
Die Ausstellung kann in Schulen, Volkshochschulen oder Unis gezeigt werden, ebenso in Bibliotheken oder Museen. Ob im Landratsamt oder Rathaus, im Kultur- oder Jugendhaus, in der Kirche, oder im örtlichen Einkaufszentrum.

Auf den Plakaten finden sich neben einem Infotext Fotos, Faksimiles oder Infografiken. QR-Codes verweisen auf Videointerviews mit Dr. Anna Kaminsky, Autorin des Buches „Frauen in der DDR“ und Direktorin der Bundesstiftung Aufarbeitung, sowie auf weitere audiovisuelle Begleitmaterialien im Internet.
Die Ausstellung „Frauen im geteilten Deutschland“ steht ab Anfang März 2025 gedruckt als Poster-Set im Format DIN A1 gegen eine geringe Schutzgebühr zur Verfügung. ■