600.000 Euro für Untersuchungen

Vogelgrippe im Anflug: Wie sich Berlin vor Tierseuchen schützt

Aufgrund der Klimaerwärmung und des weltweiten Handels mit lebenden Tieren und tierischen Lebensmitteln ist das Risiko des Ausbruchs einer Tierseuche gestiegen.

Author - Stefan Henseke
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Das Veterinäramt rückte am Vormittag auf dem Gelände eines Geflügelzuchtbetriebes im Landkreis Märkisch-Oderland an, um 130.000 Enten zu töten. Tiere hatten sich mit der Vogelgrippe infiziert.
Das Veterinäramt rückte am Vormittag auf dem Gelände eines Geflügelzuchtbetriebes im Landkreis Märkisch-Oderland an, um 130.000 Enten zu töten. Tiere hatten sich mit der Vogelgrippe infiziert.Frank Hammerschmidt/dpa

Vogelgrippe-Alarm in Deutschland. Während in Brandenburg schon Zehntausende Hühner, Enten und Gänse getötet werden mussten, ist Berlin bisher relativ glimpflich davongekommen. Bisher gibt es im Stadtgebiet nur zwei bestätigte Fälle (Kraniche) von Vogelgrippe, die Vögel in Zoo und Tierpark wurden diesmal wohl rechtzeitig in die Winterquartiere verlegt. Aber wie ist Berlin auf den Fall der Fälle einer Tierseuche vorbereitet?

Vogelgrippe, Maul- und Klauenseuche, Afrikanische Schweinepest: Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Ausbrüchen von Tierseuchen. Eine Gefahr auch für Berliner Haustiere und die Lebensmittelversorgung der Stadt.

Berlin: 600.000 Euro kosten die Untersuchungen der toten Tiere

Was tut das Land Berlin, um die Stadt und die Bevölkerung beim Ausbruch von Tierseuchen zu schützen? Das wollten die Grünen-Abgeordneten Silke Gebel, Stefan Taschner und June Tomiak von der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz wissen.

„Aufgrund der Klimaerwärmung, der Globalisierung sowie des gestiegenen weltweiten Handels mit lebenden Tieren und tierischen Lebensmitteln ist das Risiko des Ausbruchs einer Tierseuche/Zoonose grundsätzlich gestiegen“, heißt es in der Antwort auf die kleine Anfrage.

Deshalb müsse sich Berlin neben auf den bekannten Tierseuchen auch neue und neuartige Tierseuchen vorbereiten – wie zum Beispiel die Pest der kleinen Wiederkäuer, Pockenseuche der Schafe und Ziegen oder Lumpy Skin Disease (Kinderkrankheit). Aufgrund des zunehmenden Reiseverkehrs und der Einfuhr von Hunden und Katzen aus dem Ausland sei insbesondere die Gefahr der Einschleppung der Tollwut erhöht.

Das heißt auch: Immer mehr Tiere müssen untersucht werden. 600.000 Euro pro Jahr kosten die amtlichen Laboruntersuchungen im Bereich Tierseuchendiagnostik am Landeslabor Berlin-Brandenburg (LLBB).

Bei 133 Wildvögeln wurde Vogelgrippe festgestellt

Die Vogelgrippe kehrt dabei jedes Jahr wieder. In den letzten zehn Jahren wurden in Berlin 1203 Wildvögel amtlich mittels PCR auf Aviäre Influenza untersucht, teilt Susanne Hoffmann von der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz mit. Die Zahl der jährlich untersuchten Vögel schwankt zwischen 28 und 258. In den letzten beiden Jahren war es etwas ruhiger: Da kamen nur 74 bzw. 79 verendete Wildvögel auf die Labortische.

Bei insgesamt 133 der untersuchten Tiere wurde dann wirklich Vogelgrippe festgestellt. Zwei Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln waren zu verzeichnen – einmal im Zoologischen Garten (November 2022), einmal in einer Geflügelkleinsthaltung.

Der vorbeugende Schutz gegen die Vogelgrippe ist schwierig. Gegen kranke Wildvögel helfen keine Zäune. Da bleibt dann nur das rechtzeitige Wegsperren der Tiere bei einem Vogelgrippe-Welle.

Enten, die in einer von Geflügelpest befallenen Anlage in Neuhardenberg getötet wurden, werden in einen Transportbehälter gekippt.
Enten, die in einer von Geflügelpest befallenen Anlage in Neuhardenberg getötet wurden, werden in einen Transportbehälter gekippt.Frank Hammerschmidt/dpa

Bei den anderen Tierseuchen hat Berlin in den letzten Jahren aufgerüstet. Die Berliner Forsten etwa haben ab dem Jahr 2018 in die Vorsorge zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest investiert.

Berliner Forste haben über 50 Kilometer Zaun eingelagert

Mehr als 450.000 Euro wurden in Kühlmöglichkeiten, Desinfektionsanlagen und Anhänger für den Kadavertransport investiert, ein landes- und bezirksweites Netzwerk wurde aufgebaut. In Sachmittellagern der Bezirke und den Berliner Forsten sind 35 Kilometer Knotengitterzaun und 21 Kilometer elektrischer Wildabwehrzaun eingelagert. Alle Strukturen und Mittel stehen prinzipiell auch für den Einsatz zur Bekämpfung anderer Seuchen zur Verfügung.

Im Jahr 2021 durchkämmten Freiwillige Felder und Wälder rings um die Gemeinde Lunow im Oderbruch nach Überresten von Wildscheinen, die an der Afrikanischen Schweinepest verendet waren.
Im Jahr 2021 durchkämmten Freiwillige Felder und Wälder rings um die Gemeinde Lunow im Oderbruch nach Überresten von Wildscheinen, die an der Afrikanischen Schweinepest verendet waren.Thomas Uhlemann/Berliner KURIER

Zusätzliche Personal- und Sachmittel für den Seuchenfall werden aber nicht vorgehalten, heißt es. Im Falle des Auftretens hochgefährlicher Tierseuchen müssten der  Senat und der Bezirke erst Tierseuchenbekämpfungszentren einrichten, um eine schnelle und effiziente Bekämpfung sicherzustellen und die verfügbaren Mittel zu bündeln.