Asylantrag abgelehnt

Abgeschoben in die Angst – Berlin weist Familie des Tiergarten-Mordopfers aus!

Sechs Jahre nach dem Mord an Selimchan Changoschwili holt das Grauen seine Familie ein: Frühmorgens wird sie aus Brandenburg nach Georgien geflogen.

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Selimchan Changoschwili: Der Georgier kämpfte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland. Er wurde 2019 in Berlin erschossen.
Selimchan Changoschwili: Der Georgier kämpfte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland. Er wurde 2019 in Berlin erschossen.Facebook

Am frühen Morgen kracht die Tür – dann geht alles blitzschnell. Polizisten dringen in Wünsdorf bei Berlin in die Wohnung von Surab Changoschwili ein. Telefone weg, keine Zeit für Erklärungen. Wenige Stunden später sitzt die Familie im Flugzeug nach Tiflis.

Unter den Abgeschobenen: Kinder. Der Bruder des Mannes, der 2019 im Berliner Tiergarten auf offener Straße erschossen wurde, ist zurück in einem Land, das für ihn lebensgefährlich sein könnte.

Der Mord an Selimchan Changoschwili, einem georgischen Tschetschenen, hatte einst internationale Wellen geschlagen. Deutsche Richter werteten den Fall als Auftragsmord des russischen Staates – ein Akt des Staatsterrorismus mitten in Berlin.

Aber während der Täter Wadim Krassikow 2024 bei einem Gefangenenaustausch freikam und von Wladimir Putin persönlich empfangen wurde, steht die Familie des Opfers jetzt ohne Schutz da.

Nach Informationen von tagesschau.de wurde Surab Changoschwili gemeinsam mit weiteren Angehörigen im Rahmen einer Sammelabschiebung außer Landes gebracht. Ein Gericht in Potsdam hatte zuvor alle Eilanträge abgelehnt – ohne nähere Begründung. Offiziell hieß es nur, die Familie sei „geduldet“ gewesen.

Scharfe Kritik gegen die Abschiebung kommt aus der Politik

In Georgien gilt die Familie als gefährdet. Schon 2015 entging Selimchan dort nur knapp einem Anschlag, der nie aufgeklärt wurde. Angehörige berichten von Übergriffen auf Tschetschenen, von einer Polizei, die brutal gegen Minderheiten vorgeht, und von einer Regierung, die sich zunehmend Moskau annähert. Wer einst gegen Russland kämpfte, lebt dort auf Messers Schneide – selbst Unbeteiligte geraten ins Visier.

Hier wurde Selimchan Changoschwili 2019 im Tiergarten erschossen. Die Polizei am Tatort.
Hier wurde Selimchan Changoschwili 2019 im Tiergarten erschossen. Die Polizei am Tatort.dpa

Scharfe Kritik kommt nun aus der Politik. Grünen-Außenexperte Robin Wagener wirft der Bundesregierung „kalte und zynische Abschiebepolitik“ vor und spricht von einer Abschiebung mit lebensgefährlichen Folgen: „Die Bundesregierung kann sich für die Gefahren nicht blind stellen.“

Russlands Präsident Putin umarmt den Tiergarten-Mörder Wadim Krassikow bei der Ankunft in Moskau.
Russlands Präsident Putin umarmt den Tiergarten-Mörder Wadim Krassikow bei der Ankunft in Moskau.Kremlin.ru/dpa

Deutschland, so Wagener, verrate mit diesem Vorgehen seine eigenen humanitären Grundsätze und sende ein verheerendes Signal an alle, die sich Putins Machtapparat widersetzen. „Auf Deutschland ist im Zweifel kein Verlass.“

Für die Familie Changoschwili ist es ein doppelter Schock: erst der Mord, dann die Abschiebung. Ihr Vertrauen in den Schutz Europas dürfte erschüttert sein. Während in Berlin die politischen Debatten toben, beginnt für sie jetzt der Kampf ums Überleben von Neuem.