Die Schlichtung bei der BVG: Sie verspricht uns doch nicht so schnell eine heile Welt bei den Öffis. Denn jetzt geht das große Zittern bei den 16.600 BVG-Mitarbeitern los. Entlassungen drohen. Irgendwoher muss ja die BVG die 140 Millionen Euro hernehmen, mit denen sie künftig die erstrittenen Lohnerhöhungen jedes Jahr bezahlen. Auch die Berliner müssen zittern. Trotz Schlichtung drohen Streiks.
1500 Euro Einmalzahlung, dann am Ende noch 430 Euro darauf aufs Monatsgehalt plus Schicht- und Fahrdienstzuschläge und 100 Euro mehr Weihnachtsgeld – macht unterm Strich 140 Millionen Euro pro Jahr Personalmehrkosten für die BVG. Mit diesem Ergebnis endete die Schlichtung im BVG-Tarifstreit. Und mit diesem Ergebnis beginnen am Donnerstag (9. April) wieder die Verhandlungen zwischen BVG-Arbeitgeberseite und Verdi.
Damit ist auch erst einmal der Dauerstreik vom Tisch, der bei der BVG zu Ostern drohte. Mit der Schlichter-Einigung liegt nun die Empfehlung für die 140 Millionen Euro teure Lohnerhöhung vor. Die BVG muss daraus am Donnerstag ein Angebot machen, dem Verdi zustimmen könnte, aber es nicht so einfach kann.
Denn diesem Angebot müssen noch die BVG-Mitarbeiter zustimmen. Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt empfiehl ihnen, die Schlichter-Empfehlung anzunehmen. „Wir hätten dem Vorschlag nicht zugestimmt, wenn wir nicht der Meinung gewesen wären, dass das ein guter Kompromiss ist“, sagte Arndt.

Viele BVG-Mitarbeiter sehen es anders. Sie wollten 750 Euro monatlich mehr – plus Zuschläge. Nun sind es 430 Euro plus Zuschläge. Davon gehen auch noch einige Euros für Steuern und soziale Leistungen drauf. In den sozialen Medien bezeichnet so mancher Bus-, Straßen- oder U-Bahnfahrer daher den Kompromiss als „schlechten Witz“.
Trotz Schlichtung: DARUM kann es wieder bei der BVG Streiks geben
Die Stimmung unter den BVG-Mitarbeitern kocht. Lehnen sie das Angebot ab, das aus der Schlichtung entstand, wären sogar wieder Warnstreiks möglich. Die Verdi-Mitglieder unter den BVG-Beschäftigten könnten sogar noch eine Schippe drauflegen und in der Befragung eine erneute Urabstimmung für einen Dauerstreik fordern. Möglich wäre es.
Doch die Forderungen der 16.600 BVG-Mitarbeiter könnte ihnen auf die Füße fallen. Denn die BVG machte klar, dass der massive Wunsch nach mehr Lohn bereits seine Grenzen hatte.
„Wir sind den Verdi-Forderungen bis an unsere wirtschaftliche Grenze entgegengekommen – und teilweise darüber hinaus gegangen“, sagte BVG-Personalchefin Jenny Zeller-Grothe nach der Schlichtung. „Jetzt gilt es, die hohe wirtschaftliche Belastung, die ein Abschluss in dieser noch nie dagewesenen Höhe für die BVG mit sich bringt, stabil und verantwortungsvoll zu managen.“
140 Millionen Euro jährlich für mehr Lohn der Beschäftigten: Die muss nun die BVG irgendwo herholen oder im Unternehmenshaushalt einsparen. Die Fahrpreise erhöhen, das Fahrangebot zurückschrauben – dies wären Möglichkeiten.
Aber Zeller-Grothe erklärte bereits: Man gehe derzeit nicht davon aus, „dass es Einschränkungen im Angebot für unsere Kundinnen und Kunden geben wird“. Also Fahrpreiserhöhung? Möglich, aber wegen Zustimmung durch Senat und Verkehrsverbund nicht so schnell durchsetzbar.
140 Millionen Euro Mehrkosten für höhere Löhne: Drohen nun Entlassungen?
Die BVG müsse intern durch effizientere Prozesse die Millionen an Mehrkosten wieder herausholen, so die BVG-Personalchefin. Was das am Ende bedeuten könnte, wissen so manche BVG-Kenner: Entlassungen bei den Verkehrsbetrieben.
Christian Linow vom Berliner Fahrgastverbandes Igeb ist einer, der ganz offen sagt, was andere befürchten: Die BVG sollte lieber im eigenen Unternehmen umstrukturieren, um Geld einzusparen. Denn nur etwa die Hälfte der 16.600 Mitarbeiter sind im Fahrdienst tätig und sorgen tatsächlich dafür, dass die Berliner mit Bussen, Straßen- und U-Bahnen fahren können.
Einsparungen könnte man auch beim Marketing vornehmen, hatte Igeb-Sprecher Linow dem KURIER gesagt. Werbekampagnen mit Kevin Costner, für die die Verkehrsbetriebe 47.000 Euro zahlte, bringe niemanden etwas. „Die beste Werbung für die BVG ist, wenn sie zuverlässig und pünktlich die Fahrgäste befördert“, sagt Linow.
Auch möglich: Die BVG gibt weitere Buslinien an externe Unternehmen ab, deren Fahrer weniger verdienen. Bei über 20 Strecken ist das schon der Fall.
Eine Verschlankung der BVG sehen so manche Experten als möglichen Weg, um Einsparungen durchzusetzen. Weniger Mitarbeiter in der Verwaltung würden das Geld freisetzen, das die Verkehrsbetriebe auch für neue Fahrer braucht, damit es bei der BVG wieder richtig rollt. ■