Irre Idee

Nach Streik, nun Chaos: „Der Laden brennt“ – BVG-Manager sollen U-Bahn fahren

Lange Wartezeiten bei Bus, Straßen- und U-Bahn: Zu wenig Fahrzeuge, vor allem zu wenig Fahrer hat die BVG. Der Fahrgastverband Igeb hat da eine Idee, um das Fahrerproblem zu lösen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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BVG-Chef Henrik Falk: Vielleicht steuert er einmal einen U-Bahn-Zug, damit es bei den Berliner Verkehrsbetrieben im Untergrund wieder richtig läuft.
BVG-Chef Henrik Falk: Vielleicht steuert er einmal einen U-Bahn-Zug, damit es bei den Berliner Verkehrsbetrieben im Untergrund wieder richtig läuft.Sabine Gudath

Nach den Streiks und dem vorläufigen Ende des Tarifstreites müsste es bei den Berliner Verkehrsbetrieben wie geschmiert laufen. Doch nach den Arbeitskämpfen herrscht nun wieder Chaos im BVG-Fahrbetrieb – vor allem im Untergrund. Lange Wartezeiten auf U-Bahnen, weil Züge und Fahrer fehlen. Der Berliner Fahrgastverband Igeb kommt jetzt mit einem recht ungewöhnlichen Vorschlag: „Damit weniger U-Bahnen ausfallen, sollten die Manager der BVG die Züge fahren“, sagt Igeb-Sprecher Christian Linow (44) dem KURIER.

Auch ohne Streiks läuft es bei der BVG momentan nicht richtig. Die Berliner merken es. Wartezeiten bis zu 20 Minuten auf manchen U-Bahn-Strecken wie der U12 sind keine Seltenheit. Und wenn der Zug dann kommt, ist er oft ein Kurzzug.

Über das tägliche Chaos bei der BVG regte sich jüngst sogar die Landeschefin der Umweltschutzorganisation BUND, Gabi Jung, auf. „Den über 200.000 Fahrgästen täglich ein Angebotsversprechen zu machen, das nicht einmal ansatzweise eingehalten werden kann – so dürfe es nicht weiter gehen“, sagte sie. Ihre Forderung, damit überhaupt was bei der U-Bahn rollt: Die BVG sollte derzeit Stummellinien wie die U4 einstellen, um zusätzliche Fahrer und Züge für wichtigere Strecken zu bekommen.

Strecken aus dem Verkehr zu ziehen, sei gar nicht notwendig, findet der Sprecher des Berliner Fahrgastverbandes Igeb. 16.600 Menschen arbeiten bei der BVG, etwa die Hälfte sei in der Verwaltung oder Marketing tätig. Da werden sich doch einige finden lassen, die auch einen U-Bahn-Zug, eine Straßenbahn oder einen Bus fahren können – oder es notfalls lernen, so Christian Linow zum KURIER.

Chaos bei der BVG: „Der Laden brennt. Da muss jetzt jeder ran und sich einen Wassereimer greifen!“

Nicht nur Büro-Personal hat er dabei im Blick, auch die Manager bei der BVG. „Die mittlere Führungsebene etwa könnte einspringen“, sagt Linow. Theoretisch müssten diese Führungskräfte sogar eine Fahrerlizenz haben. „In jedem mittelständischen Unternehmen müssen die Meister und Chefs auch alles können, damit sie helfend einspringen, wenn im Betrieb Not am Mann ist.“

Was so eine Mittelstandsfirma kann, könnten auch die Berliner Verkehrsbetriebe. Und dort ist richtig Not am Mann. „Bei der BVG knirscht es an jeder Ecke“, sagt Linow. „Der Laden brennt. Da muss jetzt jeder ran und sich einen Wassereimer greifen, um das Chaos zu löschen.“

Und in der Tat gibt es bei der BVG Mitarbeiter, die eine Fahrerlaubnis für die U-Bahn haben. Und sie sind sogar Chefs. 48 Führungskräfte aus dem Betriebsmanagement U-Bahn können auch so einen Zug fahren, teilte im September 2024 die Senatswirtschaftsverwaltung auf Anfrage der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus mit.

Igeb-Sprecher Christian Linow
Igeb-Sprecher Christian Linowprivat

Weiter heißt es: „Die BVG teilt mit: Mitarbeitende der Verwaltung, insbesondere Führungskräfte vor Ort auf den Betriebshöfen (sogenannte Gruppenleitungen), übernehmen regelmäßig außerplanmäßig einzelne Dienste.“

Die Antwort zeigt, dass die Idee des Fahrgastverbandes gar nicht so abwegig ist, auch Führungskräfte in den Führungsstand der U-Bahnen zu setzen. Aber, es könnten ruhig mehr sein, findet Igeb-Sprecher Linow.

Denn auch bei den Buslinien fallen Fahrzeuge aus. Linow schlägt vor, dass die BVG weitere Teile seiner Linien an private Bus-Unternehmen ausschreibt. Die freigewordenen Fahrer könnten dann auf den eigenen Strecken eingesetzt werden.

Oder auch dort sitzen Frauen und Männer aus der Verwaltung am Steuer. Eine Vorbildwirkung hätte es, wenn dies auch BVG-Chef Hendrik Falk täte. „Das hat mehr Außenwirkung, als Hollywood-Star Kevin Costner für 47.000 Euro in einem Werbespot zu zeigen, wie er in einen BVG-Bus einsteigt“, sagt Linow.