Die sechste Runde in den Tarifverhandlungen zwischen den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und Verdi ist nach Unternehmensangaben ergebnislos zu Ende gegangen. Die Gewerkschaft hatte für diesen Fall eine Urabstimmung über unbefristete Streiks bei der BVG angekündigt. Zwei Stunden früher als geplant beenden Verdi und BVG das Elend und erklären die Tarif-Verhandlungen für gescheitert. Dann die neue Horror-Meldung für alle, die täglich auf die BVG angewiesen sind: Am Mittwoch und Donnerstag wird es neue Streiks geben!
Am Freitagabend verbreitete die Gewerkschaft Verdi die Meldung: Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) hat die Gewerkschaft den nächsten Warnstreik bei dem Unternehmen angekündigt. Man rufe die BVG-Beschäftigten nächste Woche Mittwoch und Donnerstag zu einem 48-stündigen Ausstand auf, teilte die Gewerkschaft mit. Wie schon in dieser Woche werden dann die meisten Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen nicht fahren - und alle Berliner, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, werden die massiven Auswirkungen des Ausstands zu spüren bekommen.
Eine scharfe Reaktion kam prompt von der BVG. „Die BVG verurteilt die Ankündigung weiterer Verdi-Warnstreiks mit massiven Auswirkungen auf Berlin aufs Schärfste“, teilt das Unternehmen mit. „Während die BVG die Schlichtung vorschlägt, um den Konflikt zu lösen, reagiert die Gewerkschaft destruktiv. Das macht man nicht. Damit hat Verdi den Bogen überspannt. Wir rufen Verdi ernsthaft auf endlich an Lösungen mitzuarbeiten. Dazu könnte schon Mitte kommender Woche die Schlichtung beginnen. Ein weiterer Streik auf dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner wäre ein Unding!“
Gefahr steigt und steigt: Kommt der Dauerstreik bei der BVG?
Verdi und die Arbeitgeberseite waren in dem Tarifkonflikt am Freitag (21. März) zur sechsten Verhandlungsrunde zusammengekommen. Die BVG habe verschiedene Denkanstöße und Modelle an den Verhandlungstisch gebracht, hieß es in einer Mitteilung. „Es lag an Verdi, sich endlich zu bewegen und den Ball aufzunehmen. Im Verlauf der Verhandlung ist jedoch deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung von insgesamt 30 Prozent / 750 Euro pro Monat mehr Gehalt festhält.“ Dabei müsse allen klar sein, dass eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen könne, so die BVG.
Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt erklärte: „Erneut hat die BVG ein Angebot verweigert, welches die Reallöhne der Beschäftigten sichert und ihre Leistungen angemessen honoriert“. Die Gewerkschaft bereite nun eine Urabstimmung über unbefristete Streiks vor. Diese werde vom 26. März bis zum 4. April andauern, sagte Arndt der Deutschen Presse-Agentur. Ein längerer Streik käme also erst im April auf die Berlinerinnen und Berliner zu. Für weitere Arbeitskämpfe trage die Arbeitgeberseite die Verantwortung, betonte Verdi.
BVG schlägt Schlichtung vor
Die BVG äußerte sich irritiert über das Vorgehen der Gewerkschaft und forderte nach dem Scheitern eine Schlichtung. „Um weiteren Schaden und neue Streiks für Berlin abzuwenden, ruft die BVG die Gewerkschaft Verdi auf, den bestehenden Tarifkonflikt schnellstmöglich über eine Schlichtung zu lösen“, teilte das Unternehmen der Deutschen Presse-Agentur mit. Dabei würden externe Vermittler im Tarifkonflikt versuchen, eine Einigung zu finden. Die Gespräche könnten aus Sicht der BVG bereits in der kommenden Woche beginnen. Verdi müsste dem freiwilligen Verfahren allerdings zustimmen.
Arndt sagte der dpa, man werde die Forderung einer Schlichtung prüfen. Wenn diese lediglich „Zeitschinderei“ sei, könne man sie auch ablehnen. Unabhängig von einer möglichen Schlichtung werde Verdi „auf jeden Fall in die Urabstimmung gehen“. Sowohl Verdi als auch die BVG hatten zuletzt den Druck auf die Gegenseite erhöht. Manuel von Stubenrauch aus der Verdi-Tarifkommission hatte noch vor dem Abbruch der Verhandlungen abgebrochen betont, dass wenn mit Blick auf das Grundgehalt nicht mehr passiere, man „wahrscheinlich in die Urabstimmung“ müsse für einen unbefristeten Streik. Sven Globig, ebenfalls aus der Tarifkommission, sagte, er rechne nicht mit einem „verhandlungsfähigen Angebot“.

Warnstreik der BVG und Verhandlungen gehen ineinander über
Bei einer Urabstimmung müssten mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Gewerkschaftsmitglieder einem Streik zustimmen. Bis eine solche Abstimmung abgeschlossen ist, dürften aber noch einige Tage oder Wochen vergehen. Ein längerer Streik käme wohl erst im April auf die Berlinerinnen und Berliner zu. Zugleich hieß es von der BVG ein nächster Termin für Verhandlungen sei für den 10. April vereinbart.
BVG: Verdi muss kompromissbereit sein
Die BVG sieht Verdi in der Pflicht, sich zu bewegen. „Es ist höchste Zeit, dass die Gewerkschaft endlich auch Lösungsansätze und Kompromisse an den Tisch bringt, statt weiter auf Maximalforderungen zu beharren“, sagte Personalvorständin Jenny Zeller-Grothe zuletzt. Mit einem neuen Angebot wollte die BVG allerdings nicht in die Verhandlungen gehen. „Wir sind viermal auf die Gewerkschaft zugegangen“, sagte Zeller-Grothe unter Verweis auf vier Angebote im Laufe der Gespräche. Kompromisse könnten nicht nur von einer Seite erwartet werden.
Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt erklärte die Verhandlungen über einen neuen Entgelt-Tarifvertrag für die rund 16.600 Beschäftigten des Landesunternehmens am Freitag denn auch für gescheitert. Noch am späten Nachmittag will die Verdi-Tarifkommission zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Es gilt als wahrscheinlich, dass Verdi wie angedroht eine Urabstimmung über einen unbefristeten Erzwingungsstreik einleiten wird. Zuletzt gab es 2008 einen solchen Streik.
Der große Knackpunkt in dem Tarif-Streit ist das Grundgehalt. Hier fordert Verdi 750 Euro im Monat mehr. Die Gewerkschaft argumentiert vor allem mit einem Nachholbedarf infolge der Preisentwicklung. Die letzte Entgeltrunde bei der BVG war noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation. Außerdem müsse die BVG als Arbeitgeberin attraktiv bleiben, um Personal zu gewinnen.
Die BVG erkennt den Nachholbedarf an. Das Unternehmen betont jedoch zugleich, dass man sich bei den Tarifverhandlungen 2021 mit Verdi auf eine Wochenarbeitszeit von 37,5 statt 39 Stunden bei vollem Lohn geeinigt habe. Die BVG bot zuletzt stufenweise 375 Euro bei 24 Monaten Laufzeit. Das entspreche einer Erhöhung von insgesamt 13,6 Prozent. Verhandelt wird zudem über ein höheres Weihnachtsgeld, über Zulagen bei bestimmten Schichtmodellen sowie flexiblere Arbeitszeiten.
Auf dem Tisch liegt weiterhin das vierte Angebot der BVG
Arbeitszeit: Im Rahmen eines Wahlmodells können Mitarbeitende die Regelarbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche auf bis zu 39 Stunden erhöhen und damit bis zu 4,7 Prozent mehr Lohn erhalten.
Festbetrag: Die BVG erhöht den Lohn aller Mitarbeitenden rückwirkend zum 1. Januar 2025 um 240 Euro pro Monat. Ab März 2026 kommen noch einmal 135 Euro pro Monat hinzu.
Weihnachtszuwendung und Zulagen: Die Weihnachtszuwendung erhöht sich sowohl dieses als auch nächstes Jahr um jeweils 100 Euro. Fahrdienstzulage als auch die Wechselschichtzulage läge bei jeweils 225 Euro, die Schichtzulage bei 130 Euro.
Durchschnittlich würden die Löhne aller Mitarbeitenden in zwei Jahren um 13,6 Prozent steigen, für Fahrer*innen um 17,2 Prozent. ■