Jubel bei den Klimaaktivisten

Amtlich! Polizei hat Klimakleber zu hart angefasst – Schmerzgriff unzulässig

Bereits 2023 gingen Polizisten bei einer Demo mit sogenannten Schmerzgriffen gegen einen Aktivisten vor. Der zog jetzt vor Gericht – mit Erfolg.

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Der Aktivist der Letzten Generation vor Gericht. Der Schmerzgriff, der bei ihm angewendet wurde, war laut Gericht unverhältnismäßig.
Der Aktivist der Letzten Generation vor Gericht. Der Schmerzgriff, der bei ihm angewendet wurde, war laut Gericht unverhältnismäßig.Paul Zinken/dpa, X

Sie blockierten den Berliner Straßenverkehr, trieben Autofahrern den Wutschweiß auf die Stirn. Doch wehe, die Polizei fasste bei den Räumungsaktionen zu hart zu! In Berlin wurde am Donnerstag der Fall eines Klimaklebers vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Inhalt: Die Polizei hatte bei dem 21-Jährigen, der zur Aktivistengruppe „Letzte Generation“ gehört, einen sogenannten Schmerzgriff angewandt – mit dem Ziel, ihn bei einer Blockade-Aktion von der Fahrbahn zu bekommen. Nun urteilte das Gericht: Der Griff war unzulässig, der Klimakleber wurde von den Ordnungshütern also zu hart angefasst.

Schmerzgriff bei Klimakleber war laut Gericht unzulässig

Was war passiert? Bereits am 20. April 2023 hatte sich der 21-Jährige an einem Protestmarsch auf der Straße des 17. Juni beteiligt, berichtet die „Berliner Zeitung“. Die Berliner Polizei schritt ein – die Demonstranten sollten sich von der Fahrbahn entfernen, sich auf den Bürgersteig begeben. Doch die Aktivisten widersetzten sich. Die Beamten lösten deshalb die Versammlung auf. Danach setzten sich einige der Demonstranten auf die Straße.

Dann kam es zu der Szene, um die es nun ging: Ein Polizist forderte den 21-Jährigen auf, sich von der Fahrbahn zu entfernen, er werde sonst unmittelbaren Zwang anwenden. Was dann passierte, wurde von anderen Demonstranten gefilmt und ins Netz gestellt. In dem Clip sagt der Polizist zu dem Aktivisten: „Wenn ich Ihnen Schmerzen zufüge, wenn Sie mich zwingen, werden Sie die nächsten Tage, nicht nur heute, Schmerzen beim Kauen haben und beim Schlucken.“ Noch immer tut sich nichts. Dann kommen zwei weitere Beamte hinzu. Sie ziehen den Aktivisten hoch, doch er lässt sich wieder fallen. Einer der Beamten fasst ihn am Kiefer an, ein anderer dreht ihm den rechten Arm auf den Rücken. Der 21-Jährige schreit vor Schmerzen.

Schmerzgriff gegen Klimakleber: „Weniger schmerzintensiver Vollzug wäre möglich gewesen“

Der 21-Jährige hat nun gegen die Polizei geklagt – weil sogenannte Schmerzgriffe angewendet wurden. Die Entscheidung: Das Gericht gab der Klage statt. Denn: Es sei von der Situation abhängig, ob solche Schmerzgriffe zulässig sein könnten. Hier sei die Nutzung rechtswidrig und unverhältnismäßig gewesen. Laut dem Vorsitzenden Richter hätten die Beamten den Demonstranten auch von der Fahrbahn wegtragen können. „Ein weniger schmerzintensiver Vollzug wäre möglich gewesen“, sagte der Richter. Gegen die Entscheidung kann die  Polizei beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in Berufung gehen.

Ein Verfahren wegen Körperverletzung gegen den Beamten wurde bereits eingestellt – die neue Entscheidung ändert daran laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung nichts. „Den Beschuldigten konnte nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass sie bei dem Einsatz unverhältnismäßige Gewalt angewendet haben“, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft. Bei der Berliner Zeitung heißt es außerdem, dass gegen den 21-Jährigen nicht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt werde, weil er nur passiven Widerstand geleistet habe. ■