Senat, so geht’s auch!

Statt Abriss: SEZ erhalten UND Wohnungen bauen – so geht's

Nach der Zwangsräumung will der Berliner Senat das Sport- und Erholungszentrum für neue Wohnungen abreißen lassen. Dabei geht das auch anders, wie jetzt zwei Architektur-Studenten zeigen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Elisabeth Guericke (27) und Ilhun Güngör (28): Die beiden TU-Architektur-Studenten zeigen mit einem Modell, dass man das SEZ trotz Wohnungsbau erhalten kann. 
Elisabeth Guericke (27) und Ilhun Güngör (28): Die beiden TU-Architektur-Studenten zeigen mit einem Modell, dass man das SEZ trotz Wohnungsbau erhalten kann. Markus Wächter/Berliner KURIER

Der Kampf um das Berliner Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee steht kurz vor seinem bisherigen Höhepunkt. Am Dienstag, 1. Oktober, rückt der Gerichtsvollzieher mit der Polizei an, um das einstige DDR-Spaßbad zwangsräumen zu lassen, das der bisherige Eigentümer nicht herausrücken will. Danach will der Senat seinen Plan in die Tat umsetzen, um auf dem Areal bis zu 500 Wohnungen zu bauen und das SEZ dafür abreißen zu lassen. Und darüber sind die Berliner mächtig verärgert!

Aber, lieber Senat, es geht auch anders! Zwei Architektur-Studenten der Berliner Technischen Universität (TU) haben jetzt einen Bauplan vorgelegt, der zeigt, dass man auf dem Gelände Wohnungen bauen und gleichzeitig das SEZ erhalten kann. Bei der Podiumsdiskussion zum Erhalt des DDR-Spaßbades in der Aula der Evangelischen Schule in Friedrichshain haben Elisabeth Guericke (27) und Ilhun Güngör (28) diesen Plan vor wenigen Tagen vorgestellt.

TU-Studenten: Masterarbeit zum Erhalt des SEZ

„Unsere Ideen zum SEZ haben wir vor einem Jahr als unsere Masterarbeit vorgelegt“, sagen die Studenten des TU-Institutes für Architektur. „Das Thema hat uns gereizt, wie man in Berlin Bestandsgebäude trotz des nötigen Wohnungsbaus erhält und nicht gleich alles abreißen muss, wie es der Senat mit dem SEZ plant.“

Dazu haben Guericke und Güngör ein Modell angefertigt. Darauf sind die charakteristischen Gebäudeteile des SEZ zu sehen. Man erkennt aber: Selbst bei dem Plan der beiden Studenten werden kleine Teile des beliebten Sport- und Erholungszentrums abgerissen und das bisherige Erscheinungsbild verändert.

„So haben wir die Schenkel weggelassen, um das ganze Areal ein wenig luftiger zu machen“, sagt Güngör. „Aber die Gebäude bleiben im Grunde erhalten. Das wären die drei großen Hallen, die mit dem Schwimmbad, die Eislauf- und die Sporthalle, die man sanieren müsste.“

Das Modell der Studenten für das künftige SEZ-Quartier: Das markante Hauptgebäude mit den Schwimmhallen bleibt. Die große Eishalle (oben) und der Sporthallen-Teil  (re.) werden Wohnungen aufgestockt. 
Das Modell der Studenten für das künftige SEZ-Quartier: Das markante Hauptgebäude mit den Schwimmhallen bleibt. Die große Eishalle (oben) und der Sporthallen-Teil (re.) werden Wohnungen aufgestockt. Markus Wächter/Berliner KURIER

Auch das Außenbecken wird in ihrem Plan weiter bestehen. „Unser Ziel ist es, trotz der ergänzenden Wohnungsbebauungen, den Geist des SEZ zu erhalten“, sagen die Studenten.

TU-Studenten: Wohnungen auf das SEZ bauen

Und wo kommen die Wohnungen hin? Um die Mieten-Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu entspannen, bräuchte die Hauptstadt etwa 130.000 neue Sozialwohnungen, rechnen Experten vor. Aktuell fehlen der Stadt 47.000 Quartiere.

Von den 500 Wohnungen, die der Senat jetzt auf dem SEZ-Areal plant, sollen etwa die Hälfte zu günstigen Mieten angeboten werden. Ein Teil der Wohnblöcke will man dorthin bauen, wo jetzt noch das einstige DDR-Spaßbad steht.

Die SEZ-Sporthalle mit aufgestockten Wohnungen: So stellen es sich die TU-Studenten vor.
Die SEZ-Sporthalle mit aufgestockten Wohnungen: So stellen es sich die TU-Studenten vor.Guericke/Güngör/TU-Berlin

Nach dem Plan der Studenten geht das auch – trotz Erhalt der SEZ-Gebäudeteile. „Die Sport- und die Eislaufhalle werde einfach um jeweils drei Etagen aufgestockt“, sagt Ilhun Güngör.

Mit umliegenden Neubauten könnten nach dem Plan der TU-Studenten insgesamt über 400 Wohnungen nebst einer Schule in dem Quartier entstehen, also nur 100 weniger als der Senat es will. Die Differenz wäre auch kein Problem. Schließlich stehen in Berlin über 40.000 Wohnungen leer.

Das SEZ-Areal mit Wohnungsbau zeigt dieser Entwurf der TU-Studenten. 
Das SEZ-Areal mit Wohnungsbau zeigt dieser Entwurf der TU-Studenten. Guericke/Güngör/TU-Berlin

Bei der Aufstockung des SEZ mit Wohnungen stellt sich allerdings die Frage: Können die Hallen überhaupt die Traglast von drei Stockwerken halten? Das müsste geprüft werden.

Allerdings müssten die Stockwerke auch nicht aus reinem Stahl und Beton errichtet werden, so TU-Student Güngör. Um die Wohnungsetagen „leichter“ zu machen, könnten diese in eine Art Holzmodulbauweise gebaut werden, erklärt er.

Hallo Tristesse! Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee heute.
Hallo Tristesse! Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee heute.dpa

Wohnungen aus Holz sollen auf das SEZ drauf

Diese wird in der Praxis bereits angewendet. Dreigeschossige Schulen werden nach dieser Methode gebaut – wie gerade die Astrid-Lindgren-Grundschule in Berlin-Spandau. Und ein siebenstöckiges Bürogebäude für Bundestagsabgeordnete wurde in Holzmodulbauweise vor zwei Jahren im Berliner Regierungsviertel fertig.

Sicher, über den SEZ-Plan der TU-Studenten lässt sich streiten, zumal das Aussehen des bekannten Gebäudes verändert wird. Aber eins steht fest: „Wer neue Wohnungen in diesem Quartier bauen möchte, muss nicht das SEZ abreißen“, sagen Elisabeth Guericke und Ilhun Güngör. Der Senat sollte sich die Idee der Studenten einmal anschauen. Schaden kann es nicht. 

Liebe Leser, was sagen Sie zu den Plänen der Studenten zum Erhalt des SEZ? Das einstige DDR-Spaßbad mit Wohnungen - kann das die Zukunft sein? Diskutieren Sie mit und schreiben uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!