Am Tempelhofer Damm

Baustellen-Zoff: Weil Senat keine Umleitung will, sollen 73 Bäume sterben

Auf dem Tempelhofer Damm ist eine Mega-Baustelle für zehn Jahre geplant. Um ein Verkehrschaos zu vermeiden, müssten entweder Anwohner leiden oder viele Bäume gefällt werden.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Arbeiter mit Kettensäge wartet auf den Einsatz.
Arbeiter mit Kettensäge wartet auf den Einsatz.A. Friedrichs/imago

Es ist unglaublich, was in dieser Stadt geschieht. Da wird in Berlin gebuddelt, ohne Rücksicht auf Verluste zu nehmen. Etwa gesunde 500 Bäume sollen in der nächsten Zeit wegen Bauvorhaben gefällt werden. Dabei ist das geplante Kettensägen-Massaker nicht immer notwendig. So wie auf dem Tempelhofer Damm: Da sollen wegen Bauarbeiten auf dem Mittelstreifen 73 Bäume abgeholzt werden, nur weil der Senat dort keine Umleitungsstrecke für Autos haben will.

Auf dem Tempelhofer Damm ist schwer was los. Über 50.000 Autos und Laster rollen täglich über diese wichtige Straße in Berlin. Das geht auf die Substanz. Dabei geht es nicht einmal so sehr um den Zustand der Fahrbahn zwischen Platz der Luftbrücke und A100-Zubringer, sondern um alles das, was darunter liegt.

Seit langem plant die BVG, im dortigen Untergrund die Tunneldecke der U6 sanieren zu lassen. Die Wasserbetriebe wollen die Gelegenheit nutzen, die über 100 Jahre alten Abwasserdruckleitungen zu erneuern, die unter dem Asphalt liegen. Klar, der T-Damm bekommt dann auch noch eine neue Fahrbahn. Was nicht schön ist: Wegen der Mega-Buddelei müssten 73 Bäume, die auf dem Mittelstreifen stehen, gefällt werden.

Ahorn, Linden einfach so abholzen lassen: Das wollten vor Jahren weder Umwelt- und Naturschützer, noch der Bezirk Tempelhof-Schöneberg sowie der damalige Senat. Also einigten sich die beiden Letztgenannten darauf, dass die Bäume stehen bleiben und der Autoverkehr großzügig umgeleitet wird – und das bei einer Baustellendauer von etwa zehn Jahren.

Doch die Zeiten ändern sich – und die Zusammensetzung des Senats auch. Nun gibt es eine Landesregierung aus CDU und SPD. Die Verkehrsverwaltung ist auch nicht mehr grün, sondern schwarz. Und so wurde inzwischen beschlossen, dass für die Bauarbeiten am Tempelhofer Damm die Bäume vom Mittelstreifen doch verschwinden sollen.

Die Grünen-Abgeordneten Turgut Altug und Antje Kapek wollten jetzt wissen, was da los ist. Sie stellten eine Anfrage an die Senatsverkehrsverwaltung, weshalb nun die einst getroffene Planung zum Erhalt der Bäume über den Haufen geworfen wurden. Die Antwort der Behörde von Senatorin Ute Bonde (CDU) liegt jetzt vor.

„Die verkehrlichen Einschränkungen angesichts des in Rede stehenden Bauvorhabens werden erheblich sein“, heißt es. „Gegenwärtig geht der Senat davon aus, dass die Beibehaltung einer Verkehrsführung mit insgesamt vier Fahrtstreifen auf dem Tempelhofer Damm deutliche Vorteile auch für den Fall bedeutet, dass dazu eine zusätzliche Fällung von Straßenbäumen erforderlich ist.“

Mit anderen Worten: Der Senat will 73 gesunde Bäume fällen lassen, weil er die Umleitungen nicht haben und den Mittelstreifen als Fahrspur nutzen will. Und das nicht etwa, weil etwa die CDU geführte Verkehrsverwaltung die Autofahrer so liebt und ihnen zehn Jahre lang keine beschwerlichen Umfahrungen zumuten will – wie die Behörde erklärt.

DARUM will Senat am Tempelhofer Damm 73 gesunde Bäume fällen

Es gibt einen anderen Grund, warum die Senatsverkehrsverwaltung lieber 73 gesunde Bäume fällen lassen möchte, als komplizierte Umleitungen am Tempelhofer Damm einzurichten, wenn dort gebuddelt wird. In der Antwort an die Grünen-Abgeordneten  Altug und Kapek steht es.

Diese Bäume auf dem Mittelstreifen des Tempelhofer Damms will der Senat fällen lassen.
Diese Bäume auf dem Mittelstreifen des Tempelhofer Damms will der Senat fällen lassen.A. Friedrichs/imago

Noch einmal zur Erinnerung: Über 50.000 Fahrzeuge sind täglich auf dem Tempelhofer Damm. Im Berufsverkehr stehen jetzt schon mehr die Autos und Lasters im Stau, als dass sie fahren. Wird dieser Verkehr nun noch durch die anliegenden Straßen und Wohngebiete wegen Bauarbeiten umgeleitet, die etwa zehn Jahre dauern sollen, ist das Chaos perfekt und der Ärger der Anwohner groß.

Davon geht jedenfalls die jetzige Verkehrsverwaltung aus, legt dafür Berechnungen vor. Bleiben die Bäume auf dem Mittelstreifen, wird der Verkehr über die Dudenstraße, General-Pape-Straße (nur Lkws) und über die Wilhelm-Kabus-Straße (nur Kfz) umgeleitet.

Baum-Massaker am Tempelhofer Damm: Die Grünen sind auf der Palme

In diesem Gebiet wohnen über 1350 Menschen. Würde der Verkehr durch ihren Kiez umgeleitet, würde dies mindestens eine Verdoppelung der Schallenergie in dem Wohngebiet bedeute. Es wird für die Anwohner dort also für die nächsten zehn Jahre richtig laut, glaubt man den Berechnungen des Senats. Daher soll der Verkehr auf dem Mittelstreifen des T-Damms weiter laufen und die Bäume gefällt werden.

Die Grünen haben da so ihre Zweifel an den Berechnungen und den Darstellungen er Behörde von Verkehrssenatorin Bonde (CDU). Man habe für die Berechnung unter anderem die aktuelle Verkehrsbelastung nicht richtig angegeben, kritisiert Kapek gegenüber dem RBB. Und ihr Parteifreund Altug sagt: „In Zeiten der Klimakrise zählt jeder Baum in der Stadt.“

Nun sind also die Grünen auf der Palme. Und sie wehren sich gegen das geplante Kettensägen-Massaker, das Ende des Jahres auf dem Tempelhofer Damm stattfinden soll. Verkehrsbezirksstadträtin Saskia Ellenbeck (Grüne) verweigert jetzt die Genehmigung für das Fällen der Bäume.