Der erste Nachtzug aus Berlin nach neunjähriger Pause ist am Dienstag in Paris eingetroffen. „Ich habe supergut geschlafen, aber nicht sehr lange“, sagte Erwan Laurent, einer der 15 Juniorbotschafter des Deutsch-Französischen Jugendwerks, die zu der Jungfernfahrt eingeladen waren. „Junge Leute wollen mehr Nachtzüge, weil sie klimaverträglicher sind als Flugzeuge“, fügte er hinzu.
Auch der französische Verkehrsminister Clément Beaune und mehrere Vertreter der deutschen, französischen und österreichischen Bahn waren mit dem Nachtzug nach Paris gereist. Die Reise dauerte etwa 14 Stunden. „Der Nachtzug steht für klimafreundliches Reisen und ein vernetztes, grenzenloses Europa“, hatte Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz vor der Abfahrt vom Berliner Hauptbahnhof betont.
Wagen auf neuer Verbindung sind alte Waggons
Die Liegewagen des neuen Nachtzugs sind alte deutsche Waggons, welche die österreichische Bahn (ÖBB) von der DB aufgekauft hatte. „Anfangs wurden wir belächelt, (...) aber der Erfolg gibt uns recht“, sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä. Die alten Waggons sind modernisiert worden, aber einige Details sind im Original erhalten, etwa die Schalter für die Licht- und Lautstärkeregelung. Mittlerweile sind die Österreicher im Nachtzuggeschäft führend. Die DB als Trittbrettfahrer hat kein eigenes Nachtzuggeschäft.
Wann fährt der Nachtzug Berlin–Paris?
Zunächst fährt der Zug vom Typ Nightjet dreimal pro Woche, montags, mittwochs und freitags von Berlin aus und dienstags, donnerstags und samstags von Paris aus. Die Ankunftszeit am Pariser Ostbahnhof ist jeweils 10.24 Uhr, was für Geschäftsreisende nicht sehr attraktiv sein dürfte. In Berlin kommt der Nachtzug aus Paris um 8.25 Uhr an, was mit einem Bürotag deutlich besser vereinbar ist. Reisende, die ein Wochenende in Paris verbringen wollen, müssen entweder schon am Samstagabend zurückfahren oder noch bis Dienstagabend bleiben. Von Oktober 2024 an soll der Nachtzug an jedem Wochentag fahren.
Der neue Nightjet fährt von Berlin über Halle (Saale), Erfurt, Mannheim und Straßburg (Strasbourg) in rund 14 Stunden nach Paris. Ein Teil des Zugs wird in Mannheim abgekuppelt, um über Köln, Aachen und Lüttich (Liège) nach Brüssel zu rollen.
So sind die Nachtzüge Berlin–Paris ausgestattet
Einige der früheren Sechserabteile in den Waggons sind inzwischen zu Viererabteilen umgestaltet, sodass eine Bank zum Sitzen frei bleibt. Die Lüftung ist laut, und vor dem schlecht zu verdunkelnden Abteilfenster flitzen die Lichter der Nacht vorbei – doch alle Reisenden finden Ohrstöpsel und Schlafbrillen auf ihren Plätzen. Über eine kleine Leiter gelangt man auf die oberen Liegen. Ein Metallbügel verhindert nächtliche Stürze.
Am Morgen können Reisende ihr Frühstück in ihr Abteil bestellen – da die ÖBB für die Versorgung zuständig ist, heißt die Milch für den Kaffee Obers, und es gibt Semmeln statt Croissant, obwohl der Zug längst durch Frankreich rollt.

Was kostet der Nachtzug Berlin–Paris?
Der junge Reisende Erwan Laurent ist aus Prinzip Zugfan. „Aber wenn die Bahn junge Menschen anziehen will, dann muss sie was bei den Preisen tun“, sagt er. Zwar sind die billigsten Sitzplätze zwischen Berlin und Paris schon ab rund 35 Euro und Liegeplätze ab 50 Euro zu haben – doch wer kurzfristig bucht, zahlt deutlich mehr.
Das günstigste Angebot für eine Fahrt Anfang Januar kostet aktuell knapp 45 Euro pro Person, allerdings für einen Sitzplatz inklusive Reservierung in der zweiten Klasse. In den Liegewagen reichen die Preise von knapp 100 Euro (Liegeplatz im Abteil mit sechs Liegen) bis zu mehr als 600 Euro (Privatabteil Liegewagen). Im Schlafwagen mit Betten kostet eine Fahrt zwischen 165 Euro für eine Fahrt im Abteil mit drei Betten bis zu 475 Euro für ein Abteil mit einem Bett (alle Preise Stand 11. Dezember).
„Wir haben einen großen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zum Flugzeug und zum Auto“, sagte Marco Kampp, Leiter für den internationalen Fernverkehr bei der DB, der ebenfalls bei der Jungfernfahrt dabei war. „Der Flugverkehr ist von der Kerosinsteuer befreit, das verzerrt die Preise“, erklärt er.
Bedauerlich sei auch, dass die neuen Schlaf- und Liegewagen, die die ÖBB bei Siemens in Auftrag gegeben hat, nicht zwischen Berlin und Paris zum Einsatz kommen werden. „Die sind in Frankreich nicht zugelassen“, erklärt er. Stattdessen sind die neuen Wagen auf der Strecke nach Wien im Einsatz. ■