Zukunft ohne Fahrer?

Nach dem Streik: Schafft die BVG ihre U-Bahn-Fahrer ab?

Mehr Geld für Fahrer – und bald keine mehr? Die BVG denkt über automatische Züge nach. Ein Blick in Berlins mögliche Nahverkehrszukunft.

Teilen
Berlin rutscht von einem Streik in den nächsten.  Jetzt die Frage: Ist die Zukunft der U-Bahn in Berlin fahrerlos? (Symbolfoto)
Berlin rutscht von einem Streik in den nächsten. Jetzt die Frage: Ist die Zukunft der U-Bahn in Berlin fahrerlos? (Symbolfoto)IMAGO / Guido Koppes

Es wurde gestreikt, 140 Millionen Euro muss die BVG nun pro Jahr mehr an ihr Personal zahlen. Jetzt kommt die Frage: Haben sich die U-Bahn-Fahrer mit ihren Forderungen vielleicht ihre eigene Zukunft verbaut? Die BVG schielt nämlich Richtung komplett fahrerlose U-Bahnen. Schaffen die Berliner Verkehrsbetriebe ihre U-Bahn-Fahrer ab?

Heftige BVG-Streiks im Frühling: Ist der Beruf des U-Bahn-Fahrers langfristig gefährdet?

Mehrere Streiks liegen hinter den Berlinern. Schließlich konnte sich die BVG mit ihren Angestellten einigen. Wie KURIER bereits berichtete, sollen die 16.600 Mitarbeiter 430 beziehungsweise 585 Euro mehr Monatsgehalt bekommen. Die Gewerkschaftsmitglieder in der Belegschaft stimmen nun bis zum 28. April darüber ab, ob sie nun das Geld nehmen oder lieber in einen Dauerstreik treten wollen.

Entscheidet man sich für das Geld, wird das der BVG jährlich 140 Millionen Euro mehr kosten. Eine stattliche Summe. Aber haben sich die Angestellten der BVG mit ihrer Forderung nach mehr Lohn ins Aus gekickt?

Kann die U-Bahn in Berlin in der Zukunft ohne Fahrer fahren?

Denn die BVG träumt von einer Zukunft, in der die Berliner U-Bahn ohne Fahrer komplett vollautomatisch fahren könnte. Solche Systeme gibt es vereinzelt schon hier und da auf der Welt. Wie der RBB berichtet, orientiert sich die BVG bei Zukunftsüberlegungen zur Automatisierung an erfolgreichen Beispielen wie Nürnberg. Dort fährt die vollautomatische Bahn auf zwei von drei Linien zuverlässig. Die fahrerlose Bahn im schönen Bayern sei im vergangenen Jahr zu mehr als 99 Prozent pünktlich gewesen.

Klar, Pünktlichkeit ist ein Ziel der BVG, denn in Berlin war mehr als jede siebzehnte U-Bahn nicht nur zu spät, nein, manche kamen gar nicht. Bewirken vollautomatisierte U-Bahnen weniger Wartezeit, weniger Verspätungen und weniger Störungen?

Könnten fahrerlose U-Bahn-Systeme billiger sein?

Möglich wäre es. So sieht es Professor Markus Hecht. Er ist Leiter der Abteilung Schienenfahrzeuge am Institut für Land- und Seeverkehr der TU Berlin – und sitzt auch im BVG-Aufsichtsrat. Hecht sagt dem RBB: „Vollautomatische, also fahrerlose U-Bahn-Systeme sind auf mittlere und lange Sicht billiger.“ Und es geht dabei nicht nur um hohe Personalkosten. Man kann mit den neuen, vollautomatischen Zügen auch Geld sparen. Denn sie verbrauchen deutlich weniger Energie, so Hecht.

Macht die neue Technik die Berliner U-Bahn-Fahrer nun überflüssig? Die Pläne vom automatischen Fahren sind gar nicht so fern. Schon in den kommenden Jahren soll auf der U5 und der U8 ein halbautomatischer Betrieb gestartet werden. Die Fahrer bleiben da noch am Bord: Sie sollen das Öffnen und Schließen der Türen, und die Freigabe zum Losfahren geben. Allein das Fahren wird von der Automatik übernommen. Aber auch eine Teilautomatisierung ist nicht billig, mit 200 Millionen Euro müsse man schon rechnen.

Erst mal will die BVG nur eine Teil-Automatisierung

Der Berliner Fahrgastverband Igeb stellt sich einer Vollautomatisierung kritisch: „Bis die Technik auf allen U-Bahn-Strecken steht, können bis zu 20 Jahre vergehen“, sagt Igeb-Sprecher Christian Linow dem KURIER. Und er sagt: „Auch in Nürnberg, wo auf zwei Linien U-Bahnen ohne Fahrer rollen, wird nicht ganz auf Personal verzichtet.“ In der Franken-Metropole sind ehemalige Fahrer nun als Servicekräfte beschäftigt, helfen bei hohem Fahrgastaufkommen und mehr. Gekündigt wurde demnach wohl nicht.

Teilautomatisierung, Vollautomatisierung – alles nur Zukunftsmusik?

Was sagt die BVG zur Vollautomatisierung? „Konkrete Planungen für einen komplett fahrerlosen Betrieb auf bereits vorhandenen Strecken gibt es aktuell nicht“, sagt BVG-Sprecher Markus Falkner dem RBB. Fest steht, eine Vollautomatisierung ohne Fahrer ist verlockend, und die BVG zieht einen fahrerlosen Betrieb bei Streckenneubauten in Betracht. Solche Träume sind aber von langfristiger Natur. Bis dahin bleibt der Fahrerplatz in der Berliner U-Bahn erst mal besetzt.

Liebe Leser, was sagen Sie zu dem Thema? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com oder kommentieren Sie unseren Beitrag auf Facebook oder bei X. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!