In Paris ist es vor einem Jahr passiert. Nun hat Madrid nachgezogen und die E-Scooter verboten. Weil die Roller, mit denen ihre Benutzer rücksichtslos auf den Straßen fahren, den Verkehr unsicher machen. Oder sie nach den Fahrten oft auf die Gehwege geschmissen werden. Gründe, die auch in Berlin ein großes Ärgernis sind. Darüber soll am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses debattiert werden. Ein Roller-Verbot wie in Madrid oder Paris wird es aber wohl nicht geben. Denn Berlins Politiker wollen dies partout nicht aussprechen.
Madrids Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida hat dagegen nun die Faxen dicke. Ab Oktober dürfen die drei E-Scooter-Anbieter Lime, Dott und Tier Mobility ihre 6000 Leihroller in der spanischen Hauptstadt nicht mehr anbieten. Martínez-Almeidas Begründung für den Lizenzentzug: Die Anbieter hätten „die Bedingungen zur Sicherheit der Fußgänger, insbesondere der älteren“, nicht erfüllt. Daher musste jetzt gehandelt werden. „Denn die Sicherheit der Bewohner Madrids ist unsere Priorität“, sagte der Bürgermeister.
Viele Unfälle, achtloses Abstellen: Doch Berlin denkt an kein E-Roller-Verbot
Auch die Sicherheit der Berliner ist durch die E-Scooter bedroht, die Anbieter wie Lime oder Tier in der deutschen Hauptstadt zum Ausleihen anbieten. Selbst wenn 2023 die Unfälle mit Personenschäden im Vergleich zum Vorjahr von 768 auf 677 zurückgingen, bleiben Roller-Fahrer im Straßenverkehr eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.
Laut einer aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes verursachen E-Roller-Fahrer durch die falsche Benutzung der Fahrbahn oder der Gehwege die meisten Unfälle. Oft sind Roller-Fahrer auch noch dabei alkoholisiert. Dass das Roller-Fahren auf Gehwegen verboten ist – auch daran wird sich nicht immer in Berlin gehalten.

Eine weitere Gefahrenquelle vor allem für Fußgänger ist das achtlose Herumliegen von Leihrollern auf den Gehwegen und Plätzen der Hauptstadt. All das passiert, obwohl das Land Berlin den Firmen klare Vorgaben mit der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für das Vermieten von über 43.000 E-Rollern und E-Rädern stellte.
Sogar in Oranienburg gibt es ein E-Roller-Verbot – nur in Berlin nicht
Andernorts werden diese Erlaubnisse bei Nichteinhaltung der Absprachen entzogen. Nicht nur in Madrid oder Paris – sogar in Oranienburg. Da darf nun ein E-Scooter-Anbieter seine Roller nicht mehr fahren lassen. Auch in Gelsenkirchen wurden die Anforderungen so verschärft, dass sich zwei E-Scooter-Verleiher aus der Stadt verabschiedeten.

Solche Maßnahmen wie in Oranienburg gegen E-Scooter-Anbieter durchzusetzen, „das ist eine Frage des kommunalen Willens“, sagt Roland Stimpel vom Berliner Fußgängerverband FUSS e.V. Er wird in der Ausschussdebatte am Mittwoch dabei sein und über die aktuellen Probleme mit den E-Scootern aus Verbandssicht Auskunft geben.
Dabei sind die Ärgernisse mit den Leihrollern auch der Senatsverkehrsverwaltung bekannt. „Daher gibt es Gespräche mit den Anbietern“, sagt Behörden-Sprecherin Petra Nelken dem KURIER. „Noch sind wir aber nicht an dem Punkt, über Verbote zu reden.“

E-Roller-Chaos in Berlin: „Noch sind wir nicht an dem Punkt, über Verbote zu reden“
Denn noch immer setzt man auf Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Hauptaugenmerk der Verkehrsverwaltung ist dabei das sachgerechte Abstellen der Roller und, dass Firmen mittels der sogenannten Fußpatrouillen sicherstellen, dass Roller nicht achtlos auf Gehwegen liegen.
„In der Tat habe sich da schon einiges zum Positiven gewendet, vor allem im Bezirk Mitte“, sagt Roland Stimpel von FUSS e.V. So seien nach seiner Ansicht einige Stellen am Hauptbahnhof nicht mehr durch Leihroller und -räder „vermüllt“. „Auch am Brandenburger Tor hat sich die Lage gebessert.“
„Es gibt noch viel nachzubessern“, sagt CDU-Verkehrsexperte Johannes Kraft. Und die Runde dazu im Abgeordnetenhaus würde dazu beitragen, die Probleme zu lösen, ist sich der Abgeordnete sicher. Schließlich wolle man an E-Scootern und Leihrädern als Mobilitätsalternative in Berlin festhalten, so bei den sogenannten „letzten Meile“, damit Menschen etwa vom Bahnhof problemlos mit diesen Rollern nach Hause kämen, ohne noch ein Auto benutzen zu müssen. „Daher steht ein komplettes E-Scooter-Verbot in Berlin nicht auf der Agenda“, sagt Kraft.

Mehr E-Roller-Stationen als ein Verbot
Für die Verkehrsverwaltung ist es wichtig, vor allem für die Roller-Nutzer das Standort-Netz zum ordentlichen Abstellen der E-Scooter zu verbessern – etwa durch den Ausbau der Haltepunkte in Kooperation mit dem Mobilitäts-Projekt Jelbi der BVG. Über 200 Stationen gibt es bisher, die Platz für bis zu 5000 Rollern bieten würde. „Das reicht bei weitem nicht“, sagt Verkehrsexperte Kristian Ronneburg von der Linkspartei, der ebenfalls gegen eine Verbotslösung ist.
Doch den Ausbau der Jelbi-Stationen kann sich der Senat aufgrund der drastischen Sparpläne nicht so richtig leisten. Der Fußgängerverband schlägt vor, dass die E-Scooter-Anbieter an den Kosten beteiligt werden sollten. „Die neuen Stationen müssen ja nicht nur mit Steuergeldern gebaut werden“, sagt Stimpel.

Um den Dschungel im Berliner E-Scooter-Dschungel zu lichten, setzt Experte Ronneburg auf einen alten Plan der Linkspartei. „Berlin sollte wie in Wien Konzessionen verteilen“, sagt er. Ein exklusives Recht für eine begrenzte Anzahl von Anbietern und E-Scootern für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren. So habe man einen genauen Überblick über die Roller, wisse, in welchen Stadtteilen der Bedarf da ist und wo nicht, könnte gezielt Haltepunkte für diese Fahrzeuge einrichten.
Auch darüber wolle man in der Debatte zu den E-Scootern am Mittwoch im Abgeordnetenhaus sprechen. Im Saal sollen auch Vertreter der Roller-Anbieter sollen sein. Sicher ist: Ein Verbot werden sie nicht zu hören bekommen. ■