Angriff aufs Portemonnaie

Sparen, bis es quietscht! Die große Streichliste des Berliner Senats

Berlin muss bis zu vier Milliarden Euro einsparen. Wo, das zeigt diese Liste. Der Verkehr ist von der möglichen Streichliste am meisten betroffen.

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Der nächste Berliner Haushalt soll vier Milliarden Euro einsparen
Der nächste Berliner Haushalt soll vier Milliarden Euro einsparenChristian Ohde/imago

Sparen, sparen, sparen! Die Berliner Politik steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Im kommenden Jahr müssen bis zu 4 Milliarden Euro im Haushalt eingespart werden. Die Köpfe der Finanzexperten der CDU/SPD-Koalition rauchen bereits – während sie sich durch eine lange Liste an möglichen Sparmaßnahmen arbeiten. Berlins Finanzsenator Stefan Evers hat sie auf dem Tisch liegen. Und die B.Z. hat exklusiven Einblick in diese Liste erhalten. Zurzeit wird intensiv geprüft, welche Einschnitte wirklich durchgesetzt werden können.

Nach den Herbstferien soll Klarheit herrschen. Eins ist schon jetzt klar, beim Verkehr soll offenbar am meisten gespart werden. Unter den Vorschlägen finden sich diese brisanten Punkte:

Verkehr

29-Euro-Ticket: Ein Verkaufsstopp für das Berlin-Abo zum 1. November oder 1. Dezember steht im Raum. Sogar ein Ausstieg aus dem 49-Euro-Deutschland-Ticket wird in Erwägung gezogen.

Schülerticket: Das kostenlose Fahren für Schüler könnte auf der Kippe stehen. Bis 2019 zahlten 90.000 Kinder 21,80 Euro monatlich für das Ticket, seitdem übernimmt das Land Berlin die Kosten. Jetzt wird überlegt, diese Regelung zurückzunehmen.

Tram-Neubau: Neue Strecken könnten vorerst auf Eis gelegt werden, darunter auch die Verlängerung der Linie M10, die ursprünglich ab Herbst 2026 von Moabit nach Jungfernheide führen sollte und ebenfalls die umstrittene Tram 21 zum Ostkreuz.

E-Busse: Die Anschaffung neuer E-Busse könnte pausieren, bis diese nicht mehr teurer sind als Dieselbusse – mit Ausnahme von 50 Bussen, die 2025 noch geliefert werden sollen.

Fahrrad-Mobilität: Planungsstopps für Radschnellwege und Fahrradparkhäuser werden intensiv geprüft.

Anwohner-Parken: Die Gebühr von derzeit 10,20 Euro pro Jahr könnte verdoppelt oder sogar auf bis zu 300 Euro angehoben werden.

Parkzonen: Eine Ausweitung der Parkzonen sowohl geografisch als auch preislich wird in Erwägung gezogen, basierend auf Vergleichen mit Hamburg und München.

Kultur

Komische Oper: Die geplante 478-Millionen-Euro-Sanierung Unter den Linden könnte gestrichen werden, indem die Oper dauerhaft im Schillertheater verbleibt.

Kulturcent: Ein Aufschlag von 50 Cent auf Tickets für Theater, Museen und Konzerte könnte eingeführt werden.

Wohnen

Zweitwohnungssteuer: Eine Erhöhung um 2 bis 5 Prozent der Nettokaltmiete steht zur Debatte, was zusätzliche Einnahmen generieren könnte. Bisher, so die B.Z., bringen 20.529 Betroffene 15,5 Mio. Euro im Jahr.

Grunderwerbsteuer: Immobilienkäufer könnten bald 6,5 Prozent auf den Kaufpreis zahlen müssen, wie es bereits in Brandenburg der Fall ist. Das wären 0,5 Prozent mehr.

Wohnsitz-Abmeldung: Eine Prämie von 100 Euro für die Abmeldung des Wohnsitzes könnte das Melde-Register bereinigen.

Spielbank-Abgabe: Eine Erhöhung um 5 Prozent könnte zusätzliche Einnahmen bringen.

Auch in Schulen soll gespart werden, vor allem an der Raumgröße.
Auch in Schulen soll gespart werden, vor allem an der Raumgröße.Serienlicht/imago

Schulen, Kitas, Bildung

Schulraum: Die Berliner Schüler könnten künftig in kleineren Räumen untergebracht werden, denn die Frage, ob Berliner Schulen im Vergleich zu groß gebaut werden, steht im Raum.

Schulessen: Eine soziale Staffelung bei der Finanzierung des Schulessens könnte dazu führen, dass nicht mehr jedes Kind kostenlos versorgt wird.

Gratis-Kita: Auch die beitragsfreie Kita könnte auf den Prüfstand kommen. Eine Rückkehr zu einem gestaffelten Beitragssystem, wie es bis 2007 existierte, ist möglich.

Tegel-Uni: Der geplante Umbau des ehemaligen TXL-Terminals für die Hochschule für Technik könnte auf den Prüfstand kommen.

Sicherheit

Polizeifahrzeuge: Eine Umstellung auf Leasing könnte bei Polizei und Feuerwehr Kosten senken.

Objektschutz: Der Schutz von Gebäuden, die nicht dem Land Berlin gehören, könnte aus Kostengründen eingestellt werden.

Freizeit und Vergnügen

Vergnügungssteuer: Auch hier wird eine Erhöhung um 5 Prozent in Betracht gezogen, was z.B. die Kosten für einen Spielautomaten auf 306 Euro pro Monat ansteigen lassen könnte.

City-Tax: Eine Erhöhung der Bettensteuer um zwei Prozent für alle Reisenden könnte zusätzliche Einnahmen bringen.

Konsum

Verpackungssteuer: Eine Abgabe wie in Tübingen (1,50 Euro) wird geprüft, allerdings steht noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus.

All diese Maßnahmen werden derzeit sorgfältig abgewogen, um zu entscheiden, welche Opfer Berlin bringen muss, um die Finanzen zu stabilisieren. Die geplanten Einsparungen im Haushalt bezeichnete Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zuletzt als notwendig. „Die Vorgängersenate haben viel zu viel Geld ausgegeben“, begründete er das und verwies darauf, dass das jährliche Haushaltsvolumen von 2016 bis 2024 von 25 auf rund 40 Milliarden Euro angewachsen sei. Zwar seien bestimmte zusätzliche Ausgaben in der Corona-Pandemie richtig gewesen, aber: „Das Ziel muss jetzt sein, auf Vorkrisenniveau zu kommen“. ■