
Berlin hat einen neuen Star. Nach der angeblichen Löwin von Kleinmachnow treibt diesmal ein Känguru die Hauptstadt in den Wahnsinn. Oder besser gesagt: ein Wallaby, das Jakob Augstein gehört haben soll. Seit Tagen rennt der kleine Hüpfer durch die Wälder am Stadtrand – und halb Berlin rennt hinterher. Am Mittwochmorgen sind auch wir in Kladow. Rucksack auf, Karotten dabei. Frisch gekauft im Supermarkt, noch nass vom Sprühnebel. Der Plan: das Tier mit Gemüse ködern. Klingt lächerlich, ist aber ernst gemeint.
Känguru in Kladow gesichtet: Berlin hat ein neues Sommermärchen
Auf der Sakrower Landstraße kreuzen wir die heutige „Jagdgesellschaft“. Keine Förster, keine Polizisten, sondern Kamerateams, Fotografen, Liveticker-Reporter. Jeder Busch wird gefilmt, jeder Schatten diskutiert. Die B.Z. titelt „Beuteltier entlaufen“, der RBB sendet Sonderschichten. Und das Netz? Dreht durch. Memes, Witze, Bilder. Berlin hat sein neues Sommermärchen.

Doch warum wird das Wallaby nicht gefunden? Vielleicht, weil alle wie verrückt durch den Wald hetzen. Wir versuchen es anders: Wir legen Karotten in Reih und Glied vor den Supermarkt, lehnen uns zurück und warten. Stundenlang. Ergebnis: Eine Amsel pickt, das Känguru nicht. Also wieder in den Wald. Jeder Abdruck im Boden wird beäugt, jedes Knacken im Dickicht verfolgt. Dann ein Fund: ein Haufen Kot. Klein, dunkel, rund. Wir beugen uns darüber wie Ermittler in einem Krimi. Ist er frisch? Noch warm? Hoffnung keimt. Doch die Enttäuschung folgt sofort: zu groß, zu kalt, eindeutig vom Reh.

Die Suche kippt ins Groteske. Wir robben durchs Unterholz, liegen bäuchlings auf dem Waldboden, starren ins Gestrüpp wie Rambos auf Safari. Jeder Ast knackt, jede Mücke sticht. Die Realität: Wir machen uns längst selbst zum Teil der Show. Als die Sonne untergeht, packen die Kamerateams ein. Übrig bleibt die Erkenntnis: Das Känguru ist klüger als alle seine Jäger. Es taucht einfach nicht auf. Vielleicht sitzt es längst irgendwo und schaut amüsiert zu, wie die Hauptstadt in Aufregung verfällt.