Mietwucher in der Hauptstadt: Bis zu 68 Prozent ihres Einkommens geben die Berliner jeden Monat für die Wohnkosten aus. Ein Grund ist die schamlose Gier so mancher Vermieter. Obwohl hohe Strafen drohen, werden Mieten in Berlin verlangt, die offenbar im Schnitt fast 75 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das ergab eine aktuelle Umfrage. Sie zeigt auch, in welchen Berliner Bezirken es die meisten Mietwucher-Verdachtsfälle gibt.
In der Tat, es ist Wahlkampf. Und auch die Mieten- und Wohnpolitik gehört zu den Themen, mit denen die Parteien um die Gunst der Wähler buhlen. So auch die Linkspartei. Sie haben sich den Mietwucher in Berlin auf die Fahnen geschrieben.
Dass die Hauptstadt ein Problem mit rechtswidrig überhöhte Mieten hat, wurde bereits Ende des vergangenen Jahres festgestellt. Auf Anfrage der Linkspartei erklärte der Senat Mitte Dezember, dass 2024 den Bezirksämtern insgesamt etwa 280 Mietwucher-Verdachtsfälle seitens betroffener Mieter gemeldet wurden.
Von rechtswidrigen Mieten spricht man laut Wirtschaftsstrafgesetz, wenn die Forderung des Vermieters mindestens zwanzig Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Es drohen bis zu 50.000 Euro Strafe. Mietwucher liegt vor, wenn die Forderungen über 50 Prozent liegen. Dies ist sogar eine Straftat vor. Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren drohen.

Fast 280 offiziell gemeldete Verdachtsfälle auf Mietwucher in Berlin: Doch in den vergangenen Wochen wurden bei den Bezirksämtern erheblich mehr Fälle gemeldet als 2024. Grund ist eine sogenannte Mietwucher-App, die die Bundestagsfraktion Linkspartei seit November 2024 geschaltet hat. Sie bietet seit dem Menschen die Möglichkeit, die Mieten, die sie zahlen müssen, mit dem Mietspiegel abzugleichen und können überhöhte Mieten zu melden.
Bis Stand Ende der letzten Januarwoche haben insgesamt 33.768 Berliner dieses Angebot genutzt, erklärt Linke-Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Dabei seien 1.268 Meldungen überhöhter Mieten an die Bezirksämter gegangen, davon 776 Fälle auf Wuchermieten-Verdacht.
„Die gemeldeten Mietpreise lagen im Schnitt 73,96 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete“, sagt Lay dem KURIER. Also Wuchermieten, wie die Politikerin erklärt.
Wuchermieten in Berlin: DIESE Bezirke liegen vorn
Laut den Meldungen in der App sind die meisten Verdachtsfälle zu überhöhten Mieten in Berlin-Mitte an die zuständigen Ämter gegangen. Von den insgesamt 255 Fällen gehörten 171 in die Kategorie Wuchermieten-Verdacht. Im Schnitt wurden in Mitte 75 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt und gezahlt.
Auf Rang zwei liegt Friedrichshain-Kreuzberg mit 187 gemeldeten Fällen, davon 131 Mal Verdacht auf Wuchermieten (87 Prozent über Ortsmiete). Danach kommen die Bezirke Neukölln mit 173 Fällen (davon 109 Mal Wuchermiete, 74 Prozent Überschreitung), Pankow mit 149 Fällen (87 Mal Wuchermiete, 64 Prozent Überschreitung) und Lichtenberg mit 112 Fällen (63 Mal Wuchermieten, 64 Prozent Überschreitung).
In Marzahn-Hellersdorf sind die Mieten der 37 gemeldeten Fälle im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie erlaubt. In Charlottenburg-Wilmersdorf lag die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Schnitt bei 75 Prozent%, in Steglitz-Zehlendorf bei 76 Prozent, in Tempelhof-Schöneberg, bei 72 Prozent.

Laut der Zwischenauswertung der Mietwucher-App haben Berliner in folgenden Stadtteilen: Reinickendorf mit 68 Prozent, Spandau mit 60 Prozent und Treptow-Köpenick knapp 50 Prozent gehören zu den Bezirken mit den „geringeren“ Mietüberschreitungen im Vergleich zur Ortsmiete.
Zusätzlich zur App mache die Linkspartei „in den Bezirken Druck, dass die Ämter auf die Mieter zugehen und engagiert gegen überhöhte Mieten vorgehen“, sagt Lay. „Bei erfolgreichen Verfahren können Überzahlungen zurückgefordert werden.“
Doch allein das Melden der Fälle reicht nicht. Sie müssen auch verfolgt werden. Der wohnungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Niklas Schenker, forderte den Senat auf, schleunigst ein einheitliches Verfahren zur Verfolgung von Mietwucher zu entwickeln und den Bezirken das benötigte Personal zur Verfügung zu stellen.








