Ein Kran ragt hoch in den wolkenverhangenen Himmel über der Märkischen Allee 59 in Marzahn. Drumherum liegen Erdhaufen, Metallstangen und abgesägte Äste, und niemand scheint so recht zu wissen, was hier eigentlich passiert. Doch es gibt Pläne: Auf diesem Grundstück soll ein neuer Aldi gebaut werden – und das, obwohl es ursprünglich für eine wichtige S-Bahn-Verbindung vorgesehen war! Eine wahre Baustellen-Posse, die Anwohner und Politiker gleichermaßen aufhorchen lässt. Wie konnte es zu diesem skurrilen Vorhaben kommen?
Eigentlich sollte hier an der Märkischen Allee eine wichtige S-Bahn-Strecke verlaufen. Genauer gesagt die Nahverkehrstangente Ost (NVT), die von Pankow über Marzahn-Hellersdorf bis nach Treptow-Köpenick führen sollte. Die Pläne für die NVT gibt es bereits seit den 1990er Jahren. Doch so richtig realisiert wurde der Ausbau nie.
Aldi statt S-Bahn in Marzahn: Wie geht das?
Stattdessen wurde das Grundstück an einen privaten Eigentümer verkauft, der nun mit Unterstützung des Bezirks Marzahn-Hellersdorf einen Aldi darauf bauen darf. Der Flächennutzungsplan, der die Nutzung von Grundstücken regelt, sieht hier zwar eine Bahnfläche vor, doch als der Bauvorbescheid 2020 erteilt wurde, gab es „keine rechtliche Grundlage zur Versagung des Vorhabens“, wie der Bezirk auf Anfrage des Linken-Politikers Kristian Ronneburg erklärte.
Fakt bleibt trotzdem: Der Berliner Senat hätte eigentlich über das Bauvorhaben informiert werden müssen – doch das scheint der Bezirk Marzahn-Hellersdorf versäumt zu haben. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde im Abstimmungsprozess gar nicht eingebunden, obwohl sie in solchen Fällen informiert werden muss.

Linken-Politiker Kristian Ronneburg spricht von einem „peinlichen“ Versagen der Berliner Verwaltung. Die Baugenehmigung, die der Bezirk erteilt hat, stehe im Widerspruch zu den landesweiten Zielen. Die S-Bahn, so Ronneburg, sei doch eigentlich die wichtigere Infrastrukturmaßnahme, und es sei unverständlich, warum der Flächennutzungsplan scheinbar ignoriert wird.
S-Bahn-Anbindung wäre in Marzahn wichtiger
Nun kommt also ein Aldi. In der Umgebung gibt es bereits zahlreiche Supermärkte. Aldi ist also nur eine weitere, vielleicht zum Teil günstigere Option. Doch tatsächlich wartet man in Marzahn-Hellersdorf schon lange auf den Ausbau der S-Bahn. Für Pendler, die zwischen den östlichen Bezirken Berlins unterwegs sind, ist die bestehende Verbindung ein echtes Ärgernis.
Wer beispielsweise vom Springpfuhl nach Biesdorf möchte, muss mit der S-Bahn stadteinwärts fahren, um in Friedrichsfelde-Ost umzusteigen. Kompliziert. Nervenaufreibend. Zeitfressend. Doch wann die S-Bahn-Tangente Ost endlich Realität wird, bleibt unklar. Laut der Senatsverwaltung für Verkehr wird eine Umsetzung innerhalb der nächsten zehn Jahre als „nicht realistisch“ eingeschätzt. Man muss sich trösten mit der Tatsache, dass die Idee ist nicht vom Tisch sei. Bis dahin wird das Grundstück an der Märkischen Allee wohl weiterhin als „Zwischennutzung“ dienen.