Die Stimmung ist angespannt, die Fronten verhärtet: Nur vier Wochen vor Beginn der Tarifverhandlungen für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wachsen die Sorgen vor massiven Streiks. Hinter den Kulissen brodelt es. Forderungen nach Lohnerhöhungen und besseren Arbeitsbedingungen erreichen schwindelerregende Höhen – und die Fahrgäste müssen sich offenbar auf ein Szenario wie 2008 einstellen. Da wurde sechs Wochen lang gestreikt.
Die Gewerkschaft Verdi hat bereits den Entgelttarifvertrag für die mehr als 16.000 BVG-Beschäftigten gekündigt und fordert 750 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten sowie deutliche Zulagenerhöhungen, schreibt die „Berliner Zeitung“. Damit könnten die Löhne einiger Mitarbeiter um mehr als ein Drittel steigen.
Eine enorme Belastung für das Landesunternehmen, das ohnehin tief in den roten Zahlen steckt. Bereits jetzt belaufen sich die Personalaufwendungen auf knapp eine Milliarde Euro, ein weiteres Defizit für 2025 ist vorprogrammiert.
Die Liste der Forderungen liest sich darum auch wie eine Kampfansage: Neben den massiven Gehaltserhöhungen soll die Fahrdienstzulage von 100 auf 300 Euro steigen, die Schichtzulage soll ebenfalls verdreifacht werden. Dazu fordert Verdi ein Weihnachtsgeld in Höhe eines 13. Monatsgehalts.
Beobachter sprechen von einem möglichen Kostenanstieg von fast einer halben Milliarde Euro in zwei Jahren – ein historischer Rekord, der selbst in der traditionsreichen Tarifgeschichte Deutschlands seinesgleichen sucht.

Auch das Konkurrenzlager gibt sich kämpferisch. Alternative Gewerkschaften wie die NahVG oder der dbb Beamtenbund drängen mit ähnlich hohen Forderungen an die Öffentlichkeit. Ihre Mitglieder argumentieren, dass die Berliner Löhne im bundesweiten Vergleich weit abgeschlagen seien und dringend angepasst werden müssten.
Schon im Januar Streiks bei der BVG
Was solche Lohnexplosionen mit den Preisen macht – Stichwort Inflation – darüber schweigen sich die Gewerkschaften lieber aus. Je mehr Geld die Leute in die Taschen bekommen, um gestiegene Preise ausgleichen, desto schneller steigen die Preise weiter. Eine Brutal-Spirale, die vor allem die kleinen Sparer um ihr schwer erarbeitetes Geld bringt.
Wie auch immer: BVG-Fahrgäste könnten erste Auswirkungen schon Ende Januar 2025 spüren. Insider halten Warnstreiks für sehr wahrscheinlich, wenn sich die Verhandlungen am 15. Januar als fruchtlos erweisen.
Die Parallelen zu 2008 sind unübersehbar, und Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt lässt keinen Zweifel daran, dass man bereit ist, alle Register zu ziehen. Das Ziel, so die „Berliner Zeitung“: den Druck auf die Arbeitgeberseite und den Berliner Senat massiv zu erhöhen.
Dabei fällt eins auf: Die BVG selbst gibt sich auffallend bedeckt, während Verdi offen die Muskeln spielen lässt. Doch hinter den Kulissen formiert sich Widerstand. Die jüngsten Personalratswahlen zeigen, dass Verdi intern unter Druck steht. Im Bereich des Fahrpersonals konnte die Gewerkschaft deutliche Verluste hinnehmen, alternative Listen wie „Kraft durch Basis“ oder „Gkl Berlin“ gewinnen an Einfluss.
BVG gibt sich auffallend bedeckt
Und die drohenden Streiks könnten auch für den Berliner Senat zum Problem werden. Bereits jetzt plant die Gewerkschaft, den CDU/SPD-Senat stärker in die Pflicht zu nehmen, um zusätzliche Mittel bereitzustellen.
Aber eine Lösung scheint in weiter Ferne: Der Verkehrsvertrag mit dem Land lässt Angebotskürzungen nicht zu, und der Spielraum für weitere Zuschüsse ist begrenzt. Für die BVG steht viel auf dem Spiel – und für die Berliner noch mehr.