Die Berliner Weihnachtsferien enden am 1. Januar, und zack, Teile der Elternschaft flippen aus. Es werden (mäßig erfolgreiche) Petitionen gestartet, und es wird in den sozialen Medien gemosert, weil die werte Kindschaft schon am Donnerstag (!) nach Silvester wieder in die Schule muss. Wenn wir sonst keine Probleme mit dem Bildungssystem haben, bin ich ja beruhigt.
Aber schauen wir uns die Argumente der Verfechter längerer Weihnachtsferien in Berlin an:
Nicht ausgeschlafen seien die Kinder, der Biorhythmus in der kurzen Zeit nach dem Jahreswechsel nicht regulierbar. Wer am 31.12. bis zum Morgengrauen feiere, könne unmöglich am 2. Januar schon wieder fit in der ersten Stunde sitzen. Die Alternative wäre, bis zum 2. Januar den Feiertakt beizubehalten. Oberstufenschüler kommen vom Berghain gleich zu Bio? Kann spannend werden.
Grundschüler haben die Kleinkindzeit noch nicht so weit hinter sich gelassen und wissen, wie es ist, mehrmals in der Nacht „Mama“ zu brüllen. Den folgenden Tag kriegt man erfahrungsgemäß mit einem Powernap mittags gut hin.
Silvester in Dubai? Weihnachtsurlaub leistet sich nicht jeder
Zweites Argument: Die Familien seien doch im Urlaub und könnten nicht rechtzeitig zurück sein. Können oder wollen nicht, muss man hier nachhaken. Es ist seit langem bekannt, wie die Weihnachtsferien in diesem Jahr getaktet werden. Man hätte sich einstellen können. Wer nun schon im Vorfeld unkt, da werde es sicher viele Krankschreibungen geben, hat einfach mies geplant oder sollte sich ganz hinten anstellen, wenn mal wieder über zu viel Unterrichtsausfall gestöhnt wird.
Diejenigen, die sich einen Urlaub übrigens nicht leisten können, sind an dieser Stelle ganz still. Ebenso diejenigen Eltern, die selbst schon am 2. Januar wieder auf die Arbeit müssen und froh sind, sich mal nicht um die Betreuung der Kinder kümmern zu müssen.
Dritter Punkt: Die Kinder bräuchten Erholung nach der stressigen Adventszeit, der elendigen Halbjahresendrallye mit Klausuren und Tests. Dass nun zwei Tage vor dem Wochenende, an dem die Kinder ja gern wieder zusammenklappen können, kurzzeitig die Schule aufgesucht werden muss, ist für einige Eltern nur schwer zu ertragen. Dabei liegt es doch an ihnen, die Weihnachtstage entspannt zu begehen. Muss man wirklich zu jeder Tante dackeln, jedes Event mitnehmen? Fear of Missing out, FOMO, kann man sich abtrainieren. Eltern sollten da Vorbild sein.
In der Schule gucken wir nur Video
Vierter und letzter Punkt: An den beiden Schultagen passiert doch eh nichts in der Schule. Maybe. Einige haben sich Putztage vorgenommen, bei anderen wird sicher auch ein Video laufen. Aber mal ehrlich, wie schön sind Schultage ohne Druck? Vielleicht ist sogar ein Ausflug drin oder zwei Stunden Übungen im sozialen Lernen, Beziehungsarbeit mit dem Lehrkörper, vulgo Quatschen? Wenn dann noch die übrig gebliebenen Plätzchen mitgebracht werden, wird’s richtig gemütlich und wir wollen nie wieder anders nach den Ferien in die Schulzeit starten – soft nämlich.
Die Alternative zu den kürzeren Weihnachtsferien wären übrigens kürzere Sommerferien oder Winterferien gewesen. Gerade um letztere gab es immer wieder Diskussionen. Die Winterferien sind nämlich eine speziell ostdeutsche Erfindung. In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern dauern sie zwei Wochen, in anderen Ländern eine Woche, wie in Berlin, viele westliche Bundesländer kennen sie hingegen gar nicht.