Rennen, schreien, toben

Genervte Nachbarn: Wie laut dürfen Kinder in der Wohnung sein?

Kinder sollen sich austoben dürfen, auch in der Mietwohnung. Doch wie viel Lärm der Kleinen müssen Nachbarn tatsächlich ertragen?

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Schön, wenn Kinder fröhlich spielen und durch die Wohnung toben. Für Nachbarn kann das aber nervig sein. Man muss nicht jede Lärmbelästigung durch die Kleinen tolerieren.
Schön, wenn Kinder fröhlich spielen und durch die Wohnung toben. Für Nachbarn kann das aber nervig sein. Man muss nicht jede Lärmbelästigung durch die Kleinen tolerieren.Frank Sorge / Imago

Jetzt im Winter toben die Kinder weit häufiger in der Wohnung als draußen auf dem Spielplatz. Für die Nachbarn drunter und drüber im Mietshaus kann das zur echten Nervenprobe werden. Doch wie laut und polternd dürfen die Kleinen sein?

„Geräusche, die von Kindern verursacht werden, sind grundsätzlich zu tolerieren“, sagt Anja Franz vom Mieterverein München der dpa. Als Nachbar muss man es hinnehmen, wenn Kinder in der Wohnung spielen, durch die Zimmer rennen oder springen. Das gehört zum normalen Leben und auch zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung. Auch das laut heulende Kleinkind oder das weinende Baby in der Nacht muss man als Nachbar ertragen.

Vieles muss man tolerieren, aber nicht alles

Doch auch wenn die deutsche Rechtssprechung als familienfreundlich gilt, muss man nicht jeglichen Kinderlärm tolerieren. So urteilte der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 226/16) dass zwar üblicher Kinderlärm grundsätzlich zumutbar sei und in einem Mehrfamilienhaus gelegentlich auftretende Lärmbeeinträchtigungen prinzipiell als sozialadäquat hingenommen werden müssen. Aber die erhöhte Toleranz habe Grenzen. Das gelte insbesondere dann, wenn die Mitmieter detailliert darlegen, dass von den Kindern und den Mietern selbst „Geräuschemissionen“ ausgehen, die jedes noch hinzunehmende Maß überschreiten.

Im Einzelfall komme es auf die Art, Qualität, Dauer und Zeit der Geräusche sowie das Alter und den Gesundheitszustand des Kindes an. Also: Die üblichen Ruhe­zeiten zwischen 22 und 6 Uhr spielen ein Rolle. Und: Je älter und damit verständiger ein Kind wird, umso mehr müssen die Eltern dafür sorgen, dass sich der Lärmpegel in Grenzen hält. Ferner ist zu berücksichtigen, inwieweit sich die Geräuschemissionen vermeiden lassen, etwa durch erzieherische Einwirkung auf das Kind oder durch bauliche Maßnahmen.

So ließ das Land­gericht Berlin eine frist­lose Kündigung zu, weil es über Monate hinweg auch nach 22 Uhr laute Streitereien, Geschrei, Gebrüll und Türen­knallen gab. Die Eltern hätten so auf ihre Kinder einwirken müssen, dass unerträglicher Lärm unterbleibt, so das Gericht (Az. 65 S 104/21).

Völlig machtlos sind Nachbarn also bei Kinderlärm nicht, auch wenn es schwer ist, dagegen vorzugehen. In Mietwohnungen ist dafür der Vermieter der richtige Ansprechpartner, sofern das direkte Gespräch mit den Nachbarn nicht zum Ziel führt.

Was ist mit Kinderlärm in der Umgebung?

Von Sport- oder Bolzplätzen in Wohnnähe ist Lärm oft weithin zu hören. Aber hier gibt es kaum Möglichkeiten, ihn zu unterbinden, denn er gilt als sozialadäquat. Damit stellt er keinen Mangel an der Wohnsache dar. „Das heißt, der Vermieter hat keine Möglichkeit, einzugreifen. Er kann den Lärm nicht verhindern und infolgedessen darf der Mieter auch seine Miete nicht mindern“, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland der dpa. ■