Jetzt im Winter toben die Kinder weit häufiger in der Wohnung als draußen auf dem Spielplatz. Für die Nachbarn drunter und drüber im Mietshaus kann das zur echten Nervenprobe werden. Doch wie laut und polternd dürfen die Kleinen sein?
„Geräusche, die von Kindern verursacht werden, sind grundsätzlich zu tolerieren“, sagt Anja Franz vom Mieterverein München der dpa. Als Nachbar muss man es hinnehmen, wenn Kinder in der Wohnung spielen, durch die Zimmer rennen oder springen. Das gehört zum normalen Leben und auch zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung. Auch das laut heulende Kleinkind oder das weinende Baby in der Nacht muss man als Nachbar ertragen.
Vieles muss man tolerieren, aber nicht alles
Doch auch wenn die deutsche Rechtssprechung als familienfreundlich gilt, muss man nicht jeglichen Kinderlärm tolerieren. So urteilte der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 226/16) dass zwar üblicher Kinderlärm grundsätzlich zumutbar sei und in einem Mehrfamilienhaus gelegentlich auftretende Lärmbeeinträchtigungen prinzipiell als sozialadäquat hingenommen werden müssen. Aber die erhöhte Toleranz habe Grenzen. Das gelte insbesondere dann, wenn die Mitmieter detailliert darlegen, dass von den Kindern und den Mietern selbst „Geräuschemissionen“ ausgehen, die jedes noch hinzunehmende Maß überschreiten.
Im Einzelfall komme es auf die Art, Qualität, Dauer und Zeit der Geräusche sowie das Alter und den Gesundheitszustand des Kindes an. Also: Die üblichen Ruhezeiten zwischen 22 und 6 Uhr spielen ein Rolle. Und: Je älter und damit verständiger ein Kind wird, umso mehr müssen die Eltern dafür sorgen, dass sich der Lärmpegel in Grenzen hält. Ferner ist zu berücksichtigen, inwieweit sich die Geräuschemissionen vermeiden lassen, etwa durch erzieherische Einwirkung auf das Kind oder durch bauliche Maßnahmen.
So ließ das Landgericht Berlin eine fristlose Kündigung zu, weil es über Monate hinweg auch nach 22 Uhr laute Streitereien, Geschrei, Gebrüll und Türenknallen gab. Die Eltern hätten so auf ihre Kinder einwirken müssen, dass unerträglicher Lärm unterbleibt, so das Gericht (Az. 65 S 104/21).
Völlig machtlos sind Nachbarn also bei Kinderlärm nicht, auch wenn es schwer ist, dagegen vorzugehen. In Mietwohnungen ist dafür der Vermieter der richtige Ansprechpartner, sofern das direkte Gespräch mit den Nachbarn nicht zum Ziel führt.