Entscheidung vor Ostern

Kein Geld da! Macht Berlin schlapp beim 29-Euro-Ticket?

Es ist die alte Leier: Die Hauptstadt-Politik macht tolle Versprechungen, die am Ende wieder keiner bezahlen kann.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Das 29-Euro-Ticket für alle war ein Wahlversprechen der SPD. Doch nun macht as Projekt kurz vor dem Neustart schlapp.
Das 29-Euro-Ticket für alle war ein Wahlversprechen der SPD. Doch nun macht as Projekt kurz vor dem Neustart schlapp.Political-Moments/imago

Für Juli war es angekündigt: Dann sollte es in Berlin wieder das 29-Euro-Ticket geben. Ein günstiger Fahrschein, dessen Wiedereinführung vor allem dazu dienen sollte, die Mobilitätswende in der Stadt zu beschleunigen und noch mehr Menschen zum Umsteigen vom Auto auf die Öffis zu bewegen. Nun steht das Projekt auf der Kippe. Die Entscheidung, ob der Fahrschein kommt, könnte bereits vor Ostern fallen.

So wie es aussieht, macht das ehrgeizige Ticket-Projekt schon vor dem Neustart schlapp. Der angekündigte Vorverkauf wird am 8. April erst einmal nicht beginnen, teilte jetzt die Senatsverkehrsverwaltung mit.

29-Euro-Ticket: Vorverkauf startet nicht am 8. April

Der Fahrschein war 2022 der Renner, als in Berlin kurzzeitig das 29-Euro-Ticket für alle Busse und Bahnen galt. Nun wollte der schwarz-rote Senat es wieder einführen. So hatte es vor allem die SPD im Wahlkampf versprochen. Für das günstige Monatsticket müsste das Land Berlin bis zu 470 Millionen Euro zuschießen.

Angesichts der großen Finanzlücke im Doppelhaushalt 2024/25 kann sich der Senat das Ticket nicht wirklich leisten. Allein für dieses Jahr müssen im Etat 1,75 Milliarden Euro eingespart werden. Daher will der Senat am Dienstag voraussichtlich über die aktuelle Finanzlage und über die Zukunft des Öffi-Tickets beraten.

Genau da grätschen nun die Grünen hinein. Ausgerechnet die Partei, die immer für die Mobilitätswende massiv wirbt, fordert jetzt den Senat auf, dass er aufgrund der Sparzwänge auf sein Ticket-Vorhaben verzichtet. „Ein erster Schritt wäre es, in diesem Zug das 29-Euro-Ticket zu stoppen“, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf.

Die Grünen-Fraktionschefs Werner Graf (M.) und Bettina Jarasch (r.) wollen, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU, l.) auf die Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets verzichtet. 
Die Grünen-Fraktionschefs Werner Graf (M.) und Bettina Jarasch (r.) wollen, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU, l.) auf die Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets verzichtet. Jörg Carstensen/dpa

29-Euro-Ticket: Ausgerechnet die Grünen fordern, das Projekt zu stoppen

Misstöne kommen auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Angesichts der derzeitigen Haushaltslage müssen sich CDU und SPD die Frage stellen, welche Extras sich das Land Berlin erlauben kann und was dafür auf der Strecke bleibt“, sagt der Berliner GdP-Landeschef Stephan Weh. Er warnte davor, bei der Polizei Einsparungen vorzunehmen.

Tatsache ist: Es ist unklar, wie das 29-Euro-Ticket bezahlt werden soll. Das von Schwarz-Rot angekündigte Sondervermögen Klimaschutz fällt als Finanzierungsquelle aus. Und bei zusätzlichen Schulden, die nicht im Haushalt eingeplant sind, da gibt es inzwischen erhebliche rechtliche Bedenken.

SPD-Landesgeschäftsführer Sven Heinemann kämpft für das 29-Euro-Ticket.
SPD-Landesgeschäftsführer Sven Heinemann kämpft für das 29-Euro-Ticket.Stefanie Loos

Doch die SPD will an ihrem Wahlversprechen festhalten. „Es gibt eine breite Mittelschicht, die will auch entlastet werden“, sagte SPD-Landesgeschäftsführer Sven Heinemann dem RBB. „Wir haben gesagt: Wir wollen Mobilität für einen Euro am Tag. Das würde dieses Ticket erfüllen.“

Heinemann sieht auch Auswirkungen für den Klimaschutz, weil mehr Menschen vom Auto auf Bus oder Bahn umsteigen würden – und sagt das vor allem in Richtung der Grünen.

Doch die Umweltpartei versucht das 29-Euro-Ticket weiter zu torpedieren. Die Grünen-Co-Fraktionschefin Bettina Jarasch drängt auf klare Ansagen vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU): „Es ist Zeit für Entscheidungen, Klartext und Führung, Herr Wegner. Wir erwarten vom Senat, dass er am Dienstag das Haushalts-Chaos beendet.“ Das Parlament und die Öffentlichkeit hätten ein Recht darauf zu erfahren, wo es zu Einsparungen wegen der pauschalen Minderausgaben komme.

„Wer sich nicht traut, Entscheidungen zu treffen, kann Berlin nicht durch diese schweren Zeiten führen“, kritisierte Jarasch den Senat. „Die schwarz-roten Koalitionäre werfen sich die Verantwortung für das selbst gemachte Haushalts-Chaos wie eine heiße Kartoffel gegenseitig zu. Das geht zulasten der sozialen Träger und damit zulasten der Schwächsten in dieser Stadt. Damit muss endlich Schluss sein.“ ■