Nur Platz 373 von 401

Kaufkraft-Vergleich: Teuer-Mieten machen Berliner immer ärmer

Im bundesweiten Ranking rutscht die Hauptstadt immer weiter ab. Auch den Brandenburgern geht es nicht besser. Ganz vorne: reiche Landkreise aus den alten Bundesländern.

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Ein Fünftel der Berliner Haushalte muss mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Miete ausgeben.
Ein Fünftel der Berliner Haushalte muss mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Miete ausgeben.Gambarini/imago

Früher sagte man leichthin: Kein Problem, dass ich in Berlin weniger als anderswo verdiene, dafür sind hier die Mieten und Preise niedriger. Das galt vielleicht noch in den Nullerjahren. Inzwischen aber geht die Schere zwischen Preis- und Gehaltsentwicklung weit auseinander. Berlin entwickelt sich wieder zum Armenhaus der Bundesrepublik. Laut Datenauswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) rangiert die Hauptstadt nur noch auf Platz 373 (von 401 Regionen) im bundesweiten Kaufkraftvergleich.

Die Angebotsmieten in Berlin haben sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt, die Verbraucherpreise sind seit 2020 um mehr als 17 Prozent gestiegen. Doch die Gehälter halten in der Hauptstadt mit der Preisentwicklung, besonders bei den Mieten, nicht Schritt. Die sind seit dem Jahr 2002 inflationsbereinigt nur um 8,1 Prozent gestiegen.

In Berlin: 180.000 Haushalte unter der Armutsschwelle

Der Ex-Regierende Klaus Wowereit (SPD) sprach einst davon, dass Berlin arm, aber sexy sei. Inzwischen liegt die Betonung wieder auf arm. Nicht nur der Senat muss den Gürtel enger schnallen und strich gerade die Budgets der einzelnen Ressorts drastisch zusammen. Auch viele Berliner kommen nur noch knapp über die Runden. Von den 1,52 Millionen Berliner Mieterhaushalten leben rund 180.000 unter der Armutsschwelle, weitere 150.000 Haushalte gelten als armutsgefährdet, berichtet der Berliner Mieterverein, der die Mikrozensus-Daten von 2022 auswertete.

Größtes Problem: die Mieten. Ein Fünftel der Haushalte muss mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Miete ausgeben, ein weiteres Fünftel zahlt zwischen 30 und 40 Prozent. Als problematisch gilt schon eine Bruttokaltmietbelastung von 30 Prozent. Rechnet man da noch die Nebenkosten mit ein, ist eine Belastung von 40 Prozent schnell erreicht.

Kein Wunder, dass Berlin im bundesweiten Kaufkraft-Ranking so schlecht abschneidet. Mit einer regionalen Kaufkraft von 22.511 Euro kommt in der IW-Auswertung nur Platz 373 heraus. In der Hauptstadt kommen ein eher geringes nominales Einkommen von 23.952 Euro mit hohen Lebenshaltungskosten zusammen. Noch schlechter schneidet übrigens Potsdam ab – mit Platz 380. Hier sind die Lebenshaltungskosten noch höher als in Berlin, die Menschen verdienen aber nur geringfügig mehr.

Fast alle brandenburgischen Landkreise rangieren in der Auswertung weit unten. Einzig der Landkreis Spree-Neiße an der Grenze zu Polen liegt mit dem bundesweiten Platz 184 (von 401) in der oberen Hälfte. Dabei lag das nominale Durchschnittseinkommen im Spree-Neiße-Landkreis 2022 mit 24.249 Euro nicht besonders hoch (Platz 271). Doch hier ist Wohnen noch preiswert(er). Die verhältnismäßig niedrigen Lebenshaltungskosten (Platz 19) führen zu einer stärkeren realen Kaufkraft von 26.502 Euro – und damit zu Platz 184. Der Bundesdurchschnitt beim realen Einkommen liegt bei 25.790 Euro.

Schlusslicht in Brandenburg ist Frankfurt (Oder) mit Platz 381. Grund dafür ist vor allem das neuntniedrigste nominale Einkommen bundesweit (20.985 Euro). Bei den Lebenshaltungskosten liegt die Stadt an der Grenze zu Polen auf Platz 78.

Ganz oben im Kaufkraft-Ranking: der Landkreis Starnberg

Potsdam-Mittelmark liegt mit einer Mischung aus einem recht hohen nominalen Einkommen (26.790 Euro) und hohen Lebenshaltungskosten auf Platz 202 der Gesamt-Auswertung. Es folgen in Brandenburg die Landkreise Prignitz und Oberspreewald-Lausitz, in denen sowohl das nominale Einkommen als auch die Lebenshaltungskosten niedrig sind.

Ganz oben und ganz unten im Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft rangieren zwei Regionen aus den alten Bundesländern. Deutlich: Ganz vorn liegt der Landkreis Starnberg mit einer regionalen Kaufkraft von 35.392 Euro pro Einwohner. Das ist fast doppelt so viel wie am anderen Ende der Skala, wo Offenbach auf 19.022 Euro kommt.

Ein Steg im Starnberger See: In der Region Starnberg wohnen die Menschen mit der höchsten Kaufkraft.
Ein Steg im Starnberger See: In der Region Starnberg wohnen die Menschen mit der höchsten Kaufkraft.Peter Kneffel/dpa

Dabei wird die Kaufkraft der Starnberger durch die Berechnungen des IW bereits deutlich nach unten korrigiert. Nominell liegt das verfügbare Einkommen dort nämlich sogar bei mehr als 40.000 Euro. Die Lebenshaltungskosten in Starnberg sind der Studie zufolge allerdings 13,6 Prozent über dem Durchschnitt und gehören damit zu den höchsten in Deutschland – nur München Stadt und Landkreis sowie Frankfurt am Main sind teurer.

Auch vorne: der Landkreis Miesbach mit dem Tegernsee, der Hochtaunuskreis sowie Nordfriesland mit Sylt. Es sei auffällig, dass das Ranking von vielen touristisch attraktiven Regionen angeführt werde, schreibt Studienautor Christoph Schröder. „Schöne Landschaften ziehen Geld an.“ Am unteren Ende des Rankings gibt es praktisch nur Städte. Nur minimal besser als Offenbach schneiden Gelsenkirchen, Duisburg, Bremerhaven oder Herne ab. ■